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Strafprozess Wie Radlader spurlos verschwinden

Ein Angeklagter aus Staßfurt muss vor Gericht erklären, wo der Radlader gelieben ist, den er ausgeliehen hat.

14.10.2020, 23:01

Staßfurt/Aschersleben l Es handelt sich nicht etwa um eine Stecknadel oder einen Ring, der spurlos verschwunden sein soll. Sondern es soll ein Radlader gewesen sein, der wie vom Erdboden verschluckt wurde.

Das sagt zumindest ein 30-jähriger Mann aus einem Staßfurter Ortsteil aus, der sich aktuell einem Strafprozess am Amtsgericht Aschersleben unterziehen muss. Der Tatvorwurf lautet Unterschlagung, worauf bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder Geldstrafe stehen.

So groß wie der Radlader gewesen sein muss, so hoch war auch sein Wert: 37 636 Euro soll das gute Stück nach Angaben des Besitzers kosten.

Die Geschichte dazu trug sich im April dieses Jahres zu. Bei einer Firma in Staßfurt, die Baumaschinen vermietet, hat sich der junge Angeklagte den Radlader an einem Mittwoch ausgeliehen. Zurückgeben sollte er ihn bis zum folgenden Montag. Dazu hat er auch Name und Anschrift bei der Firma hinterlassen.

„Ich habe mir den Radlader ausgeliehen, um in Schneidlingen Holz in meinem Garten abzufahren“, erklärt der Staßfurter vor Gericht. Nach dem Arbeitseinsatz habe er den Radlader zu sich nach Hause gebracht – vor die Tür gestellt in dem Staßfurter Ortsteil, in dem er wohnt. Danach will er wieder in seinen Garten nach Schneidlingen gefahren sein und dort bis Sonnabend übernachtet haben.

Wie ist er dorthin gekommen, will Richter Robert Schröter bei der Verhandlung wissen. Gefahren hat ihn seine Schwester, sagt der Angeklagte. Im Moment hat er ja gerade eine Bewährungsstrafe wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis laufen.

„Der Radlader stand nicht mehr da, als ich Sonnabend nach Hause kam“, sagt der Angeklagte vor Gericht aus. Und wo war der Schlüssel, will der Richter wissen. Der sei auch weg gewesen, erklärt der junge Mann. „Den hatte ich in meinen Briefkasten geworfen, der war dann offen.“

Warum hat er den Schlüssel in seinen Briefkasten geworfen? Nur zur Sicherheit, falls es ihm nicht gut gehe, sagt der Angeklagte. Er sei ja manchmal auch etwas vergesslich.

Als er dann am Sonnabend bemerkt haben will, dass der Radlader nicht vor seiner Tür stand, sei er gleich zu der Firma gegangen, wo er den Radlader geliehen hatte. „Ich dachte, die haben sich den Radlader geholt“, sagt der Angeklagte.

Warum er keine Anzeige bei der Polizei gemacht habe, wenn ihm etwas gestohlen wurde, fragt der Richter. „Ich dachte, die Firma hätte eine Anzeige gemacht.“

Dass sich der Angeklagte bei der Firma gemeldet hat, kann ein Mitarbeiter nicht bestätigten. Der sagt als Zeuge vor Gericht aus, er hätte den Angeklagten angerufen – nämlich am Montag, als der nächste Kunde den Radlader ausleihen wollte, aber weder Fahrzeug noch Schlüssel da waren. Rund um die Uhr, auch am Wochenende, können die Leihmaschinen abgegeben und die Schlüssel in den Briefkasten geworfen werden.

Der Mitarbeiter der Firma kann aber etwas zur letzten Ortung des Fahrzeugs durch die Firma sagen: Einen Tag nach dem Ausleihen durch den Angeklagten sendete der Radlader sein letztes Signal – von woanders, einem Weg zwischen Tarthun und Unseburg.

Ob er am GPS herumgespielt habe, fragt Richter Schröter den Angeklagten. „Nein.“

Und woher hatte er eigentlich das Geld für eine Kaution von 600 Euro und die Tagesmiete, die ungefähr bei 100 Euro liegt? Immerhin lebt er ja von Hartz IV. „Mein Vater hat was dazu gegeben“, sagt der Angeklagte. Immerhin sollte das Holz aus dem Garten ja auch der Vater bekommen.

Der Auszug aus dem Strafregister des Angeklagten listet unterdessen gefährliche Körperverletzung, Urkundenfälschung und mehrmals Fahren ohne Fahrerlaubnis auf.

Nun bringt sein Pflichtverteidiger noch einen Vorschlag, der auf den ersten Blick nicht förderlich für den Angeklagten erscheint: Es gäbe einen Zeugen, den der Angeklagte gefragt haben soll, ob er ihm beim Ausbauen der GPS-Trackerbox des Radladers hilft. Diesen Zeugen müsse man noch befragen. Auch die Schwester des Angeklagten könnte noch etwas beitragen.

Der Richter gibt zu Bedenken: Der Angeklagte soll sich bis zum Fortsetzungstermin Ende Oktober überlegen, ob er seine Schwester wirklich in die Sache mit hineinziehen wolle.