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Hundehaltung Vorwurf: Fahrlässige Vermittlung

Der Tierschutzverein Salzlandkreis sucht für Vorfalls-Hund einen neuen Halter. Das passt nicht jedem.

Von Paul Schulz 06.07.2020, 01:01

Schönebeck/Biere l „Ich sehe das mit Sorge, dass der Hund wieder vermittelt werden soll“, sagt Thomas Pflug. Pflug spricht dabei von der holländischen Schäferhündin „Molly“. Das Tier hatte Pflugs Enkeltochter Anfang Juni angefallen und gebissen, als diese eine Freundin besuchte. Das 13-jährige Mädchen musste daraufhin im Krankenhaus in Magdeburg operiert werden.

Die Hündin befindet sich seitdem in der Obhut des Tierschutzverein Salzlandkreis. Ein Vereinsmitglied in der Gemeinde Bördeland kümmert sich um das Tier. Ziel ist es aber, wieder einen Halter für die vierjährige Hundedame zu finden. Im sozialen Netzwerk Facebook und am Telefon gegenüber der Volks- stimme haben die Vereinsmitglieder viel Gutes über die Hündin zu berichten, betonen aber auch, dass ein Halter gesucht wird, der seine Sachkunde im Umgang mit gefährlichen Hunden nachweisen kann. Zudem wird die Hündin einen Wesenstest absolvieren müssen.

Dennoch sieht Thomas Pflug den Vermittlungsversuch kritisch – der Hund sei unberechenbar. „Das ist nicht das erste Mal, dass dieser Hund zugebissen hat. Das kann jederzeit wieder passieren“, meint er.

Dass die Hündin vor dem Zwischenfall in Schönebeck schon in einen anderen Beißvorfall involviert war, bestätigen Schönebecks Stadtsprecher Frank Nahrstedt und Andreas Pluntke, Ordnungsamtsleiter der Gemeinde Bördeland. Das gehe aus der Akte des Tieres hervor. Demnach kam die Hündin aus dem Harz nach Schönebeck. Und schon zu diesem Zeitpunkt wurde ein erfahrener Hundehalter gesucht.

Dennoch bezeichnet der besorgte Großvater die Vermittlungsversuche in einem Schreiben als leichtfertig oder gar fahrlässig.

Christine Stempel, Vorsitzende des Tierschutzvereins, lässt das nicht so da stehen. „Wir sind garantiert nicht leichtfertig. Aber bei uns verhält sich der Hund tadellos. Er macht keine Probleme. Außerdem suchen wir ja ausschließlich nach einem erfahrenen Halter mit Sachverstand und klarer Führung für den Hund.“

Doch wer urteilt überhaupt über einen Hund, der zugebissen hat? Zuständig ist in solchen Fällen das Ordnungsamt der Gemeinde, in der der Hund gemeldet ist. Bis vor kurzem war also das Schönebecker Ordnungsamt zuständig. Mittlerweile ist es das Ordnungsamt der Gemeinde Bördeland.

Janine Zug, Leiterin des Schönebecker Ordnungsamtes, erklärt den Ablauf nach einem Hundebiss: „Zunächst wird der jeweilige Vorfall hinsichtlich seiner Schwere untersucht und beurteilt. Grundlagen für das Urteil sind Zeugenaussagen, ärztliche Befunde und der Schweregrad der entstandenen Verletzungen.“ Wenn sich beispielsweise zwei Rüden ein wenig streiten und dabei nur leicht verletzten, so würde das nicht direkt dazu führen, dass eines oder beide Tiere als gefährlich eingestuft werden. Dies sei nämlich nicht untypisch, so Zug.

Ist der Vorfall schwerwiegender kann das Ordnungsamt anordnen, dass der Halter einen Sachkundenachweis erbringen und der Hund einen Wesenstest absolvieren muss. Bestehen Hund und Herrchen dies, kann das Tier bei dem jeweiligen Halter bleiben. Jedoch kann zusätzlich eine Leinen- und oder Maulkorbpflicht vorgeschrieben werden.

Werden die angeordneten Maßnahmen nicht umgesetzt oder nicht erfolgreich abgeschlossen, kann eine Überführung des Tieres in ein Tierheim angeordnet werden, so die Ordnungsamtsleiterin.

So ist der Ablauf bei Beißvorfällen seit dem 1. März 2016. Zuvor waren Kommunen nämlich angehalten, bei jedem Beißvorfall die Gefährlichkeit des Hundes festzustellen. Mit der seit 2016 geltenden Regelung soll der Erfahrung Rechnung getragen werden, dass vor Ort besser individuell entschieden werden kann und dabei stets der Einzelfall und die besonderen Umstände rund um den Hundebesitzer betrachtet werden können, heißt es auf der Website des Landesverwaltungsamtes.