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Nahverkehr Bus-Streit zieht sich hin

Im Streit eines Hecklinger Busunternehmens mit dem Salzlandkreis steht nach einer Corona-Zwangspause die erste Gerichtsverhandlung an.

03.06.2020, 23:01

Staßfurt/Bernburg l Am 17. Juli wird sich Torsten Haubold im großen Streit um den Buslinienverkehr erstmals vor Gericht begeben. Am Landgericht Magdeburg geht es heute um 375.000 Euro, die der Hecklinger für das Jahr 2018 nachfordert.

Im Jahr 2018 hat Haubold mit seinem Busunternehmen wie jedes Jahr die öffentlichen Linien zwischen Egeln und Staßfurt bedient. Laut seiner Aussage hat er zwar die monatlichen Abschläge als Vorauszahlung bekommen, aber die Restsumme aus der Jahresabschlussrechnung fehlt bis heute. Wie es Haubold erklärt: So als würde ein Vermieter zwar seine monatliche Miete bekommen, aber nicht den Rest aus der Betriebskostenabrechnung am Jahresende.

Haubold klagt die Zahlung des restlichen Geldes ein. Die Gegenseite ist vor Gericht im Juli die Personennahverkehrsgesellschaft Salzland (PNVG), eine Enkeltochterfirma des Salzlandkreis, die Haubold für das Busfahren beauftragt hatte. Der Verhandlungstermin war eigentlich schon auf 26. März angesetzt gewesen.

„Am vorgeschalteten Schlichtungsverfahren wollte sich die Gegenseite nicht beteiligen“, erklärt Haubolds Anwalt, Prof. Dr. Dr. Christoph Stumpf. Die Sache wird also „ausgefochten“. Für den Anwalt ist klar: „Es gibt keinen Grund, die Rechnung nicht zu zahlen, zumal das Verfahren zur Abrechnung fest vereinbart ist.“

Der Streit Haubold gegen den Salzlandkreis bleibt bis heute ein Mysterium. Nur wenige Fragen der Volksstimme hatten Salzlandkreisverwaltung und die Verkehrsgesellschaften mit ihrem Geschäftsführer Janko Wilke beantwortet.

Eine erneute Anfrage bleibt wieder unbeantwortet. Zur Frage der Volksstimme vom März, warum die Rechnung nicht bezahlt wird, hieß es von Geschäftsführer Janko Wilke: „Des Weiteren möchte ich zu den weiteren Vorwürfen keine Stellung nehmen“.

Ein Urteil ist am Verhandlungstag im Juli nicht zu erwarten. Das Gericht beauftragt eventuell noch einen unabhängigen Gutachter, um die Rechnung zu bewerten.

Seit Jahren und noch bis Ende Juli ist der Busverkehr im Salzlandkreis eigentlich so geregelt, dass jeder etwas davon hat: Die kommunale Tochterfirma des Salzlandkreises, Kreisverkehrsgesellschaft Salzland (KVG), fuhr einen Großteil der Linien in Bernburg, Aschersleben und Schönebeck und ein paar kleinere Subunternehmer. Im Altkreis Staßfurt fuhren Haubolds Unternehmen und Winter aus Egeln, die für den Auftrag Geld bekamen. Dazu hatte Haubold extra die Firma „Regionalverkehr Salzland“ gegründet, um den Bereich abzugrenzen von der anderen Firma seiner Familie, die mit „Haubold Reisen“, Ausflüge anbietet.

Aber ab August wird alles anders: Die Erlaubnis, Buslinienverkehr im Salzlandkreis zu fahren („Konzession“), hat dann nur noch die Tochtergesellschaft KVG des Salzlandkreises. Die Enkeltochterfirma PNVG, die in Staßfurt aktiv war, verliert ihre Betriebserlaubnis, weil die Konzessionen regulär auslaufen. Damit haben Unternehmen wie Haubold und Winter keine Rechte mehr an den Staßfurt-Egelner Buslinien. Anstelle die Betriebserlaubnis zu verlängern und die Gesellschaft weiterzuführen, beendet der Salzlandkreis ihre Geschäfte Ende Juli.

