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Altmark-Theater Vollblut-Theaterfrau mit großem Wissensdurst

Seit gut einem Jahr ist Annekatrin Schuch-Greiff Dramaturgin am Stendaler Theater.

Von Donald Lyko 30.07.2016, 01:01

Stendal l Fürs Ballett, das gibt Annekatrin Schuch-Greiff gern zu, war sie als Mädchen unbegabt. Darum schickten ihre Eltern sie zur Sprecherziehung am Zeitzer Theater. Und recht schnell hatte sie ihren ersten Auftritt. „Damals war ich acht Jahre alt“, erinnert sich Annekatrin Schuch-Greiff, seit gut einem Jahr Dramaturgin am Theater der Altmark. Aus dem Hobby wurde eine Ausbildung zur Bühnensprecherin. Fast jedes Wochenende trat sie in Zeitz und Umgebung auf, bei Jugendweihen, Chorkonzerten, Festveranstaltungen. Nach einer staatlichen Prüfung im Bereich „künstlerisches Wort“ als Sprecherin, Moderatorin und Rezitatorin bekam sie für ihre Auftritte Gage und durfte sich professionelle Sprecherin nennen – damals hatte sie das Abitur noch vor sich.

Dass sie beruflich zur Bühne wollte, „das war schon immer klar“. Das wussten auch die Verantwortlichen am Zeitzer Theater und schufen eine zusätzliche Stelle für sie – als Dramaturgieassistentin. Sie probierte sich aus, bekam viele Ratschläge und sehr viel Hilfe. „Es war quasi eine Ausbildung, learning by doing.“ Und sie wollte noch mehr lernen, wollte alles kennenlernen, was es am Theater gibt. „Ich hatte gemerkt, dass mich Regie noch viel mehr interessiert.“ Sie bewarb sich an mehreren Häusern als Regieassistentin, in Eisenach wurde sie genommen – kurz vor dem Mauerfall. „Das war richtig gut, noch einmal eine richtig fundierte Ausbildung von der Pike auf.“ Ihre erste Inszenierung war Telemanns musikalisches Lustspiel „Pimpinone“. Vier Jahre blieb sie in Eisenach. Dann wollte sie „noch einen Schritt weiter gehen“. Gemusst hätte sie nicht, gewollt hat sie aber. Sie ging als Regieassistentin nach Münster. Dort arbeitete sie mit Dietrich Hilsdorf zusammen, besonders in den 1980er Jahren einer der namhaftesten deutschen Regisseure. „Er hat mich wirklich geprägt.“

Und dann kam wieder der Punkt, an dem Annekatrin Schuch-Greiff für sich entschied: Ich will noch viel mehr lernen und wissen. So wie ihr Mann Ulrich Greiff, auch Regisseur, dessen umfangreiches Allgemeinwissen sie immer wieder begeistert. Weil „ein Studium der Theaterwissenschaften für mich keinen Sinn mehr hatte“, dachte sie über ein Geschichts- oder Germanistikstudium nach, entschied sich für Rechtswissenschaften an der Uni Frankfurt/Main. Rechtsphilosophische Semiotik, der Umgang mit Sprache, hat sie fasziniert, Rechtsphilosophie und Rechtspsychologie sehr interessiert. Sie ging den kompletten Weg inklusive Rechtsreferendariat, obwohl immer klar war: „Ich wollte keine Juristin werden.“ Sie wollte zurück zum Theater, „das war immer mein Beruf“. Mit Inszenierungen im Studententheater blieb sie der Bühne treu, als Sprecherin stand sie weiterhin auf der Bühne.

Nach der Heirat stellte sich die Frage: Wo bauen wir unser gemeinsames Zelt auf? Ulrich Greiff lebte damals in Wuppertal, sie in Frankfurt. Wäre eine Wohnung bezahlbar gewesen, hätte es die Mainmetropole werden können. Aber es wurde Eisenach. „Dort fühlen wir uns beide wohl.“ Ihr Mann arbeitete dann freiberuflich als Regisseur, sie streckte wieder die Fühler aus – und ging beruflich zurück in die alte Heimat Zeitz. 2005 inszenierte sie die Eröffnungspremiere für das Neue Theater. Es folgten Jahre, in denen sie freiberuflich als Regisseurin und als juristische Ghostwriterin arbeitete, dann kam eine Anstellung als Pressedramaturgin am Landestheater Eisenach. Vier Jahre gingen ins Land, am Landestheater unter anderem mit dem Verfassen von Programmheften.

Aber ihr Herz gehört der Bühne. Sie trat wieder mehr als Sprecherin auf (unter anderem auf der Wartburg), arbeitete freiberuflich, hauptsächlich Schreibjobs. „Dabei hat mir der menschliche berufliche Kontakt gefehlt. Ich brauche Kollegen.“ Sechs Dramaturgen-Stellen in Deutschland waren zu dieser Zeit ausgeschrieben, „in Stendal hat es sofort geklappt. Es war sofort eine Chemie da.“

Seit der verganenen Spielzeit gehört sie dazu. Für die neue Spielzeit betreut sie dramaturgisch unter anderem die Eröffnungspremiere „Don Carlos“, hat mit dem Regisseur die Stendaler Stückfassung, das Konzept, vorbereitet. Dazu gehört auch, den für fünf Stunden reichenden Schiller-Stoff einzukürzen nach der Frage: Was wollen wir erzählen?

Und dann ist sie bei Ferdinand von Schirachs „Terror“ dabei, das im Amtsgericht in einem Gerichtssaal aufgeführt wird. Wie schon bei „Kohlhaas“ in der vergangenen Spielzeit eine Inszenierung, bei der Annekatrin Schuch-Greiff ihre juristische Ausbildung sehr zu pass kommt.

Die Frage, ob denn noch Zeit für ein Hobby bleibt, beantwortet die Dramaturgin lächelnd: „Mein Hobby ist wirklich das Theater.“