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Angeklagter zahlt Erpressung: Gericht stellt Verfahren ein

Statt verurteilt zu werden, muss ein Kaufmann 1000 Euro für einen gemeinnützigen Zweck zahlen.

Von Wolfgang Biermann 04.12.2015, 23:01

Tangermünde l Um Erpressung von zwei Geschäftsführern einer mittelständischen Firma in Tangermünde ging es jüngst in einem Prozess am Amtsgericht. Ein aus Sachsen stammender selbständiger Kaufmann, der im Auftrag einer im Land Brandenburg ansässigen Leasingfirma angeblich bestehende Zahlungsforderungen eintreiben sollte, war angeklagt, mittels Drohung die Tangermünder Unternehmensführung zur Zahlung von 4000 Euro in zwei Raten erpresst zu haben. Ausgangspunkt waren durch die Tangermünder Firma geleaste und nach Vertragsende angeblich nicht zurückgegebene und somit unterschlagene Betriebsmittel im sechsstelligen Euro-Bereich.

Am Ende des Prozesses stand indes kein Urteil. Auf Vorschlag der Staatsanwaltschaft stellte das Gericht nach mehrstündiger Verhandlung das Verfahren gegen Zahlung von 1000 Euro durch den Angeklagten an einen gemeinnützigen Verein ein. Zivilrechtlich ist die Sache auch erledigt. Die Leasingfirma und die Tangermünder Firma haben nach längerem Rechtsstreit, der bis zum Oberlandesgericht (OLG) Naumburg führte, einen Vergleich geschlossen.

Die Tangermünder sahen sich im Recht, die Leasingfirma auch. Das OLG folgte am 30. September den Argumenten der Leasingfirma und verurteilte die Tangermünder Firma zur Herausgabe der geleasten Betriebsmittel. Die Tangermünder zahlen gemäß einem nach dem Urteil mit den Leasinggebern geschlossenen Vergleich 150 000 Euro. Das sagte einer der angeblich erpressten Geschäftsführer als Zeuge aus.

Er war es auch, der die Tatvorwürfe gegen den Angeklagten relativierte. Als Erpressung hätte er dessen Forderung nach 4000 Euro nicht wirklich angesehen. Der Angeklagte habe für seine Auftraggeber, die ihn „unter falschen Voraussetzungen“ in die Altmark geschickt hatten, wohl „Druck aufgebaut“. Man habe mit der Zahlung der 4000 Euro aber nur „Luft bekommen“ wollen. Das sei für ihn akzeptabel gewesen, so der Zeuge weiter.

In der Anklageschrift war die Rede davon, dass der Angeklagte mit „Störung des Geschäftsbetriebes“ bis hin zur Insolvenz gedroht hätte, die der Tangermünder Firma „das Genick brechen“ würde. Der Angeklagte hatte die 4000 Euro in seiner Einlassung als eigenen Mehraufwand für ihm entstandene Kosten für Sachverständige zur Begutachtung der geleasten Betriebsmittel deklariert. Weil seine Auftraggeber ihm den Mehraufwand nicht ersetzt hätten, habe er die 4000 Euro von der Tangermünder Firma gefordert, sie aber nicht erpresst.