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Grüngut Sind Container tatsächlich Luxus?

Ob die Grüngut-Annahmestellen in Hecklingen wieder öffnen, ist derzeit unklar. Die Mehrheit der Ortschaftsräte ist dafür.

27.02.2019, 03:00

Hecklingen l Das Thema ist nicht neu, immer wieder ist in der Stadt Hecklingen diskutiert worden, wenn es um Grüngutcontainer ging. Einst sorgten Abfallbehälter, die der Kreis der Stadt für alle vier Orte stellt, für Probleme. Unbeaufsichtigt wurde dort zu viel abgeladen. Berge türmten sich vor vollen Containern, großes Astwerk landete mitunter dort, ohne zerkleinert zu werden, Säcke wurden abgeladen.

Seit einigen Jahren hat die Stadt dieses Problem in den Griff bekommen. Die Annahmestellen befinden sich in einem abgesperrten Bereich und werden betreut. Dazu gibt es spezielle Öffnungszeiten. Im vergangenen Jahr wurden bereits die Zeiten auf eine Stunde gekürzt.

Jetzt sorgt das Thema aber wieder für Gesprächsstoff, denn die Container sollen für die Bürger komplett abgeschafft werden. Entsprechende Beratungen dazu wurden in allen vier Ortschaftsräten geführt.

Die Verwaltung hatte das Thema erneut in den Blickpunkt gerückt, weil Hecklingen finanzielle Sorgen hat und mit einem 17-Millionen-Defizit im Haushalt kämpft.

Zudem war der Gemeinde von einer Beraterfirma im vergangenen Jahr ein Sparplan, das sogenannte Haushaltskonsolidierungsgutachten, aufgestellt worden. Darin wurden rund 30 Vorschläge erarbeitet, zu sparen und Geld einzunehmen.

Theoretisch wird vorgerechnet, dass Hecklingen es aus eigener Kraft schaffen kann, von seinen Schulden runter zu kommen. Praktisch funktioniert das aber nicht, weil dann alle Maßnahmen umgesetzt werden müssten. Die Kommunalpolitik lehnt vieles ab. Denn unter anderem müsste die frisch sanierte Schule in Hecklingen und alle Jugendeinrichtungen geschlossen werden. In dem Gutachten sind aber auch Maßnahmen aufgeführt, die für einige Stadträte umsetzbar sind.

Der Bürgermeister wird Themen des Konzepts in diesem Jahr wieder auf die Agenda rücken. Das hat er schon angekündigt. Er geht davon aus, dass Hecklingen guten Willen zeigen und dem Land signalisieren muss, den ersten Schritt zu gehen, um finanziell unterstützt zu werden.

Uwe Epperlein (WGH) sagte kürzlich in Anspielung dazu, dass sich die Stadt „bewegen muss, sonst hilft ihr keiner.“

Hier kommt wieder die Abschaffung der Grüngut-Annahmestellen ins Spiel. Epperlein erklärte, dass die Container eigentlich für die kommunalen Abfälle angedacht sind, also Grüngut der städtischen Flächen. Daher sei den Ortschaftsräten jetzt vorgeschlagen worden, dass die Behälter des Landkreises nur noch für städtische Abfälle, nicht aber mehr für den privaten Bereich genutzt werden sollen.

Bleibt zu fragen, was die Container die Stadt eigentlich kosten? Auf Nachfrage der Volksstimme beim Kreiswirtschaftsbetrieb, der die Behälter stellt, wurde mitgeteilt, dass für die Stadt Hecklingen, seitdem die Container auf einem abgeschlossenen Gelände sind, keine Transportkosten berechnet wurden. Wichtig sei der Punkt, dass die Container unter Verschluss stehen, nur dann sei der Transport kostenfrei, sagte ein Mitarbeiter.

In dem Gutachten wird eine Jahresmiete über 1900 Euro angeführt. Außerdem wird darin vorgerechnet, dass der Stadt zusätzliche Aufwendungen für die Miete eines Privatgrundstückes in Höhe von 700 Euro entstehen.

