1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Flüchtlingsheim: Wie geht‘s weiter?

Asylpolitik Flüchtlingsheim: Wie geht‘s weiter?

Die Volksstimme beantwortet die wichtigsten Fragen zu dem Stendaler Großprojekt Landesaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge.

Von Bernd-Volker Brahms 17.11.2018, 00:01

Stendal l Obwohl die Ankündigung für den Bau einer Flücht- lingsaufnahmeeinrichtung in Stendal vor mehr als drei Jahren erfolgte, ist bisher auf dem Gelände an der Gardelegener Straße noch nicht viel sichtbar. Rund 30 Millionen Euro sollen ausgegeben werden. Vor einer Woche wurde ein Beschluss zum Haushalt in Magdeburg noch einmal auf Eis gelegt. Nicht zuletzt der Bund der Steuerzahler, der in seinem Schwarzbuch der Steuersünder das Projekt aufführt, hat für Diskussionen gesorgt. In zwei Wochen hat der Finanzausschuss des Landtages das Projekt auf der Tagesordnung. Die Volksstimme fasst wichtige Fragen zusammen.
Nein. Die Finanzierung, die zwischen Bund und Land ausgehandelt worden ist, steht seit anderthalb Jahren. Die Landesregierung hat Anfang des Jahres einen endgültigen Beschluss gefasst. Einen parlamentarischen Antrag im Landtag, der einen Bau noch verhindern sollte, kam von der AfD und wurde abgelehnt. Es gibt also eine politische Rückendeckung für das Projekt.
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat mehrfach und auch in Stendal bei einer Podiumsveranstaltung persönlich gesagt, dass er vorbereitet sein möchte, wenn es noch einmal sehr viele Flüchtlinge geben wird. Außerdem soll die Einrichtung in Stendal für sogenannte „vulnerable Personen“ ausgelegt werden. Das heißt, dass Behinderte, ältere Menschen, Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern und Opfer psychischer, physischer oder sexueller Gewalt adäquat untergebracht werden können. Dies ist in den Einrichtungen in Halberstadt und Magdeburg nicht möglich.
Die Verhandlungen zwischen dem Bund und dem Land zogen sich hin. Dem Bund gehört die Immobilie und er wird diese auch behalten. Er überlässt sie dem Land, solange wie sie als Flüchtlingseinrichtung genutzt wird. Für den Umbau bezahlt der Bund 21,13?Millionen Euro.
Mit vorbereitenden Arbeiten ist bereits begonnen worden. Es wurde eine neue Zufahrt von der Lüderitzer Straße gebaut, um das THW und den Zoll verkehrstechnisch besser anzuschließen. Außerdem wurde ein Zaun wieder entfernt, der noch 2015 für 80?000 Euro um das Gelände gezogen worden war. Ferner wurden bereits Gebäude – unter anderem das ehemalige Kasino der Grenztruppen – abgerissen, andere Gebäude wurden entkernt. Wenn der Haushalt des Landes bald beschlossen ist, dann kann Anfang 2019 mit dem Umbau in großem Stil begonnen werden. Bereits im November 2017 waren Planungsleistungen von 4,3 Millionen Euro beauftragt. 2019 und 2020 sollen die Gebäude umgebaut werden, 2021 die Außenanlagen.
Ausgelegt sein soll die Einrichtung für 1000 Flüchtlinge. Innenminister Stahlknecht sagte, dass in der Regel nicht mehr als 600 Menschen dort untergebracht werden sollen. Der Bund besteht darauf, dass mindestens 30 Prozent der Plätze – also 300 – besetzt werden. Im Bundeshaushalt 2019 ist ein entsprechender Vermerk erfolgt.
Weil hier eine ungenutzte Bundesimmobilie saniert werden kann. Der Bund ist dementsprechend hoch an der Finanzierung beteiligt. Da es nicht so viele geeignete Bundesimmobilien im Land gibt, war man 2015 schnell auf die ehemalige DDR-Grenztruppenkaserne gekommen. Die Gebäude waren auch nach der Wende noch von Behörden wie Staatsanwaltschaft, Polizei und Bundeswehr genutzt und teilweise saniert worden. Das Land Sachsen-Anhalt bekommt die Immobilie mietzinsfrei überlassen.
Die Gesamtsumme beläuft sich auf 29,852 Millionen Euro. Der Bund übernimmt 21,13 Millionen Euro. Den Rest bezahlt das Land. Im Zuge der Planung wurde der Bau eines Verwaltungsgebäudes aus Kostengründen gestrichen. Allerdings wurden die Einsparungen von 800?000 Euro bereits durch allgemeine Kostensteigerungen im Bausektor aufgezehrt. Einzelne Gebäudesanierungen kosten zwischen 5,3 und 6,5 Millionen Euro.
Beim Land geht man von jährlichen Folgekosten von rund 13?Millionen Euro aus. Es wird aber auch zu Kosteneinsparungen kommen, da die Unterbringung in Magdeburg dann geschlossen werden soll.
Neben einer völligen Ablehnung gibt es auch Kritik hinsichtlich der Kapazität von 1000 Menschen sowie der abgelegenen Lage am Rande der Stadt. Außerdem möchte das Land einzelne Menschen bis zu 18 Monate in der Einrichtung halten und gar nicht erst auf Kommunen verteilen. Bislang sind die Menschen höchstens sechs Monate in den Landeseinrichtungen.