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Notruf Unterlassene Hilfeleistung?

Ein Staßfurter wählt den ärztlichen Bereitschaftsdienst 116117. Dort verweigert man ihm aber laut seiner Aussage die Hilfe.

03.08.2020, 23:01

Staßfurt l An diesem Sonntag konnte Tobias Kuske aus Staßfurt nicht anders. Er sah seine Mutter an und sah, es war Handlungsbedarf, auch wenn diese sich weigerte, Hilfe anzunehmen. Tobias Kuske wählte am 12. Juli um 14.23 Uhr die 116117. Er hoffte, dass ein Arzt vorbeikommen und seine Mutter anschauen und untersuchen würde. Er berichtet, dass er barsch behandelt wurde. „Ich erklärte der unfreundlichen Dame, dass es meiner Mutter sehr schlecht geht und zählte die Symptome auf. Ich erklärte ihr weiter, dass meine Mutter wesensverändert sei“, erzählt er. „Sie wusste nicht, was sie sagt“, so Kuske.

Was er als Antwort bekommt, empfindet er als „absolute Frechheit“. Ihm sei gesagt worden, dass kein Bereitschaftsdienst informiert werden würde. Auch weil das Einverständnis der Mutter fehlen würde. „Die Dame war null interessiert“, so Kuske. Er gibt zu, dass er – aufgebracht wie er war – eine wüste Beleidigung durch den Hörer jagte. Dann legte er auf.

Er wählte nun doch die Notrufnummer 112. Dort sagte man ihm laut eigener Auskunft, dass es nicht zu erklären sei, dass kein Bereitschaftsdienst informiert wurde. Es wurde ein Rettungswagen vorbeigeschickt, die Mutter kam ins Bernburger Krankenhaus. „Nun kämpfte meine Mama ums Überleben“, sagt Kuske. Eine schwere Atemnot sei festgestellt worden, die möglicherweise durch eine schwere Lungenentzündung hervorgerufen wurde. Die Patientin kam auf die Intensivstation und wurde später nach Aschersleben verlegt und weiter behandelt. Es besteht zudem der Verdacht, dass die Frau erneut Brustkrebs hat.

Kuske beschwerte sich bei der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt (KVSA), die den ärztlichen Bereitschaftsdienst organisiert. „Ich möchte eine klare Aussage haben, warum so ein unqualifziertes Personal bei Ihnen arbeiten kann“, heißt es in seiner Beschwerde.

Hat die KVSA hier fehlerhaft gearbeitet und falsch informiert und gehandelt? Hat die Mitarbeiterin die Gesundheit der Patientin wissentlich auf‘s Spiel gesetzt? Konkret äußern möchte sich die KVSA dazu nicht. „Die Beschwerde ist uns bekannt und wird überprüft. Je nach Ergebnis der Überprüfung werden wir Konsequenzen ziehen. Bisher ergibt sich dies nicht“, teilt KVSA-Sprecherin Heike Liensdorf mit.

Hätte die Mitarbeiterin der Bereitschaftsdienstzentrale bei der KVSA den Bürger an die 112 verweisen oder selbst aktiv werden müssen beziehungsweise einen Rettungswagen rufen müssen? „Das hängt von den im Telefonat erhobenen gesundheitlichen Beschwerden ab. Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist für Patienten verfügbar, die nicht lebensbedrohlich erkrankt sind, dennoch mit ihren Beschwerden nicht bis zur nächsten regulären Sprechstunde warten können“, erklärt Liensdorf lediglich.

„Die Alarmierung geeigneter Rettungsmittel (unter anderem Rettungstransportwagen) obliegt den Integrierten Leitstellen der jeweiligen Landkreise, die unter der 112 erreichbar sind.“ Die KVSA kann auch nicht sagen, ob Tobias Kuske gleich die 112 hätte anrufen müssen, da die Daten der einzelnen Fälle natürlich vertraulich behandelt werden.

Tobias Kuske hat noch eine telefonische Rückmeldung bekommen. Der Abteilungsleiter der Kassenärztlichen Vereinigung rief ihn zurück. Wirklich zufrieden ist er aber nach dem Gespräch nicht. Er hatte sogar überlegt, eine Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung zu erstatten. Davon hat er aber mittlerweile Abstand genommen. „Bringt ja doch nichts“, sagt er.

Ihm bleibt nur die Hoffnung, dass seine Mama wieder gesund wird. „Sie hat wieder gut aufgebaut“, sagt Kuske. Am Freitag wurde sie dann auch von der Intensivstation auf eine normale Station verlegt. Mittlerweile klingt Tobias Kuske ruhig. Er ist froh, dass es seiner Mutter etwas besser geht. Von der KVSA habe er aber nichts mehr gehört.