Diese Stellfläche werde benötigt, da keine Alternative im Stadtgebiet vorhanden ist, heißt es. Hinzu komme, dass die Beaufsichtigung des Containers Personalkosten in Höhe von 200 Euro im Jahr verursachen. Der Gutachter erklärt der Stadt, dass „mit der Einführung der Biotonne keine Notwendigkeit mehr besteht, die Grüngutcontainer für die Bürger vorzuhalten.“ Für größere Mengen stünden die „Wertstoffhöfe im Salzlandkreis oder ein kostenpflichtiger Containerdienst zur Verfügung.“ Die Verwaltung hatte dem Stadtrat bereits im März 2016 vorgeschlagen, die Container abzuschaffen, war damit aber gescheitert.

Die Ortschaftsräte in Hecklingen, Schneidlingen und Groß Börnecke haben sich während ihrer Beratung jetzt dafür ausgesprochen, die Abfallbehälter abzuschaffen. In Cochstedt ist man mit zwei Ja-Stimmen und einer Enthaltung dagegen.

Anwohner wie Gerold Becher, der an der Beratung des Ortschaftsrates in Cochstedt teilnahm, ist mit dem Vorschlag aus dem Rathaus nicht einverstanden. Damit würde ein letzter Service, den die Stadt für ihre Bürger tue, auch noch eingestellt. Zumal die Cochstedter Bürger weite Wege in Kauf nehmen müssten, wenn sie ihr Grüngut zu einer der Annahmestellen nach Staßfurt oder Wilsleben fahren würden. In die Biotonne bekomme man als Gartenbesitzer nicht alles rein. Hinzu komme, dass in Cochstedt viele Bürger die städtischen Flächen aus eigener Initiative für die Stadt pflegen, ob Bergstraße, Goetheplatz oder Böklinger Straße. Könnten sie das Grüngut nicht zu den Containern bringen, wäre das unverständlich. „Das sind dann schon Dinge, wo man sagt, dass kann nicht sein“, sagte Becher der Volksstimme. Der Ortschaftsrat in Cochstedt stellte sich mit seinem Votum dahinter. „Weil die Räte das als Dienstleistung für die Bevölkerung sehen und der Bürger sollte schon noch die Möglichkeit haben, sein Grünschnitt oder Rasen abzugeben. Es gibt immer welche, die das Angebot dankend annehmen“, sagte Ortsbürgermeister Wolfgang Weißbart (Fraktion Die Linke).

In Hecklingen, Schneidlingen und Groß Börnecke würden die meisten Ortschaftsräte dagegen in den sauren Apfel beißen, dem Vorschlag der Stadt zu folgen.

Ortsbürgermeisterin Ethel-Maria Muschalle-Höllbach (WGH) sagte, dass die Sparmaßnahme auch ein kleiner Schritt in Richtung Konsolidierung ist. Natürlich habe der Ortschaftsrat auch die Bürger im Blick, doch es gebe viele andere Möglichkeiten, Grüngut abzugeben.

Ein Blick in den Abfallratgeber des Salzlankreises erklärt die Alternativen. Zum einen gibt es die Biotonne. Reicht diese nicht, fährt der Kreiswirtschaftsbetrieb gebündelten Grünabfall kostenlos in den Monaten März/April sowie Oktober/November auch vor der Haustür ab. Und die Wertstoffhöfe wie etwa der in Staßfurt in der Hohenerxlebener Straße, nehmen Grünabfälle in Kleinmengen bis einen Kubikmeter kostenfrei an.

Die Fraktionsvorsitzende der WGH im Stadtrat äußerte aber ebenso wie Ortschaftsrat Joachim Braun (FDP) aus Schneidlingen Bedenken.

Möglicherweise gebe es unvernünftige Leute, die ihren Unrat in der Feldflur abladen, sagten sie. Man müsse das beobachten und gegebenenfalls handeln und die Container wieder für die Bürger frei geben, sagte die Ortschefin aus Groß Börnecke. Sie sagte weiter, dass sie den Zahlen des Gutachtens keinen Glauben schenken kann.

In Hecklingen wurde der Containerservice von den Leuten angenommen, weiß Lothar Peters, Geschäftsführer des Stadtbaubetriebs. Die Leute hätten eine Anlaufstelle gehabt. Seine Firma stellte bisher das Personal und kümmerte sich um die Annahme.