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Urteil Alkoholentzug statt Gefängnis

Acht Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung. Die Bedingung: Ein sechsmonatiger Entzug. Bei einem Rückfall droht dem Täter Gefängnis.

Von Jan Iven 17.06.2020, 01:01

Schönebeck l Whiskey und Zigaretten im Wert von mehr als 200 Euro hatte der Angeklagte bei drei Diebstählen in Supermärkten in Schönebeck und Magdeburg Anfang des Jahres gestohlen. Diese Straftaten räumte der 35-jährige Schönebecker in dem Prozess auch ein. Er habe sich inzwischen schriftlich bei den Supermärkten entschuldigt und zumindest einen Teil der Waren bezahlt – zudem die Fangprämie für den Ladendetektiv.

Der Richter am Amtsgericht Schönebeck erkannte hierbei ein Muster. Der Angeklagte ist nicht unbekannt vor Gericht und ein Alkoholiker. Immer wieder ist er mit Straftaten auffällig, gerade auch im Zusammenhang mit Alkohol. In der Vergangenheit habe der Angeklagte fast das gesamte Strafgesetzbuch beansprucht, so der Richter. Mehr als 20 Einträge im Bundeszentralregister der Justiz stehen mittlerweile zu Buche, darunter räuberische Erpressung, Körperverletzung, sexueller Missbrauch von Minderjährigen bis hin zur Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen. Der Richter wollte schon gar nicht mehr alles aufzählen.

Immerhin: Der Angeklagte konnte einigermaßen glaubhaft vermitteln, dass für ihn der Punkt erreicht ist, an dem er sein Leben ändern möchte. Seit einem Jahr versuche er auf Alkohol zu verzichten, der letzte Rückfall liegt drei Wochen zurück. Der Angeklagte saß bereits im Gefängnis und will nach dieser Erfahrung offensichtlich nicht dorthin zurück. Der Richter am Amtsgericht Schönebeck bot ihm eine Chance: Alkoholentzug statt Gefängnis, da der Alkohol auch bei den Diebstählen offenbar wieder einmal die treibende Kraft war. Schon seit er 13 Jahre alt ist, trinke er regelmäßig, wie der Angeklagte aussagte. Einem sechsmonatigen Aufenthalt in einer Entziehungsanstalt stimmt er daher zu. Für Alkoholkranke sei es wichtig, aus dem gewohnten Umfeld herauszukommen, damit sie nicht wieder mit den alten Bekannten zu trinken anfangen, sagte der Richter am Amtsgericht Schönebeck.

Als Dieb habe der Angeklagte keine Zukunft, so der Jurist. Als trockener Alkoholiker eventuell schon. Und noch eine weitere Anklage steht im Raum, doch diese wird an diesem Tag noch nicht verhandelt: Der Angeklagte soll zwei Frauen bedroht haben. Auch das habe keine Zukunft, so der Richter.

Verurteilt wurde der Mann schließlich zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten wegen Diebstahls in drei Fällen und nicht zuletzt seiner massiven Vorstrafen. Die Freiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt unter der Bedingung, dass der Angeklagte einen sechsmonatigen stationären Entzug antritt und auch zu Ende führt. Sollte der Angeklagte die Therapie abbrechen oder gar nicht erst antreten, entfalle die positive Prognose und damit auch die Bewährung, so der Richter. In dem Fall müsse davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte rückfällig geworden sei, wieder trinke und entsprechend auch wieder Straftaten begehen würde. Daher müsse er wegen der Diebstähle doch noch ins Gefängnis. Und dahin wolle der Anklagte schließlich nicht mehr zurück.

Die Staatsanwältin hatte in ihrem Schlussvortrag eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten bei einem Aufenthalt in einer Entzugsklinik gefordert. Der Angeklagte erkannte das Urteil an, das damit rechtskräftig wird.