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Krebs-Kochstudio Wenn der Geschmack verloren geht

Eine zentrale Rolle während und nach einer Krebserkrankung spielt die Ernährung. In Stendal fand dazu ein Kochstudio statt.

Von Anne Toss 23.04.2016, 01:01

Stendal l Petra Stock formt mit feuchten Händen Frikadellen aus einer Zucchinimasse – sogenannte falsche Frikadellen. „Für mich ist das eine Premiere“, sagt Stock mit Blick auf die grüne Masse in ihren Händen, „aber man braucht ja eben auch mal neue Ideen.“ Flink landen die kleinen Buletten in einer Pfanne mit heißem Fett, werden von beiden Seiten angebraten. Die Zwiebelwürfel aus der Masse verströmen einen herzhaften Geruch. „Das Schönste ist ja immer die Verkostung am Ende“, sagt Stock und lacht.

So wie Petra Stock stehen noch neun weitere Teilnehmer in der Lehrküche der Berufsbildenden Schulen in Stendal. Bei dem Kurs „Gesund mit Genuss –Kochstudio für Krebsbetroffene“ holen sie sich Tipps und Inspirationen, lassen sich rund um das Thema Ernährung bei Krebs beraten. Das Projekt wird seit fünf Jahren von der Sachsen-Anhaltischen Krebsgesellschaft (SAKG) angeboten und die Nachfrage ist groß.

„Patienten, die die Diagnose Krebs erhalten haben, haben gerade zu Beginn der Krankheit einen erhöhten Energiebedarf“, sagt Silke Zur, Diätassistentin bei der Firma Strehlow in Magdeburg. Um zu verhindern, dass ein Gewichtsverlust einsetze oder sogar Muskelmasse abgebaut werde, ist daher eine Ernährungsberatung unabdingbar. Das Kochstudio richtet sich allerdings auch an Angehörige, die zum Beispiel Krebspatienten pflegen. „Durch die Chemotherapie kann eine Geschmacksveränderung eintreten oder sogar der Geschmackssinn zeitweise verloren gehen“, erklärt Zur, „daher ist es wichtig, auch den Angehörigen mit Tipps und Rat zur Seite zu stehen, da sie ja oft für die Betroffenen kochen.“

Anfangs bespricht Silke Zur mit den Teilnehmern Ernährungsempfehlungen bei einer Krebserkrankung. Ein Punkt ist dabei auch „Superfood“ – Produkte wie Chia-Samen, die suggerieren, dass sie heilende Kräfte auf den Organismus hätten, und zudem recht teuer sind. „Ich rate, auf die Qualität zu achten und heimische Alternativen nicht zu vergessen“, sagt Zur. So könne man Gojibeeren durch Johannisbeeren ersetzen und Acaibeeren beispielsweise durch Blaubeeren.

Im praktischen Teil werden dann acht verschiedene Gerichte von den Teilnehmern in Kleingruppen zubereitet. Ein Möhren-Linsen-Salat ist ebenso dabei wie ein Sanddorn-Power-Shake oder eine Gemüse-Kokos-Suppe. Nicht alle Teilnehmer sind restlos von den Rezepten überzeugt: „Ob ich das mit dem Kokos mag, weiß ich noch nicht“, sagt ein Teilnehmer und schaut kritisch in den Topf, in dem die Kokosmilch zusammen mit Gemüsefond vor sich hin köchelt.

Bei der Verkostung in entspannter Runde kann dann jedes Gericht probiert werden. Die Reaktionen sind durchaus positiv. Und auch die Kokos-Suppe konnte einen Fan mehr für sich gewinnen: „Da kann man sich dran gewöhnen“, war die Aussage, nachdem die Suppenschale leergelöffelt war.