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Kampf gegen Leerstand Wie das Wohnen in Calbe attraktiver werden soll

Über 520 Wohnungen der Calbenser Wohnungsbaugesellschaft waren im Jahr 2023 nicht mehr vermietet. Wie man dem Leerstand in Zukunft entgegenwirken möchte.

Von Thomas Höfs 22.11.2024, 10:00
Obere Etagen von Häusern wie diesem stehen in Calbe regelmäßig leer.
Obere Etagen von Häusern wie diesem stehen in Calbe regelmäßig leer. Foto: Thomas Höfs

Calbe. - Die Zahl der nicht vermieteten Wohnungen nahm beim kommunalen Vermieter, der Calbenser Wohnungsbaugesellschaft, 2023 zu. Das geht aus dem Beteiligungsbericht hervor, den die Stadtverwaltung jetzt zusammen mit dem Entwurf des Haushaltsplanes für das kommende Jahr veröffentlichte. „Das Geschäftsjahr 2023 war für die Gesellschaft erneut von schwierigen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen (hohe Arbeitslosigkeit und negative demografische Entwicklung) und daraus resultierend durch eine Stagnation des allgemeinen Mietpreisniveaus, eine anhaltende hohe Mieterfluktuation, zunehmende Zahlungsprobleme der Mieter und Verzögerungen bei baulichen Maßnahmen, insbesondere durch Materiallieferprobleme, geprägt“, heißt es da.

Deutlich über 30 Prozent

Als Ursache sieht der kommunale Vermieter vor allem die Einwohnerentwicklung. Seit vielen Jahren geht die Zahl der Einwohner in der Kleinstadt zurück. Dabei bleibt die Zahl der Geburten hinter der Zahl der Sterbefälle regelmäßig zurück. Ohne ein Bevölkerungswachstum ist zudem kaum damit zu rechnen, dass der Wohnungsmarkt belebt wird und die Nachfrage steigt.

Das zeigt sich auch an den Zahlen, die die Gesellschaft vorlegt. So stieg im Jahr 2023 der Leerstand weiter an. „Am 31. Dezember 2023 bewirtschaftete die Gesellschaft 1.635 Wohn- und 34 Gewerbeeinheiten; davon waren 528 Wohneinheiten (32,3 %, Vorjahr: 30,9 %) nicht vermietet.“ Damit stand erneut jede dritte Wohnung leer.

Besonders in der Neuen Wohnstadt zeigt sich dabei schon länger eine deutliche Entwicklung. Die oberen Etagen sind hier kaum noch vermietet. Es fällt dem Unternehmen bereits seit Jahren schwer, hierfür noch Mieter zu finden. Für den kommunalen Vermieter bedeutet der hohe Leerstand auch einen Umsatzverlust. Rund 2,058 Millionen Euro nahm das Unternehmen im Jahr 2023 an Mieten weniger ein. Der Anteil stieg hier im Vergleich zum Vorjahr leicht an.

Umgestaltung des Viertels

Dabei beschäftigt sich das Unternehmen bereits seit längerer Zeit damit, das Viertel attraktiver zu machen. Umgestaltet werden sollen hier die Innenhöfe, hatte die CWG schon mal Planungen öffentlich vorgestellt. Die Wohnungen im Erdgeschoss könnten in Zukunft eine Terrasse erhalten und kleine Gärten bekommen. Wohnungen, die den aktuellen Geschmack und die Bedürfnisse der Menschen treffen, will das Unternehmen hier schaffen. Auch die Stadt arbeitet daran, das Viertel attraktiver zu gestalten.

Aktuell wird mit Millionenaufwand an den Fuß- und Radwegen in der Neuen Wohnstadt gearbeitet. Die Kommune will hier eine Fahrradachse schaffen und hat sich erfolgreich im Land um eine hohe Förderung beworben. Das soll künftig auch mehr junge Menschen ansprechen, in der Neuen Wohnstadt zu wohnen.

