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Rettungsdienst Wenn es im Salzland um Leben und Tod geht: Können mobile Retter schneller sein?

23.04.2021, 13:53

Staßfurt/Schönebeck am/vs

Um den Rettungsdienst beim Einsatz in Notsituationen zu unterstützen, sollten mobile Rettungshelfer die bestehenden Strukturen ergänzen. Diesen Vorschlag hat jetzt die Barmer-Krankenkasse unterbreitet. Sie hat Landkreise und kreisfreie Städte im Land aufgerufen, auf das Konzept der Mobilen Retter zu setzen und so die Rettungskette zu ergänzen.

„Sachsen-Anhalt ist ein Flächenland. Und dass es da in verschiedenen Landesteilen manchmal schwierig ist, die gesetzlichen Rettungsfristen einzuhalten, ist hinlänglich bekannt“, erklärte Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Krankenkasse in Sachsen-Anhalt. „Uns treibt als Krankenkasse die Frage um: Wie kann man rechtzeitig Menschen in einem akuten Zustand helfen und das vielleicht sogar schneller als in den vorgegebenen Fristen?“ Eine flächendeckende Einführung der Mobilen Retter sei eine gute Möglichkeit, die zeitlichen Lücken zwischen dem Absetzen des Notrufs und der professionellen Erstversorgung zu schließen, so Wiedemann.

Schon 30 Mal

Mehr als 50.000 Menschen in Deutschland erleiden laut Barmer jedes Jahr einen Herz-Kreislauf-Stillstand außerhalb eines Krankenhauses. Doch nach der Wahl des Notrufs dauert es oft zu lange, bis Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden.

Die Leitstelle in Osnabrück setzt nach Barmer-Angaben bereits seit 2017 auf das Konzept der Mobilen Retter. 30 Kommunen sind bundesweit dabei.

Der Salzlandkreis reagierte verhalten auf den Vorstoß. „Vorschläge, wie das Rettungswesen verbessert werden kann, sind stets willkommen. Allerdings sehen wir es als unsere vorrangige Aufgabe an, bei der Einhaltung der Rettungsfristen noch besser zu werden, indem wir die bestehenden Strukturen weiter ausbauen“, erklärte Pressesprecher Marko Jeschor auf eine Volksstimme-Anfrage zur Barmer-Initiative. „Nur so ist aus unserer Sicht eine jederzeit qualitativ hochwertige Erstversorgung im Notfall gewährleistet. Was dazu notwendig ist, dazu hatten wir in der Vergangenheit auch im Kreistag auf Grundlage einer umfangreichen Analyse ausgeführt.“

Fristen einhalten

12 Minuten dürfen höchstens vergehen, bis ein Rettungswagen in Sachsen-Anhalt am Einsatzort eintrifft. Erreicht werden soll dieser Wert in 95 Prozent aller Fälle.

Im Salzlandkreis waren 2019 Rettungswagen in 86,61 Prozent der Einsätze innerhalb der gesetzlichen Frist am Einsatzort. Das liegt deutlich unter der Vorgabe. Der Notarzt war im Salzland in 96,90 Prozent der Einsätze innerhalb der Frist vor Ort. Landesweit ein guter Wert.

„Mobile Ersthelfer stellen insofern eine sinnvolle Ergänzung dar, wenn die originären Aufgaben erfüllt sind“, erläuterte Jeschor. „Sie sollten zugleich nicht als Argument dienen dürfen, um etwaige Kosten senken zu wollen. Bedenken sollte man zudem, dass für die Etablierung von neuer beziehungsweise zusätzlicher Strukturen wie die genannten zusätzliche Aufwendungen und damit Kosten entstehen.“

Rettungskette bilden

Wie soll das Ersthelfer-Prinzip funktionieren? Notarzt oder Rettungsdienst treffen durchschnittlich nach neun Minuten am Einsatzort ein. Um den Betroffenen schneller zu helfen, setzt der Verein Mobile Retter auf medizinisch qualifizierte Ersthelfer, die sich zufällig gerade in der Nähe des Einsatzortes befinden: Rettungsdienstpersonal, Notärzte, Ärzte, Feuerwehrkräfte, Mitarbeiter des THW und der DLRG, Krankenpfleger, Medizin-Studenten oder Arzthelferinnen. Sie werden von der Leitstelle nach Wahl des Notrufs 112 durch die GPS-Komponente ihrer Smartphones geortet und automatisch per App parallel zum Rettungsdienst alarmiert.

„Sie sollen den Rettungsdienst nicht ersetzen, sondern ergänzen, da sie allein durch die örtliche Nähe oft schneller am Einsatzort sein können als der Rettungsdienst. Wir helfen dem Zufall auf die Sprünge“, erklärt Stefan Prasse, Geschäftsführer des Vereins Mobile Retter in einer Mitteilung. „Unsere durchschnittliche Eintreffzeit liegt bei viereinhalb Minuten – die Ersthelfer können damit viel schneller mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen als der Rettungsdienst. Die Rettungskette wird somit gestärkt, ohne dass eine Änderung an der bisherigen etablierten Struktur des Rettungsdienstes vorgenommen wird.“

Prasse wünscht sich laut der Mitteilung, dass künftig auch in Sachsen-Anhalt flächendeckend auf die Mobilen Retter gesetzt wird. Sein Verein unterstützt die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Implementierung des Systems sowie der Organisation und Bindung der Ersthelfer. „Es ist wichtig, dass die verschiedenen Akteure – Landkreis, Leitstelle, Feuerwehr, Hilfsorganisationen – hier zusammenarbeiten“, so Prasse.