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Konzert am besonderen Ort Wie Björn Casapietra seinen Vater in Calbe zum ersten Mal weinen sah

Ein Konzert in Calbe führt Tenor Björn Casapietra zurück zu einer Kindheitserinnerung. Eine Erinnerung an eine Reise an die Saale mit seinem Vater, dem berühmten DDR-Dirigenten Herbert Kegel. Wie Kegel in Calbe auf seine eigene Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg traf und was das mit Casapietras Himmelsliedern zu tun hat.

Von Frank Klemmer Aktualisiert: 22.05.2025, 19:48
Björn Casapietra hat seine ganz eigenen Gründe für seinen Stopp in Calbe. Dort singt er am 21. Juni ein Konzert in der St.-Stephani-Kirche.
Björn Casapietra hat seine ganz eigenen Gründe für seinen Stopp in Calbe. Dort singt er am 21. Juni ein Konzert in der St.-Stephani-Kirche. (Foto: Veranstalter)

Calbe. - Björn Casapietra kommt an die Saale. Am 21. Juni singt der heute 55-jährige Opernsänger, der vor allem in den 90er Jahren auch als Schauspieler bekannt geworden ist, in der Stephani-Kirche in Calbe seine Himmelslieder. „Das schönste Programm, mit dem ich jemals unterwegs war“, sagt er. Aber warum ausgerechnet in Calbe?

Als Kind mit Herbert Kegel nach Calbe zu einem alten Kameraden

Dahinter, sagt der Tenor, stehe nicht etwa nur ein cleverer Tourplan: „Es ist eine Kindheitserinnerung.“ Sein Vater, Professor Herbert Kegel war einer der berühmtesten Dirigenten der DDR. Fast 20 Jahre lang war Kegel Chef der Dresdner Philharmonie. Aber nicht nur das: „Mein Vater ist 1920 geboren und war, bevor er ein weltberühmter Dirigent wurde noch als Soldat im Zweiten Weltkrieg.“

Er erinnert sich, dass sein Vater mit ihm, als Casapietra noch ein kleines Kind war, mal nach Calbe gefahren ist, um einen Mann zu besuchen. „Was sich in mein Gehirn eingebrannt hat, war die Tatsache, dass mein Vater und der Mann sich am Ende umarmten und beide Tränen in den Augen hatten.“ Er wisse das noch so genau, weil er seinen Vater noch nie habe weinen sehen.

Post aus Calbe nach dem Tod des Vaters

Erst viel später als junger Tenor habe er begriffen, was dieser Besuch bedeutete: „Ich bekam nach dem Tod meines Vaters 1990 Post aus Calbe. Und zwar von dem Mann, den wir damals als ich Kind war besucht hatten.“

Es stellte sich heraus, dass er zusammen mit Herbert Kegel in Russland im Schützengraben gelegen hatte. „Sie haben sich im Krieg kennengelernt und diese furchtbaren Erlebnisse geteilt. Und genau aus dem Grund ist mein Vater damals nach Calbe gefahren, um diesen Menschen noch mal zu besuchen.“

Leider wieder in kriegerischen Zeiten

Der Mann aus Calbe habe ihm noch ein oder zwei Briefe gegeschrieben über diese gemeinsamen schrecklichen Erinnerungen. „Diese Briefe liegen irgendwo bei mir im Keller, aber der Ortsname ist mir in Erinnerung geblieben.“

Und deswegen, dachte Casapietra, wäre es vielleicht eine schöne Idee, in Calbe mal ein Konzert zu geben. „Wir leben leider wieder in kriegerischen Zeiten. Die Menschen haben Angst, sie haben Sorgen und das vollkommen zurecht. Weil ein wahnsinnig gewordener Diktator im Kreml der Meinung war, er müsste sein Nachbarland angreifen.“

Tenor: Himmelslieder sind das richtige Programm zur richtigen Zeit

Deswegen seien seine Himmelslieder das richtige Programm zur richtigen Zeit. „Ich singe das Ave Maria von Schubert, das berühmte Halleluja von Leonard Cohen, Guten Abend, gut Nacht von Brahms, Tochter Zion von Händel. Alles Lieder, die geschrieben wurden, um diese unsere Welt besser zu machen.“

Er wolle nicht nur für die Ohren singen, sondern tiefer rein in den Menschen, „am liebsten für die Seele singen“. Vor allem aber wolle er Hoffnung schenken: „Ich möchte, dass sich die Himmelslieder wie eine warme Hand auf die Brust des Publikums legen. Denn wir alle können im Moment Hoffnung und Zuversicht gut gebrauchen.“

Die Erinnerungen des Vaters

Gerade und vor allem an einem Ort wie Calbe, den er weniger mit seinen eigenen als mit den dunklen Erinnerungen seines Vaters verbindet.

Karten für den Auftritt von Björn Casapietra am Sonnabend, 21. Juni, in Calbe gibt es unter anderem bei Lotto-König, Loewestraße 21, Calbe, Telefon (039291) 23 03.