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Ortsdurchfahrt L71 Anwohner: „Zustand ist unerträglich“

Der Verkehr in der Ortsdurchfahrt von Rathmannsdorf bringt die Anwohner zur Weißglut. Von den Behörden forderten sie jetzt Maßnahmen.

Von Franziska Richter 06.12.2015, 08:00

Rathmannsdorf l Den Bürgern von Rathmannsdorf reißt gerade der Geduldsfaden. Immer wieder haben sie das Problem der zu engen Landesstraße in ihrem Ort angesprochen. Seit Jahren kommen sie mit ihrem Anliegen nicht weiter.

Dass es ihnen reicht, machten die Rathmannsdorfer am Donnerstag deutlich: Mit energischen Unmutsäußerungen machten sie ihrem Ärger bei der Sitzung des Ortschaftsrats Rathmannsdorf Luft. Dieser hatte gemeinsam mit der Stadt die Landesstraßenbaubehörde eingeladen, um das Problem zu erörtern. Die Landesstraßenbaubehörde, in dem Fall der Regionalbereich West, ist zuständig für die Ortsdurchfahrt Rathmannsdorf - die Landesstraße L 71.

Von der Behörde war Harald Müller, Fachbereichsleiter Betriebsdienst und Straßenverwaltung, da. Auf ihn marschierte gleich Günter Hartwig, ehemaliger Bürgermeister von Rathmannsdorf, mit einer Straßenkarte zu und erklärte das Dilemma: Aus Richtung Staßfurt kommend verengt sich die Ortsdurchfahrt von rund sechs auf etwa vier Meter. Für Lkw wird die Straße zum Nadelöhr. Zwei Lkw nebeneinander können nicht passieren, deswegen fahren sie auf den Bordstein und streifen fast die Häuser. Die Tempo-30-Zone beginnt erst nach der Abzweigung nach Güsten - nach Ansicht der Rathmannsdorfer viel zu spät.

Die Lkw ramponieren die Fußwege, schimpften die Anwohner. Ihre Häuser zeigen Risse. Breite Fahrzeuge müssen die Spiegel einfahren, damit sie aneinander vorbeikommen. Die Anwohner befürchten, ihnen würde jeden Moment „der Zaun wegrasiert.“ Es sei „eine Zumutung, an der Straße zu wohnen.“ Lothar Scheufler sagte: „Dieser Zustand ist unerträglich“.

Es geht den Rathmannsdorfern um die Sicherheit. „Wir können froh sein, dass noch nichts passiert ist. Man denke nur an die Kinder, die dort lang gehen. Die passen nicht immer auf“, betonte Regina Newig vom Ortschaftsrat.

Harald Müller stellte klar, dass das Befahren von Fußwegen verboten ist. Aber wie soll das kontrolliert werden? Auch das Tempo 30 sei schwer durchzusetzen, erklärte er. Man könne niemandem verbieten, die Landesstraße zu nutzen. Mehr noch: Die Landesstraßenbaubehörde muss sogar Verkehrswege für den Pkw- und Schwerverkehr vorhalten. Was aber, wenn die Straße zu schmal ist? „Die Lkw-Fahrer sind ja gezwungen, über den Fußweg zu fahren. Zurück können sie auch nicht“, machte ein Anwohner deutlich. Eine richtige Antwort wusste da auch der Behördenvertreter nicht.

Auch die Dickstoffversatzanlage war wieder im Gespräch. Während die Anwohner meinten, die Transporter von Bothe Schnitzius fahren Giftmüll durch den Ort und bei einer Kollision in der Kurve breche das Chaos aus, sagten die Behördenvertreter, dass Bothe Schnitzius für andere Unternehmer dort entlangfahre, Stichwort Müllverbrennungsanlage und Sodawerk.

„2375 Fahrzeuge waren es 2010, das ist ein deutlicher Rückgang zu 2000, als es noch 5000 Fahrzeuge waren“, sagte Günther Roddewig, Verkehrsplaner der Stadt. Auch Harald Müller erklärte: „Das Verkehrsaufkommen ist im Vergleich zu anderen Orten relativ gering. 75 Lkw am Tag, das ist nichts.“ Mit dieser Aussage machte er sich keine Freunde in Rathmannsdorf. Den Einwohnern erscheint die Anzahl viel höher. Durch Rathmannsdorf fließe eine Großteil des Verkehrs von und zur B6n.

