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Erntezeit Verschwendung von Steuergeldern?

An der Ortsumgehung Brumby haben Fahrer von Erntefahrzeugen ein Problem.

09.07.2019, 23:01

Brumby/Calbe l Da kann Steffen Gerber nicht mehr lachen. „Meiner Ansicht nach ist das Verschwendung von Steuergeldern. Hier werden extra für uns Landwirte Brücken gebaut, aber wir können sie gar nicht nutzen“, erklärt er seinen Ärger.

Zur Demonstration hat der Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Calbe zwei Traktoren seines Betriebs auf die Brücke über die Ortsumgehung Brumby, Staßfurter Weg, gestellt. Auf der Auffahrt der Brücke stehen die beiden Schlepper Rad an Rad. Würden sie jetzt weiterfahren, käme es zum Unfall. „Die Brücke ist nur sechs Meter breit und die Auffahrten noch enger, das ist viel zu schmal für unsere Traktoren“, ärgert sich Steffen Gerber.

Da die Brücke von einer Seite zur anderen über die Ortsumgehung steil nach oben geht und dann wieder steil abfällt, können die Fahrer nicht sehen, ob noch ein Traktor auf der anderen Seite kommt. Das Problem betrifft sowohl die Landwirtschaftsbrücke vom Staßfurter Weg als auch die vom Nienburger Weg. „Es sind keine Ausweichstellen auf den Auffahrten, damit zwei Schlepper einander vorbeikommen“, so Gerber.

Ist so ein Koloss erst einmal die Brücke hochgefahren, ist es schwierig den Traktor samt vollem Anhänger wieder zurückzubugsieren, wenden geht erst recht nicht. „Zum Traktor kommt zur Erntezeit natürlich noch der Anhänger dazu, da ist man schnell bei 18 bis 21 Metern Gesamtlänge“, sagt Gerber.

Der Irrwitz an der ganzen Sache: Die Brücken wurden extra und nur für Landmaschinen gebaut, damit die örtlichen Bauern auf ihre Felder neben der Ortsumgehung gelangen – zum Bestellen der Felder, zur Bewässerung und zur Ernte. Nicht nur die Agrargenossenschaft Calbe baut hier Weizen, Gerste und Zwiebeln an. Tatsächlich ist normaler Autoverkehr auf diesen Brücken und Feldwegen verboten.

Das Team der Agrargenossenschaft Calbe hatte lange vor dem Bau der Brücken versucht, auf die Bedürfnisse der Landwirtschaft aufmerksam zu machen. Vor sechs Jahren begann die Planung der neuen Ortsumgehung Brumby. Gerbers Vater Hansjoachim, damals noch Geschäftsführer, hatte 2013 alles richtig gemacht: Er schrieb den Behörden innerhalb des Planfeststellungsverfahrens, dass auf den Landwirtschaftsbrücken Ausweichstellen für Traktoren und Co. eingeplant werden müssen. „Da die Sicht nach vorn durch die Brücke versperrt ist“, war seine Begründung. Damit war die Sache für das Unternehmen geklärt.

Die Behörde, die die Brücken geplant hat, räumt ein: „Es handelt sich hier tatsächlich um einen Konflikt zwischen Vorschrift und Realität“. Stefan Hörold, Regionalchef der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt, die Ortsumgehung und Brücken bauen ließ, kann das Problem verstehen. „Die Traktorentechnik hat sich weiterentwickelt, die Landmaschinen werden immer größer“, sagt er. „Wir aber müssen uns trotzdem an die Vorschrift halten.“ In dem Fall stamme die Vorschrift von 2010.

Seine Behörde hatte die Brücken nach der ‚Richtlinie für den ländlichen Wegebau‘ geplant. „Diese sieht nur sechs Meter als maximale Breite für den zweispurigen Landwirtschaftsverkehr vor“, so Hörold. Die Auffahrten werden dementsprechend noch schmaler gehalten.

Die Behörde aus Sachen-Anhalt hatte sogar schon einmal einen Fall, wo sie eine Landwirtschaftsbrücke zugunsten von Bauern aus demselben Grund wie in Brumby breiter bauen wollte. Man hatte bis zur Bundesebene diskutiert, aber es führte kein Weg hinein. Es wurde auf das Einhalten der Vorschriften gepocht.

Für den Calbenser Landwirt bleibt das Problem. „Wir fahren mit einigen Maschinen zur Erntezeit. Wir können uns nicht ständig anfunken in der Hektik, ob vielleicht jemand auf der anderen Seite gerade die Brücke hochfahren will“, schimpft Steffen Gerber. „Außerdem sind hier auf den Feldern verschiedene Firmen unterwegs und die sind eben nicht per Funk verbunden.“

Für die Landwirte kann man in Sachen Brücken nichts tun, heißt es von der Landesstraßenbaubehörde. Sie müssen vor Ort schauen, wie sie mit der Situation zurechtkommen. Für die Agrargenossenschaft wird sich das Problem noch bis Oktober hinziehen, bis dahin ist sie auf den Feldern unterwegs.