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Engagement-Zentrum Staßfurt wird immer engagierter

Das Staßfurter Engagement-Zentrum steht für den ehrenamtlichen Einsatz in der Stadt und kann immer mehr Projekte und Teilnehmer vorweisen.

Von Franziska Richter 09.02.2016, 00:01

Staßfurt l Zwei wichtige Veranstaltungen, das Vereinsforum und der Freiwilligentag, dessen Teilnehmerzahl sich mit über 200 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt hat, gehören ebenso zu den Erfolgen 2015. Und: Kinder aus Staßfurt lernen die Kultur der Salzstadt kennen, Mädchen und Jungen bekommen Hilfe beim Lesen und Schreiben. Senioren erleben, dass sich jemand um sie kümmert und sie nicht allein sind.

Dass die Projekte so gut angenommen werden, ist zum einen der Öffentlichkeitsarbeit zuzuschreiben. „Jeweils im Vorfeld sind wir an die Öffentlichkeit gegangen, und wir haben immer einen Quereinstieg auch nach Kursbeginn ermöglicht. Es kamen einige Menschen auf mich zu und sagten, sie hätten begeistert in der Presse von unseren Kursen gelesen“, erklärt Astrid Moukaddam, die Leiterin des Engagement-Zentrums am Beispiel der Lese- und Lernpaten.

Diese sind das jüngste Projekt. Bei den Lese- und Lernpaten für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund geht es darum, dass sich ein Pate findet, der mit einem Kind oder einer Kindergruppe, auch aus anderen Kulturkreisen, Sprache und Lesen in der Freizeit übt. Zunächst war das Projekt in Kooperation mit dem Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt auf Flüchtlingskinder angelegt, bald wurde es allgemeiner gefasst und für alle interessierten Heranwachsenden geöffnet. Damit sie für die Arbeit mit den Patenkindern richtig qualifiziert sind, absolvierten die zwölf Paten fünf Unterrichtseinheiten - auch „Module“ genannt - von September bis Dezember. „Wir möchten Qualität und deshalb bieten wir immer Schulungsprogramme an“, sagt Astrid Moukaddam. An den Kursen kann prinzipiell jeder teilnehmen, ohne bestimmte Voraussetzungen, aber mit Lust am Engagement.

Die nun ausgebildeten Paten betreuen jeweils mehrere Kinder, im Jugend- und Bürgerhaus, an der Goetheschule, zwei sind in Löderburg und zwei in Güsten engagiert. Im Gesprächszentrum „Laura“ gibt es außerdem zwei Paten, die mit syrischen Frauen Deutsch als Alltagssprache üben. Zwei Paten sind sogenannte „Springer“, sie können im Bedarfsfall vertreten und sind noch auf der Suche nach „ihrer“ Einsatzstelle.

Eines der ältesten Projekte sind die Seniorenbesucher, die seit 2014 tätig sind. Ein fester Kreis von sieben Frauen gestaltet Freizeit mit Senioren, hilft aber auch bei wichtigen Wegen. Wie bei den anderen Projekten, bietet die Volkssolidarität dazu im Mehrgenerationenhaus am Luisenplatz ein Treffen einmal pro Monat an. „Die Projektteilnehmer tauschen sich dort in ihren Erfahrungen aus und bilden sich gemeinsam fort. Aber wir erhoffen uns davon natürlich auch, dass der eine oder andere dazukommt, der sich für das Ehrenamt interessiert, und hineinschnuppert“, sagt die Freiwilligenkoordinatorin.

Sie kann nun schon auf zweieinhalb Jahre Wirken für das bürgerschaftliche Engagement in Staßfurt zurückblicken: Am 1. Juli 2013 wurde das Projekt über die Volkssolidarität, Kreisverband Aschersleben-Staßfurt-Quedlinburg, Geschäftsstelle Staßfurt, begonnen, gefördert vom Deutschen Hilfswerk. Namen und Aufgabenspektrum variierten über die Zeit: Erst gab es nur das Stadtteilbüro, das sich um die Belange der Anwohner in Nord gekümmert hat. Dahinter stand das Netzwerk „Familienfreundliches Wohnquartier Nord“, zu dessen Projekten unter anderem der neue Spielplatz gehörte und das aus Vertretern von Stadt, Wohnungswirtschaft und Landkreis bestand. Die Geschäftsführerin der Volkssolidarität, Kreisverband Aschersleben-Staßfurt-Quedlinburg, Susanne Schmeißer, hatte sich hier eingeklinkt und schlug gemeinsam mit dem Netzwerk die Idee zum Stadtteilbüro vor.

In Ergänzung des Angebotes im Stadtteilbüro entwickelte sich sehr schnell die Idee, Engagement und Ehrenamt im gesamten Stadtgebiet zu fördern, zuerst unter dem Namen EIS „Ehrenamt in Ihrer Stadt“. Das Aufgabenfeld wurde weiter gefasst - bürgerschaftliches Engagement von der Nachbarschaftshilfe bis hin zur Arbeit im Verein stand im Fokus. Man wollte ausloten, ob das Thema in Staßfurt angenommen wird und was daraus in Staßfurt werden kann.

