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Straffrei Trennung warf Mann aus der Bahn

Mehrere Verfahren gegen einen 39-jährigen Stendaler wurden vom Landgericht eingestellt. Er muss lediglich 500 Euro zahlen.

Von Wolfgang Biermann 25.11.2015, 23:01

Stendal l Dass er aus eigenem Antrieb eine Lebenskrise gemeistert und sich offensichtlich ohne Zutun anderer Personen neue Perspektiven eröffnet hat, honorierte das Amtsgericht in der Vorwoche einem 39-jährigen Stendaler mit der Einstellung mehrerer Verfahren gegen Zahlung von 500 Euro an einen gemeinnützigen Verein. Bei den Tatvorwürfen ging es um eine angebliche Drogenfahrt mit einem Auto und zugleich um das Führen einer geladenen Schreckschusspistole am 29. Juni 2014 ohne sogenannten kleinen Waffenschein sowie um das Führen eines sogenannten Elektro-Scooters ohne Pflichtversicherung.

Zugute kam dem Angeklagten, dass wohl ein Teil der Anklagen, der ins Ordnungswidrigkeitenrecht fällt, schon verjährt sei, wie der Strafrichter befand. Blieb letztlich für den einmal wegen Trunkenheit im Verkehr vorbestraften 39-Jährigen nur das Fahren ohne Pflichtversicherung und das Führen der an sich erlaubten Schreckschusswaffe ohne Waffenschein. Die Trennung von seiner langjährigen Lebensgefährtin habe ihn aus der Bahn geworfen und ihn zu legalen (Alkohol) und illegalen (Cannabis, Amphetamine, Speed, Crystal) Drogen geführt.

„Das ging nicht mehr so weiter. Meine Kollegen auf Arbeit haben meinen Leistungsabfall bemerkt. Ich litt unter Verfolgungswahn.“ Darum auch die Pistole. Er habe jetzt zwei Entgiftungen hinter und eine Langzeittherapie vor sich. Sein Arbeitgeber halte ihm die Stelle so lange frei. Er wolle aber innerhalb der Firma an einen anderen Standort ziehen, weg von Stendal und den „alten Freunden.“

Mit dem schnellen Zweirad, eine Art Motor betriebener Tretroller, war der Angeklagte einer Funkstreife aufgefallen, die ihn am 14. April dieses Jahres im Stendaler Villengebiet bis zu seiner Haustür verfolgte – mit bis zu 25 km/h. Ab 6 km/h herrsche in Deutschland Versicherungspflicht, belehrte der Strafrichter, der sich ansonsten vom sogenannten Nachtatverhalten des Angeklagten angetan zeigte. De 39-Jährige sagte, das nicht gewusst zu haben.

„Es ist wichtiger, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen, als eine Strafe auszuurteilen“, regte der Richter eine Verfahrenseinstellung an. Er stieß damit bei der Staatsanwältin auf offene Ohren. „Wann hat man denn schon mal derart positive Ansätze“, zeigte sie sich einverstanden.

Mit der Zahlungsauflage von 500 Euro habe er laut Richter einen „deutlichen Bonus“ erhalten. Ein Urteil – und damit eine Strafe – wäre mindestens doppelt so teuer geworden. Und er hätte eine zweite Vorstrafe in seinem Register, hieß es zum Schluss vonseiten des Gerichts.