Auch in Sachen Zahlen beißt sich hier die Katze wieder in den Schwanz: Weil bekannt ist, dass sich die Strecke schlecht fährt, nimmt der Verkehr ab. Und diese Zahlen haben dem Ort wiederum beschwert, dass er nun doch keine Ortsumgehung bekommt.

Die Neuigkeit der Landesstraßenbaubehörde, dass der Bahnübergang der alten Eisenbahnstrecke im Frühjahr abgebaut werden soll, stieß auch nicht auf Begeisterung. „Der Bahnübergang hat den Verkehr ein bisschen gedrosselt“, sagte Ortsbürgermeister Klaus Magenheimer.

Auf die Palme brachte einige Anwohner Aussagen der Behörden wie: Die Geschwindigkeitsvorgabe könne sowieso nicht kontrolliert werden. Das Überfahren der Fußwege könne nicht kontrolliert werden. Auch eine Tonnagebegrenzung könne nicht kontrolliert werden. Die Bürger schimpften: Man könne doch nicht von Vorschriften absehen, weil sie nicht kontrollierbar seien.

Fazit: Gemeinsam haben Ortschaftsrat, Verwaltung und Landesstraßenbaubehörde auf der Versammlung die nächsten Schritte festlegt (siehe unten). Falls Schilder und neue Zahlen keine Neuerungen bringen, wollen die Rathmannsdorfer per Unterschriftenliste eine Sperrung der Ortsdurchfahrt fordern.

Bei dem Treffen mit der Landesstraßenbaubehörde (diese ist zuständig für die Ortsdurchfahrt und Landesstraße 71) wurden erste Ideen entwickelt, die in Angriff genommen werden sollen:

1. Die Landesstraßenbaubehörde will aktuelle Zahlen einer bundesweiten Verkehrszählung zuarbeiten. Diese sollen den Rathmannsdorfern zeigen, wie viele Fahrzeuge tatsächlich durch ihren Ort fahren.

2. Ein Straßeneinengungsschild soll an der Verengung aufgestellt werden, das Lkw-Fahrer zum Langsamfahren bewegt.

3. Im nächsten Frühjahr will die Stadt ein automatisches Messgerät zur Verkehrszählung aufstellen. Danach soll es wieder eine Versammlung geben, bei der die Zahlen vorgestellt werden.

4. Die Tempo-30-Zone soll früher - aus Richtung Staßfurt gesehen - beginnen, an der Abzweigung nach Güsten oder für den ganzen Ort gelten. So drosseln die Fahrzeuge die Geschwindigkeit. Dieser Wunsch soll an die Straßenverkehrsbehörde herangetragen werden.

5. Die Hecke am Quell soll wieder vollständig bepflanzt werden, so werden spielende Kinder besser vom Verkehr ferngehalten.

6. Einige Bürger fordern eine Tonnagebegrenzung. Diese ist aber nicht sinnvoll, weil einige Lkw relativ leicht sind, aber trotzdem breit. Deshalb kam die Idee zur Sperrung der Ortsdurchfahrt für den Lkw-Verkehr auf. Diese Möglichkeit will die Stadt für Ortschaftsrat und Bürger jetzt bei der obersten Landesbehörde, dem Landesverwaltungsamt, ausloten. Ob dies möglich ist, muss noch geklärt werden, immerhin ist das eine bedeutende Einschränkung des Verkehrsflusses und würde Nachteile für Feuerwehr, Möbellieferanten oder Müllabfuhr mit sich bringen.

• Blitzen kann die Stadt nicht in dem Bereich und damit auch nicht die Einhaltung der Tempovorgabe 30 überprüfen. Bei Tempokontrollen vorgeschriebene Abstände können wegen der Kurven der Straße nicht eingehalten werden, deswegen darf das Ordnungsamt der Stadt Staßfurt dort keine Raser zur Kasse bitten.