Erster Schritt war das Projekt der Seniorenbesucher, deren Ehrenamt durch das Engagement-Zentrum mit regelmäßigen Treffs, mit Beratung und einem Ansprechpartner vor Ort einen festen Rahmen bekommen sollte. Die „Engagementlotsen“ kamen hinzu: Sie absolvierten ebenfalls eine Ausbildung in Sachen Ehrenamt und sollten sich jeweils verantwortlich für ein Projekt um andere Ehrenamtler kümmern, sie anleiten und Ansprechpartner in rechtlichen und organisatorischen Aspekten sein.

Die Idee dahinter: Die Ehrenamtler sollen in so weit befähigt werden, dass sie ein ehrenamtliches Betätigungsfeld allein managen können. Judit Minda, die ab 2016 die Lese- und Lernpaten eigenständig koordinieren wird, ist so ein erfolgreiches Beispiel.

In der Zwischenzeit wurde auch das Projekt der Puppenbühne, das sein Zuhause im Bürgerhaus Nord gefunden hat, vom Engagement-Zentrum unterstützt. Drei Damen bespielen bis heute die mobile Puppenbühne an Schulen und Kitas.

Die einzelnen Projekte und die Unterstützung der Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (LAGFA) Sachsen-Anhalt führten schließlich im Juli 2014 zum Namen „Engagement-Zentrum“. „Wir sind damit eine Anlaufstelle für alle, die sich engagieren wollten“, erklärt Astrid Moukaddam, betont aber zugleich, dass es sich nicht um eine klassische eigenständige Freiwilligenagentur handelt, da das Büro über die Volkssolidarität läuft. Vom Prinzip her jedoch ist es ähnlich. Vereine und Einrichtungen, etwa Pflegeheime, Krankenhäuser, Schulen, können hier einen Bedarf an Ehrenamtlern für sich anmelden. Menschen, die in ihrer Freizeit gern etwas Sinnvolles und Gutes tun wollen, melden sich hier ebenfalls und im Idealfall kann zwischen beiden Seiten vermittelt werden. Eigene Formulare und eine Engagement-Datenbank, die auch im Internet zu finden ist, unterstützt die Suche (zu finden über www.volkssolidaritaet.de/asl-sft-qlb/).

Fazit: Die Projekte laufen, die Paten gehen ihrer Betätigung nach und weitere Freiwillige können sich anschließen. „Wir haben 2015 eine ganze Menge geschafft“, freut sich Astrid Moukaddam. Das Engagement-Zentrum könne funktionierende Projekte und Strukturen vorweisen wie den monatlichen runden Tisch Ehrenamt. In Kooperation mit vielen Akteuren von Stadt, Wirtschaft und Vereinen wurde einiges auf die Beine gestellt.

„2015 war aufregend und spannend. Bei vielen Projekten, die wir begonnen haben, wussten wir nicht, ob wir Menschen finden werden, die bereit dazu sind“, erklärt Astrid Moukaddam. „Aber alles ging am Ende auf, das war wunderbar.“

Neben dem erfolgreichen Freiwilligentag kam auch das Vereinsforum im Januar sehr gut an. 40 Vertreter aus Vereinen der Stadt ließen sich in Sachen Finanzen, Recht und Öffentlichkeitsarbeit bei einem kostenlosen Schulung weiterbilden. „Die große Resonanz war phänomenal“, so Astrid Moukaddam. Eine Fortsetzung 2016 ist am 27. Februar geplant. Bei den Foren sei es Ziel, alle zusammenzubringen - letztendlich für eine Bürgerschaft, die das Leben in der Stadt mit Eigeninitiative bereichert.

Dass die Projekte in Staßfurt Anklang finden, sei ein Zeichnen dafür, dass sich die Staßfurter engagieren und mehr aus ihrer Stadt machen wollen. „Wir haben Menschen in unseren Projekten dabei, die sich schon viele Jahre für etwas engagieren und bei uns einen festen Rahmen für ihr Engagement erhalten. Und es gibt einige, die zu uns kommen, wenn sie in Rente gehen und dann ihre Zeit sinnvoll nutzen wollen“, erklärt die Leiterin des Engagement-Zentrums.

Die Probleme beim Ehrenamt: Wer im Berufsleben steht, hat oft wenig Zeit, sich zu engagieren. Es gibt Menschen, die gern Pate sein möchten, aber es zeitlich einfach nicht schaffen. Teilweise gibt es auch mehr Engagierte als Einsatzstellen. Vielen Einrichtungen sei noch gar nicht klar, welche Chancen sich mit Ehrenamtlichen bieten. „Im Ehrenamt besteht sich für die ganze Stadt die Möglichkeit, mehr als bisher auf die Beine zu stellen“, sagt Astrid Moukaddam.

Der persönliche Dank der Leiterin des Engagement-Zentrums geht an die vielen Ehrenamtlichen, die mit ihrem Einsatz das Leben lebenswerter machen, an die Stadt und das Team im Bürgerhaus, die eine gute Zusammenarbeit in den Räumlichkeiten ermöglichen, und die Sponsoren.