Hohe Investitionen

Der kommunale Vermieter lässt zudem die Zuwegung zu den Mehrfamilienhäusern immer dort neu gestalten, wo der Fuß- und Radweg nun neu ausgebaut wurde. Jährlich investiert das Unternehmen hohe Summen in die Erhaltung des Bestandes. Im Jahr 2023 waren es mehr als 1,5 Millionen Euro, heißt es in dem Bericht. Das ist sogar mehr, als das Unternehmen geplant hatte, heißt es weiter. Pro durchschnittlicher Wohn- und Gewerbefläche setzte das Unternehmen mehr als 15 Euro ein, weist der Bericht aus. Ein Jahresergebnis, wie es angestrebt war, konnte das Unternehmen nicht ausweisen. Geplant war ein Überschuss von 140.700 Euro. Mit 70.800 Euro fällt das Jahresergebnis nur halb so groß aus, wie die Planung vorsah. Auch die Wiedervermietungsquote bei freigezogenen Wohnungen blieb hinter den Erwartungen zurück und lag nur bei rund 75 Prozent.

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Im Jahr zuvor konnte die Calbenser Wohnungsbaugesellschaft noch mehr Wohnungen neu belegen als leer gezogen wurden. Der Effekt war aber durch die Flüchtlinge aus der Ukraine ausgelöst worden, teilt das Unternehmen mit. Im Jahr darauf gab es diese Effekte nicht mehr.

Trotz der nicht so positiven Entwicklung im Jahr 2023 schaut das Unternehmen positiv in die Zukunft. In diesem Jahr will die Gesellschaft den Wohnungsbestand durch gezielte und geplante bauliche Maßnahmen aufwerten, heißt es in der Prognose. „Durch umfangreiche Aufwendungen – insbesondere in die Sanierung von Leerwohnungen – soll die Neuvermietung aktiv beeinflusst werden“, lautet hier der Plan. Dafür will das Unternehmen 2,6 Millionen Euro ausgeben. „Das Hauptproblem der Wohnungswirtschaft in Calbe (Saale) bleibt der Leerstand von Wohnungen und Gewerbeeinheiten und die damit verbundenen Ertragsausfälle“, heißt es weiter.

Hoffen auf Intel

„Chancen für die Bevölkerungs- und Landesentwicklung auch im ländlichen Raum werden insbesondere in der Industrieansiedlung des Chipherstellers Intel gesehen. Mit der neuen Ansiedlung sollen rund 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen, wodurch auch der Wohnungsbedarf in der gesamten Region signifikant steigt.

Weitere Chancen für die Unternehmensentwicklung werden in einer für das Geschäftsjahr 2023 bis 2024 bestätigten Regio-Förderprogrammzusage für das Flächendenkmal Neue Wohnstadt gesehen, auf deren Grundlage planerisch Rahmenbedingungen für eine qualitative Weiterentwicklung der Quartiere beziehungsweise des Wohnungsbestandes für drei Wohnhöfe geschaffen werden sollen.“ Der Chipproduzent hatte zuletzt den Bau seiner neuen Fabrik in Magdeburg um zwei Jahre verschoben. Unklar bleibt, ob das Unternehmen überhaupt noch nach Deutschland kommt und hier in dem angekündigten Ausmaß investiert. Zweifel an der geplanten Investition gibt es hierzu seit Wochen.

Baustart für neue Stadtvillen

Doch auch ohne die große Ansiedlung muss es die Kleinstadt in Zukunft schaffen, für junge Familien wieder attraktiver zu werden. Erst vor einigen Wochen hat die Calbenser Wohnungsbaugesellschaft dazu einen Schritt getan. Sie hat den Spatenstich für zwei Stadtvillen vollzogen. In einem Jahr sollen die Villen bezugsfertig sein. Mit der millionenschweren Investition will das Unternehmen auch für Familien Wohnraum schaffen, die es sich leisten können, mehr Geld für die Miete auszugeben. Die Nachfrage nach gehobenem Wohnraum sieht das Unternehmen dabei.

Und wenn die Investition ein Erfolg wird und die Wohnungen sich schnell und leicht vermieten lassen, sei nicht ausgeschlossen, weitere Villen in der Zukunft zu errichten, sagte an dem Tag der Geschäftsführer der CWG, Ingo Martin Pusch.

Möglicherweise kommt es auch in der unmittelbaren Nachbarschaft der neuen Stadtvillen noch zu einem Rückbau eines der großen Mehrfamilienhäuser. Ein Gebäude hat der Vermieter hier schon leerziehen lassen. Ein Rückbau würde in der Neuen Wohnstadt zudem Platz für andere Bauten, wie weitere Stadtvillen, schaffen. Außerdem hat sich die Calbenser Wohnungsbaugesellschaft auch in der jüngeren Vergangenheit mit der Infrastruktur des Viertels beschäftigt und eine erste E-Tankstelle für die Bewohner zusammen mit der EMS eingerichtet. Auch das soll das Viertel attraktiver machen.