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Kino Warum die Altmark sein Paradies ist

Mit "Return to Eden" will Produzent Marijn Poels erneut provozieren. Die Weltpremiere fand im Uppstall-Kino in Stendal statt.

Von Sarah Klas 10.09.2020, 05:00

Stendal l Als Marijn Poels über die Altmark spricht, funkelt es in seinen Augen. Wenn der Niederländer auch nicht hier aufgewachsen ist, so ist Grünenwulsch bei Grassau doch seine Heimat – seit drei Jahren. „Ich kann mir nicht vorstellen, nochmal wegzugehen. Hier habe ich einen Platz gefunden, an dem ich meine Familie habe und wo alles schön ist“, schwärmt der 45-Jährige kurz vor der Weltpremiere seines neuen Films. Denn genau darum geht es im finalen Teil seiner Dokumentarfilm-Trilogie „Return to Eden“. Nicht um die Altmark selbst – die spielt neben den Schauplätzen in Afrika, Amerika und den Niederlanden nur eine untergeordnete Rolle –, aber um die Besinnung darauf, wo wir eigentlich herkommen.

Die Dokumentation wurde am Dienstagabend im Uppstall-Kino gezeigt. Zwei Vorstellungen liefen zeitgleich: Eine für allgemein Interessierte, eine zweite für den Rotary Club Stendal, für den Produzent Marijn Poels im Anschluss Rede und Antwort stand.

Antworten musste Poels nach der Vorstellung viele geben. Denn sein Film hat provoziert. Genau das, was er mit seiner Trilogie bewirken wollte. „Ich bin Dokumentarfilme-Macher, um Leute wachzurütteln. Natürlich bekomme ich auch immer Gegenwind. Aber ich will mit meinen Filmen Diskussionen anstoßen“, beteuert der unabhängige Produzent.

Worum es im Film geht? Um Landwirtschaft, um Böden, um Natur und wie wir alles zusammen mit fortschreitender Technisierung vereinnahmen. Auch wenn die Themen im Film überwältigend groß wirken, so sind es eigentlich die kleinen Dinge, die der Produzent gemeinsam mit seinem Kameramann Volker Schmidt zeigen möchte. Poels ist klar, dass er die Welt nicht mit der Lösung komplexer Probleme retten kann. „Ich mache Filme, die Leute klatschen und was passiert dann? Deshalb stelle ich mir die Frage, die ich auch an mein Publikum weiter gebe: ‚Wie kann ich meine kleine Welt verändern?‘ Die Welt fängt im eigenen Zimmer, in der Familie oder im Garten an“, ermutigt er.

Laut ihm selbst stelle Poels in seiner Dokumentation keine komplexen Fragen, aber fundamental wichtige. Wie schaffen wir es, dass alle Menschen überall Essen haben? Wann sollten wir Technik nutzen und wann zur Natur zurück finden? All‘ das bringt ihn zur Kernfrage: Was bedeutet der Garten Eden, also das Paradies, eigentlich? Und haben wir es nicht schon längst verlassen?

Die Frage nach dem Garten Eden lässt sich der freie Dokumentarfilme-Macher von Pastor Stefan Kemper-Kohlhase in seiner Kapelle in Kläden erklären. Der Pastor appelliert an ein verstärktes Umweltbewusstsein.

Poels persönlicher Garten Eden liegt hier in der Altmark: „Mein Paradies ist Zuhause. In Grünenwulsch. Das ist mein Garten Eden mit Pflaumen- und Apfelbäumen. Dort bin ich der Schöpfer meines eigenen Lebens.“ Es sind Sätze wie diese, die das Gesagte des Produzenten nachvollziehbar werden lassen. Ihm geht es darum, Veränderungen bei sich selbst zu beginnen, für sich selbst zu sorgen. Weg von Globalisierung, hin zu lokaler naturbelassener Landwirtschaft.

In „Return to Eden“, der nach etwa einem Jahr kurz vor Corona fertig gedreht wurde, spricht der Niederländer mit Bauern aus der Altmark, Ägypten und Californien. Sie wissen, wie die landwirtschaftliche Realität an den unterschiedlich beschaffenen Standorten aussieht. Außerdem kommen Wissenschaftler zu Wort, ein modernes Unternehmen aus Amsterdam zeigt, wie saftige, geschmacklich intensive Tomaten aus Betonboden wachsen. Und schließlich trifft Poels Menschen, die andere Fragen stellen als der „Mainstream“. Systemkritiker mit ihren eigenen Theorien, was „die da oben“ planen. Filmpassagen wie diese, gepaart mit provokanten Cartoon-Sequenzen, die Greta Thunberg vom Heldenpodest heben, stimmen die Zuschauer kritisch.

Eine Frage stellt sich im Gespräch mit Marijn Poels, jenem Filmproduzenten, der sein Herz an die Altmark verloren hat: Zählt dieser Mann zum Lager der Verschwörungstheoretiker oder hat er einfach seinen eigenen Weg gefunden, andere mit seiner Kunst aufzuwühlen.

Ganz im Sinne der Natur erklärt er sein Verständnis einer intakten Gesellschaft anhand des Pilzsystems im Wald: „Die unterirdischen Pilzsysteme nähren die Bäume im Wald. Sie halten die Balance dort, sind aber total chaotisch. Dieses Pilzsystem sind wir. Vielfältig, divers, chaotisch. Aber wir halten das System in Balance.“ Damit das funktioniert, sollten wieder mehr Fragen gestellt werden. Poels macht ganz deutlich: „Ich sage nicht, was wir machen sollen. Ich stoße nur Fragen an. Wenn ich es mit meinen drei Filmen geschafft habe, dass Leute wieder mehr Fragen stellen, dann bin ich zufrieden.“

Wer sich eigene Fragen zum Film stellen möchte, hat dafür ab dem 17. September auf Youtube die Gelegenheit. Wegen der Corona-Einbußen wird der Film in Kinos nicht gespielt. Nächste Projekte zum Thema Landwirtschaft werden folgen. Das Uppstall-Kino in Poels Heimat wird auch dann wieder Ort der Weltpremiere sein.