Blumen und Gestecke werden vermehrt von den Gräbern gestohlen Unmoralisch: Diebe in Schönebeck schrecken nicht vor der Todesruhe zurück
Unmoralisch handeln Diebe, besonders verwerflich sind jene, die auf Friedhöfen zuschlagen. In Schönebeck werden derzeit wieder vermehrt solche illegalen Handlungen verübt. Zum Eigenschutz können Polizei und Verwaltung nur wenig raten.
Schönebeck l Entrüstet meldet sich Helga Brauer am Lesertelefon der Volksstimme. Dreimal wurde sie in jüngster Vergangenheit bestohlen. Im Genauen handelt es sich um Schnitt- und Topfpflanzen, mit denen sie ein Familiengrab auf dem Ostfriedhof geschmückt hatte.
"Wie moralisch verkommen müssen die Leute denn sein, dass sie Blumen und Gestecke von Gräbern stehlen?", fragt sie sichtlich erbost. Schließlich ist das kein Einzelfall. Von anderen Gräbern, nicht nur auf dem Ostfriedhof, wird ebenso geklaut, was nicht niet- und nagelfest ist. Das sei kein Respekt vor den Toten.
Dass momentan wieder verstärkt Blumen, Gestecke und ähnliches von Friedhöfen gestohlen wird, kann die Stadtverwaltung bestätigen. "Es drängt sich momentan dieser Eindruck auf, da sich mehr Nutzungsberechtigte in der Friedhofsverwaltung melden", informiert Andrea Jacob von der Friedhofsverwaltung auf Volksstimme-Anfrage.
Diese Meldungen werden in der Stadt nicht statistisch erfasst. Jedoch vermutet Andrea Jacob hinter der Häufung der Vorfälle die Jahreszeit. "Derzeit wird wieder die Herbstbepflanzung ausgeführt und in den Zeiten, in denen verstärkt neu gepflanzt wird (wie auch Frühjahrs- und Sommerbepflanzung), werden auch immer mehr Diebstähle gemeldet", sagt die Verwaltungsmitarbeiterin. Und: "Dies wird schätzungsweise bis zum Totensonntag anhalten."
Das sieht auch die Polizei in Schönebeck so. Deshalb gibt Polizeihauptkommissar Ingo Reupsch den Hinweis: "Legen Sie möglichst erst zu den Todesfesten die Gestecke auf das Grab." Auch wenn kaum bis gar kein Betroffener im Polizeirevierkommissariat Anzeige erstattet, so weiß auch er um die Diebstähle auf diesen emotionalen Orten. Er appelliert zudem an die Aufmerksamkeit der Friedhofsbesucher, gegenseitig auf die Grabgestaltung zu achten.
Denn das Problem bei den Friedhöfen, so erklärt es Andrea Jacob, ist, dass die städtischen Friedhöfe öffentliche Einrichtungen und daher auch für jedermann geöffnet sind. "Die ländlichen Friedhöfe sind rund um die Uhr geöffnet. Hier gibt es allerdings auch kaum Meldungen über Diebstähle", erklärt Jacob. Der Ostfriedhof, Westfriedhof und Frohser Friedhof werden entsprechend der an den Eingängen ausgewiesenen Zeiten geöffnet und geschlossen.
Andrea Jacob geht davon aus, dass die Diebstähle von Blumen und Pflanzen nicht bei Nacht und Nebel stattfinden. Wenn sich jedoch ein Friedhofsbesucher an einer Grabstelle zu schaffen macht, ist die Verbindung zu dieser Grabstelle nicht ersichtlich. "Es pflegen die Grabstellen nicht nur die Angehörigen, sondern auch Freunde und Bekannte. Somit lässt sich nicht eindeutig sagen, ob die Tätigkeiten dieses Friedhofsbenutzers im Interesse des Grabstelleninhabers liegen oder ob eventuell unerwünschte Handlungen vorgenommen werden", erklärt sie weiter und ergänzt: "Dies lässt sich weder von den Mitarbeitern der Friedhofsverwaltung nachvollziehen, noch durch die Mitarbeiter des Ordnungsamtes, die die Friedhöfe nach ihren Möglichkeiten auch kontrollieren." Die Handlungsmöglichkeiten der Stadt sind somit sehr begrenzt.
Ein effektiver Schutz vor Diebstählen auf den Friedhöfen ist nicht möglich. "Wir empfehlen die individuelle Kennzeichnung von Grabdekoration und Pflanzen/Pflanzschalen, um sie eventuell eindeutig wiedererkennen zu können oder dadurch die ¿Verwertbarkeit\' zu minimieren", kann Andrea Jacob einzig sagen.
"Wir bedauern die Vorfälle außerordentlich, haben allerdings keine effektive Handhabe dagegen", bedauert die Verwaltungsmitarbeiterin die darum weiß, dass Diebstähle und Vandalismus in der schmerzlichen Situation des Verlustes eines lieben Mitmenschen besonders schwer wirken.