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Auch das katholische Bistum Magdeburg leidet unter dem zunehmenden Einwohnerschwund Ehemalige katholische Kirche Atzendorf kommt mit Pfarrhaus unter den Hammer

Von René Kiel 15.06.2012, 05:17

Die rückläufige Einwohnerzahl macht auch vor den Kirchen in Sachsen-Anhalt nicht halt. Die Folge davon sind hier Veränderungen in der Struktur und der Verkauf von nicht mehr genutzten Gotteshäusern.

Staßfurt/Atzendorf l "Auch im Bistum Magdeburg sind aus diesem Grund in den vergangenen Jahren die Strukturen verändert worden. Die Zahl der Pfarreien wurde von 150 auf 44 reduziert", sagte der Pressesprecher des Bistums Thomas Lazar der Volksstimme.

In Staßfurt führte das am 2. Mai 2010 zur Errichtung der Pfarrei St. Marien Staßfurt-Egeln, die fast das komplette Gebiet des ehemaligen Landkreises Staßfurt umfasst. Durch diesen Konzentrationsprozess wird zum Beispiel die 107 Jahre alte katholische Kirche in Atzendorf nicht mehr benötigt, weil es am Ende zu wenige Gemeindemitglieder gab. Die Katholiken des Dorfes müssen, wenn sie zum Gottesdienst wollen, nun bis nach Staßfurt fahren. "Die Atzendorfer Kirche ist im Februar dieses Jahres geschlossen worden", sagte Pfarrer Diethard Schaffenberg, der die Entwicklung bedauert. "Es ist schade um jede Kirche, die aufgegeben wird", fügte er hinzu.

Am Sonnabend, dem 23. Juni, um 11 Uhr soll das ehemalige Gotteshaus einschließlich des Pfarrhauses bei einer Auktion der Deutsche Grundstücksauktionen AG im abba Berlin Hotel in der Lietzenburger Straße 89 zusammen mit weiteren 102 Immobilien aus ganz Deutschland unter den Hammer kommen. Das Mindestgebot beträgt hierfür nur 19 000 Euro.

Einen kleinen Einblick in die Geschichte der katholischen Gemeinde Atzendorf vermitteln folgende Erinnerungen des Bistums: "Wer nach Atzendorf kommt, erkennt sofort den Turm der evangelischen Kirche. Die katholische Kirche ist nicht so schnell zu sehen. Sie hat auch nicht einen so hohen Turm. Wenn man aber in den Bornschen Weg zum Friedhof einbiegt, entdeckt man das Türmchen allerdings sofort. Vor 107 Jahren wurde der Bau errichtet.

Für die damals etwa 400 Katholiken von Atzendorf und Umgebung war die Kirche fast schon zu klein. Aber sie waren glücklich. Stand ihnen doch 27 Jahre lang nur der Bodenraum einer Mietskaserne zur Verfügung, der primitiv für den Gottesdienst eingerichtet war. In der gleichen Mietskaserne war 1881 eine katholische Schule gegründet worden, die 1901 von 64 Kindern aus Atzendorf besucht wurde.

Die Kirche bedeutete für die Menschen damals ein Stück Heimat. Sie waren aus dem Eichsfeld und den preußischen Ostprovinzen hierher gekommen, um in der Landwirtschaft und speziell in der Zuckerfabrik zu arbeiten. Etliche blieben und gründeten eine Familie. Reichtümer konnten sie sich nicht erarbeiten. An den Bau einer Kirche war erst zu denken, als der zuständige Bischof von Paderborn die notwendigen Gelder über das Bonfatius-Hilfswerk zur Verfügung stellen ließ. Auch war klar: Mit der Kirche musste ein Schulraum verbunden werden und eine Wohnung für den Lehrer oder Pfarrer. Um kostengünstig zu arbeiten, wurde ein Modellbau geplant, nach dem noch andere Kirchen der Umgebung gebaut werden konnten, die sich einander ähnlich sind wie in Löderburg, Unseburg und Sandersleben.

Im Laufe der Jahrzehnte schwankte die Größe der Gemeinde sehr. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg kamen viele Vertriebene aus dem Sudetenland nach Atzendorf. Dann aber wurde die Gemeinde kleiner. Arbeitsmöglichkeiten fehlten. Seit 1973 gibt es dort auch keinen eigenen Pfarrer mehr. Wie vor hundert Jahren gehört die Gemeinde heute wieder zu Staßfurt."