Streit bei Handwerkern Gilde entsteht
Staßfurter Handwerker und Kreishandwerkerschaft liegen im Clinch. Eine Gilde entsteht.
Staßfurt l Die Friseure haben es vorgemacht. Sie haben sich als Innung der Kreishandwerkerschaft Harz-Bode aufgelöst und in der Salzstadt eine neue Gilde gegründet (Volksstimme berichtete). Andere Innungen wollen es ihnen gleich tun. So hat sich die Vertretung der Maler bereits zum Jahresende aufgelöst und plant Ähnliches. „Wir warten ab, was die Bereiche Bau, Elektro, Sanitär und Abwasser machen werden“, sagt Frank Baum, Obermeister der KfZ-Innung. „Zur Zeit ist alles in der Findungsphase.“ Die Handwerker wollen eine übergreifende Gilde im Altkreis Staßfurt gründen, die die einzelnen Berufsgruppen beziehungsweise berufsspezifische Untergilden dann zusammenfasst. Innungen dürfen sich die Gruppen dann nicht mehr nennen, die gibt es nämlich nur in der Kreishandwerkerschaft. Die Neugründung der Über-Organisation soll so weit vorbereitet werden, dass ein nahtloser Übergang der Mitglieder zwischen alter und neuer Organisation möglich ist. Denn: „Wenn sich eine Innung zerschlägt, ist ein Neuanfang schwer und wir wollen nicht, dass die Mitglieder in einen luftleeren Raum fallen“, so Frank Baum. Er rechnet mit einem halben bis dreiviertel Jahr.
Eine Mitarbeiterin der geschlossenen Staßfurter Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft stellt Frank Baum vorübergehenden in seinem eigenen Betrieb ein, damit sie die Gründung der Handwerkerschaft vorbereiten und die Position später offiziell übernehmen kann.
Die Verselbständigungen in Staßfurt zeugen vom Selbstbewusstsein der Staßfurter Handwerker. Sie machen aber auch keinen Hehl daraus, dass etwas nicht stimmt. Frank Baum sagt: „Wir fühlen uns in der Kreishandwerkerschaft Harz-Bode nicht mehr aufgehoben, nicht mehr genug vertreten.“
Die Staßfurter kritisieren, dass das Haus des Handwerks, die Geschäftsstelle der Kreishandwerkerschaft in der Salzstadt, geschlossen wurde (Beitrag unten). Sie bemängeln, dass den Auszubildenden weite Wege zugemutet werden, wenn sie zu Prüfungen fahren. Und dass die Handwerker in dem riesigen Gebilde der Kreishandwerkerschaft Harz-Bode, das sich seit November 2011 über die Gebiete der ehemaligen Landkreise Staßfurt, Aschersleben, Quedlinburg und Halberstadt erstreckt, mit ihren Stimmen kaum zur Geltung kommen.
Die Harz-Bode-Geschäftsführung bestätigt die Innungsauflösungen und weiß auch um die Gilde-Gründungspläne. „Dass sich Innungen auflösen, passiert immer wieder, wenn zum Beispiel Mitglieder fehlen. Was aber in Staßfurt passiert, hat eine neue Qualität und wir bedauern das sehr“, sagt Geschäftsführer Wulfhard Böker.
Für die Kritik aus Staßfurt kann er kein Verständnis aufbringen. „Unser Geschäftsgebiet umfasst ein riesiges Areal, das auch politisch vielfältig strukturiert ist“, so Wulfhard Böker mit Verweis auf die unterschiedlichen Landkreise. Die Kreishandwerkerschaft Harz-Bode sei bemüht, ihre Strukturen so aufzubauen, dass sich die Handwerker in starken Innungen aufgehoben fühlen. „Aber auch mit dem Blick auf das Ganze!“
Schmerzlich sei die Gilde-Gründung in Staßfurt zum einen, weil der Kreishandwerkerschaft Beiträge aus den aufgelösten Innungen fehlen. Mehr noch aber bedauert Wulfhard Böker die Außenwirkung. Die Innungen aber auch die Kreishandwerkerschaften würden übergeordnete Strategien der Handwerkskammer Magdeburg im Blick haben. „Wir wollen das gesamte Handwerk vertreten.“ „Kirchturmdenken“ sei fehl am Platz, so der Harz-Bode-Geschäftsführer.
Er meint, dass der Vorwurf, die Staßfurter Handwerker seien nicht genügend aufgehoben, nicht berechtigt ist. Die Stimmberechtigung sei gleichberechtigt verteilt. Freisprechungen und Prüfungen wurden auf alle Orte verteilt. Und in Staßfurt habe es sogar 2013 einen großen Familienhandwerkertag gegeben.
Ganz ohne die Kreishandwerkerschaft wird die Gilde nicht auskommen. Kreis-obermeister Henri Mechnik sagt, dass sie zwar eine Interessenvertretung sei. „Die Handwerkskammer Magdeburg vergibt die hoheitlichen Aufgaben aber an die Handwerkerschaften und Innungen.“ Zum Beispiel die Prüfungen. Bei Harz-Bode ist man froh, dass Staßfurter Handwerker trotz allem in den Prüfungsausschüssen mitwirken wollen.