St. Johannis Kirche für Menschen

Vor 140 Jahren ist die Leopoldshaller Johanniskirche geweiht worden. Am kommenden Sonnabend feiert die Gemeinde.

Von Daniel Wrüske 13.06.2016, 18:33

Staßfurt l 140 Jahre sind für eine Kirche kein Alter - schon gar nicht im mit romanischen Dorfkirchen und gotischen Kathedralen dicht gesäten Mitteldeutschland. St. Johannis in Leopoldshall ist deshalb eigentlich jung. Und dennoch: Ganz selbstbewusst schließt Pfarrer Kornelius Werner die Tür zum Leopoldshaller Gotteshaus auf. Er bleibt hinten stehen und blickt zum Altar. „Das ist ein guter Raum für Gebet und Andacht, ein Ort, an dem man Gott und sich selbst begegnet“, sagt der Geistliche.

Sicherlich gebe es Kirchen mit bedeutender Ausstattung und großer Tradition. Dagegen sei St. Johannis eher schlicht. „Aber die Kirche überrascht mit einer Weite und Helligkeit, die man ihr von außen auf den ersten Blick gar nicht zutraut.“ Das Erhabene dieses Gotteshauses, so Pfarrer Werner, liege in seiner Klarheit. In dieser Gestalt ist St. Johannis seit über 100 Jahren Zentrum für eine lebendige Kirchgemeinde, Ort für Freude, Trauer, Lob und Klage.

Die Geschichte der Leopoldshaller Kirche ist nicht nur aufgrund ihres jüngeren Entstehungsjahres sehr gut dokumentiert. Es gibt auch eine Chronik des ehemaligen Pfarrers Emil Baumecker aus dem Jahr 1901 - das Kirchweihfest jährte sich damals zum 25. Mal. „Das ist ein besonders schöner Fall, dass wir so gut über alles informiert sind“, sagt Baumeckers Amtsnachfolger heute.

1876 wurde die Kirche eingeweiht, mit Verspätung, wie in der Chronik zu lesen ist. Rasant wuchs der anhaltische Bergbauort Leopoldshall in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Immer mehr Arbeiter sorgten für eine Bevölkerungsexplosion in wenigen Jahren. Das heutige Gebäudeensemble am Kirchplatz mit Gotteshaus, Schule(n), Pfarrhaus und Rathaus in der Nachbarschaft zeugt davon, dass dem Bedarf der Leute von damals in allem Rechnung getragen werden sollte. Am 28. Mai 1874 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung für die Kirche. 1875 sollte sie fertig sein, der erste Pfarrer, Carl F. Schneppel, war längst da. Doch erst im Februar 1876 war es soweit und das Gotteshaus wurde geweiht. Es ist einem romanischen Bau nachempfunden, mit rundbogigen Fenstern. Das Kreuz bildet den Grundriss des Gebäudes. Der Kirchturm ist etwas mehr als 40 Meter hoch. Die Innenausstattung ist schlicht gehalten. Kunstwerkstätten aus Bernburg und Aderstedt lieferten damals Altar, Kanzel und Taufstein. In den 1990er Jahren wurde alles saniert.

Bis heute ist die Kirche das geistliche Zentrum von Leopoldshall. Die Gemeinde hat sich „vernetzt“ und sich damit auch besondere Akzente verliehen. Pfarrer Kornelius Werner berichtet davon. So bestehen enge Kooperationen zu den umliegenden Einrichtungen der Stiftung Staßfurter Waisenhaus - zum Seniorenwohnstift in der Kalkstraße und der Kita Struwwelpeter. Und zur Uhlandschule. Gemeindepädagogin und Kirchenmusikerin Birgit Wassermann gelinge es in ihrer Arbeit, vielfältige Gruppen und Generationen zusammen zu bringen, sagt der Geistliche. Er berichtet von der Arbeit in Chören, Instrumentalkreisen, in Bibelstunden und beim Religionsunterricht. Ein wenig wie zum Beweis blättert Kornelius Werner im „Kirchenboten“, dem Mitteilungsblättchen der Kirchengemeinden, und zeigt die eindrucksvolle Übersicht der wöchentlichen Termine in der Gemeinde.

„Mich beeindruckt das. Es ist wie bei der Kirche selbst. Man vermutet vielleicht nicht immer sofort, wie viel in der Gemeinde passiert und wie sehr sich die Gemeinde auch damit öffnet“, sagt der Pfarrer. Für Kornelius Werner ist das ein wesentlicher Aspekt von Kirche in der Gegenwart. Es müsse verstanden werden, Identifikationspunkte für die Menschen zu schaffen und sie in ihrer persönlichen Religiosität in Empfang zu nehmen, egal wie verbindlich sich das gestaltet. Da sei beides wichtig, sagt der Seelsorger: Die Angebote der Gemeinde, wie auch das Gebäude. „Für viele gehört die Kirche sprichwörtlich zum Dorf, zur Stadt, und sie hat einen Wert. Das ist ganz wichtig. Denn da schwingt immer auch eine Ahnung von Gott mit. So wie sie bei Getauften selbstverständlicher ist.“

Mit ihrem Turm ist St. Johannis in Leopoldshall gegenwärtig. Der Klang ihrer Glocken verstärkt das ab Sonntag. Denn sie werden jetzt über eine moderne Läutemaschine betrieben. Künftig wird immer 18 Uhr im Stadtteil das Abendläuten zu hören sein. An den Wochentagen läuten die zwei kleineren Glocken, vor Sonn- und Feiertagen ertönt das dreistimmige Geläut. 7500 Euro hat die Gemeinde gesammelt, die Landeskirche Anhalts hat in einer Aktion noch einmal 4300 Euro dazu gegeben. Pfarrer Kornelius Werner dankt allen Spendern und Annekathrin Wassermann, die bisher die Glocken per Hand geläutet hat.

Am kommenden Sonnabend, 18. Juni, wird in Leopoldshall gefeiert.

 

Um 14 Uhr beginnt die Andacht vor der Kirche. Sie wird vom Bläserkreis musikalisch gestaltet. Anschließend wird der neu gestaltete Kirchplatz eröffnet. Dann werden die fortan elektrisch angetriebenen Glocken erstmals angeläutet.

 

Danach ist die Kaffeetafel für die Besucher reicht gedeckt.

 

Ab 15.30 Uhr ist Clown Leo in der Kirche mit seinem Programm zu erleben. Der Hallenser Steffen Schulz tritt seit mehreren Jahren in Kirchen als Clown Leo auf. Mit roter Knollnase und viel zu kurzen Hosen zeigt er, dass man sich der Bibel auch spielerisch nähern kann. In seinem Stück beleuchtet der 44-Jährige.

 

Zu einer Abendmusik wird ab 17 Uhr in die Kirche eingeladen. Dann musizieren die Musikkreise der Gemeinde und Musikschüler unter der Leitung von Kirchenmusikerin Birgit Wassermann.

 

Im Anschluss lässt ein gemeinsames Grillen den Tag ausklingen.