Haubolds Vorwurf lautet also, er werde aus dem Buslinien-Geschäft herausgedrängt. Die KVG mit Geschäftsführer Wilke meinte im März dazu: „Aus früheren Genehmigungen lässt sich kein Recht ableiten, Leistungen auch künftig erbringen zu dürfen.“

Genau das ist Haubolds Problem. Ohne den Busverkehr zwischen Egeln und Staßfurt verliert das Familienunternehmen seinen Auftrag.

Deshalb meinte Haubold, die Flucht nach vorn antreten zu müssen: Er will der kommunalen Busgesellschaft KVG Konkurrenz machen und bewarb sich dafür, ab August 2020 den Buslinienverkehr im gesamten Salzlandkreis zu übernehmen.

Genau dieser Punkt sorgt seit einiger Zeit für schlechte Stimmung: Die KVG fährt traditionell rund zwei Drittel aller Linien und ist das „Kind“ des Salzlandkreises – das will ein Privater ihr jetzt streitig machen. Das gefällt einigen Kommunalpolitikern und der Verwaltung gar nicht, wurde im Kreistag im März deutlich.

Den Kommunalpolitikern, die im Aufsichtsrat der KVG ein Auge auf den Busverkehr haben sollen, wurde wiederum erzählt, Haubold sei dieser Aufgabe nicht gewachsen. „Wir sind ein grundsolides Familienunternehmen“, geht Haubold auf die Aussagen ein. „Wenn ich mir aber so anschaue, wer uns da schlecht reden will, kann ich nur sagen – wir werden nicht auf 40 Millionen verklagt.“ Gemeint sind die Klagen der Kommunen, die gerade gegen den Salzlandkreis wegen der Umlage laufen.

Weil Privatunternehmen im Buslinienverkehr vom Gesetz her bevorzugt werden, da sie kostengünstiger sind, rechnet sich Haubold für August gute Chancen aus. Die Firma bereitet sich jetzt darauf vor, ab August den ganzen Busverkehr im Salzlandkreis zu übernehmen. „Ich führe Gespräche und lasse mir Angebote für Busse und Finanzierungen machen. Wir haben einen Personalvermittlung beauftragt, da wir weitere Busfahrer brauchen“, so Haubold. Auch Druckertechnik für Fahrkarten und Haltestellenschilder sind jetzt Thema in Gänsefurth. „Wir sind außerdem dabei, Vorverträge mit Subunternehmern abzuschließen.“ Diese müssen, zumindest am Anfang, Haubold beim Anfahren des gesamten Salzlandkreises unterstützen.

Genau dasselbe macht das kommunale Busunternehmen KVG. Sie will in diesem Jahr 22 Busse anschaffen und sucht neue Fahrer. Hier wird das aber von öffentlichen Geldern des Salzlandkreises bezahlt, mit 4 bis 6 Millionen Euro pro Jahr.

Anstelle die Staßfurter Gesellschaft zu erhalten, wurden die Buslinien im Staßfurter Raum nun ausgeschrieben. Das hatten einige Kommunalpolitiker gefordert, um die Tradition der Privaten im Altkreis zu bewahren. Auf die Ausschreibung, die bis 20. Mai lief, konnten sich private Busunternehmen wie Haubold, Winter oder andere bewerben. Dabei hat man die Staßfurt-Egelner Linien in vier Lose aufgeteilt.

Allerdings konnte sich auch jedes andere Unternehmen aus ganz Europa bewerben, wie es das EU-Recht vorschreibt. Wer den Zuschlag bekommt, entscheidet die KVG nach gesetzlichen Vorgaben des Wettbewerbs. Das Ergebnis ist nicht bekannt. Haubold glaubt nicht, dass regionale Firmen Chancen haben: „Dabei geht es um billig, billiger, am billigsten.“

Noch weitere Aspekte werden zwischen Haubold und dem Salzlandkreis vor Gericht ausgefochten. Bei einem Verfahren geht es um den Verbleib von 400 000 Euro, mit denen die Verkehrsgesellschaften gearbeitet haben sollen.

Bei einem weiteren Verwaltungsverfahren geht es um die Linienrechte für den Salzlandkreis. Wenn Haubold letzteres gewinnt, bekäme er, bei Formfehlern der Landkreisverwaltung, alle Buslinien ab August im Salzlandkreis. Beide Verfahren sollen demnächst beginnen.