Hitze Was halten Gemeinden von Kirchen als Kühlräume?
Die Regierung ist besorgt. Nachdem im Winter Wärmehallen ins Gespräch gebracht wurden, regt Gesundheitsminister Karl Lauterbach nunmehr Kirchen als Kälteräume an.

Staßfurt - Die Hitze macht gerade Pause bei uns. Und Staßfurter Abiturienten, die am Mittwoch von der spanischen Mittelmeerküste zurückkehrten, berichteten von um die 30 Grad Celsius während ihrer fünftägigen Abifahrt. Sie hatten offensichtlich nicht so sehr mit den Temperaturen zu kämpfen, wie die Daheimgebliebenen mit 35 Grad am vergangenen Sonnabend.
40 von 210 Kirchengebäude der Landeskirche Anhalt regelmäßig geöffnet
Aber der Sommer ist eben längst nicht vorbei, tropische Temperaturen nach den Erfahrungen der letzten Jahre wieder zu erwarten. Lauterbach rennt mit seiner Idee, Kirchen als Kälteräume anzubieten, die sprichwörtlich offenen Türen ein. „In der Sommerzeit sind über 40 der insgesamt 210 Kirchengebäude in der Evangelischen Landeskirche Anhalts regelmäßig geöffnet“, berichtet deren Pressesprecher Johannes Killyen.
Er verweist aber auch darauf, dass rund 95 Prozent der Kirchen wertvolle Denkmäler seien. „Sind sie nicht regelmäßig geöffnet, so gibt es oft die Möglichkeit, sie auf Anfrage aufschließen zu lassen.“ Einen Überblick über die Öffnungszeiten der Kirchen und weitere Informationen für Sachsen-Anhalt und Thüringen biete die Seite www.kirchenlandkarte.de.
Personell nicht machbar
„Es müsste schon jemand vor Ort sein“, meint Martin Bruchmüller, Vorsitzender des Gemeindekirchenrats von St. Vitus Güsten-Osmarsleben mit Blick auf das Inventar des über 400 Jahre alten Gotteshauses in Güsten. „Nicht dass es womöglich Beine bekommt“, befürchtet Bruchmüller und sieht die Gemeinde nicht in der Lage, eine generelle Öffnung der Kirche personell absichern zu können.
„Auf die Schnelle geht das nicht“, sagt auch Gemeindesekretärin Christiane Schenk nach Absprache mit den Gemeinden in Güsten, Hecklingen und Leopoldshall. „Sollte es akut werden, würde man aber sicher eine Lösung finden.“
In Neundorf sind momentan die Türen von St. Petri und Pauli offen. „Weil wir die Restauratoren drin haben“, nennt die hiesige Kirchenratsvorsitzende Ines Matthes den Grund. Man habe jedenfalls noch keinen Bedarf gespürt, dass die Leute sich abkühlen wollten. Wenn das der Fall wäre, würde man natürlich auch außerhalb der Gottesdienste oder Veranstaltungen die Türen öffnen.
Kirchenrats-Chefin: Und nicht alle hätten ein WC
Aber auch Ines Matthes sieht nur begrenzte Möglichkeiten bezüglich der Sicherheit. „Und nicht alle hätten auch ein WC“, spricht sie einen weiteren Aspekt an, der Beachtung finden müsste für einen längeren Aufenthalt von Personen. Egal in welchen Räumlichkeiten.
Lauterbachs Idee ist auch von der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands weitergetragen worden, sagt der Falkensteiner Pfarrer Georg Schmidt. Neu ist die Idee für ihn nicht: „Wir haben dazu im vergangenen Jahr bereits eine kleine Erfahrung gesammelt“, sagt er und erinnert sich an einen der sehr heißen Tage des letzten Sommers, an dem die Sixtus-Kirche in Ermsleben geöffnet wurde: „Wir haben Kaffee und kühle Getränke bereitgestellt und die Menschen eingeladen, das in Anspruch zu nehmen. Einige wenige haben das getan, viele andere waren vielleicht im Freibad oder haben auf andere Weise Abkühlung gefunden.“ Doch zumindest habe man so eine kleine Felderfahrung gesammelt und stehe der Idee grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. „Wir haben aber explizit keinen eigenen Plan.“
Stadt verweist auf Internetseite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung
Im Winter war das Thema öffentliche Wärmestuben hochgekommen. Jetzt also Kühlräume... In der Verwaltung der Stadt Staßfurt gibt es noch keine Überlegungen bezüglich Kühlraum-Angebote. „Wir verfolgen die aktuelle Berichterstattung und nehmen Hinweise der Verbände in unsere Überlegungen auf“, heißt es auf Nachfrage am Donnerstag aus dem Rathaus. „Aufschlussreich, verständlich, übersichtlich gestaltet und empfehlenswert ist die Internetseite www.klima-mensch-gesundheit.de , die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung betrieben wird“, empfiehlt die Stadtverwaltung noch. Dort gebe es „nützliche Tipps rund um das Thema Hitzeschutz sowie Hilfe zur Selbsthilfe“.