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Aufgespießt Kuriose Werbung für Gerichtsverhandlung

Ein Graffito auf einem Bauschild lädt zu einer Verhandlung am Amtsgericht in Stendal ein.

Von Mike Kahnert 05.09.2020, 07:00

Stendal l Die Justiz in Stendal scheint einen neuen, modernen und jüngeren Stil gefunden zu haben, ihre Gerichtsverhandlungen anzukündigen. Ganz klarer Beweis dafür ist der farbige Schriftzug auf einem Bauschild der Wohnungsbau-Genossenschaft „Altmark“ (WBGA) gegenüber dem Stendaler Arbeitsamt. Es muss sich um einen wahnsinnig wichtigen Prozess am Amtsgericht am 24. September handeln, wenn in solch ausdrucksstarker Weise dafür geworben wird. Welch welterschütternde Verhandlung beginnt um 10.15 Uhr? Welch dramatische Anklageschrift wird im Sitzungssaal 102 verlesen? Welch kriminellen Machenschaften werden dort verurteilt? Gerichtssprecher Steenbuck löst auf.

An dem Donnerstag wird verhandelt. Um 10 Uhr soll es um eine falsche Verdächtigung gehen und um 10.30 Uhr um Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, sagt Steenbuck auf Volksstimme-Anfrage. Um Werbung der Justiz, damit um 10.15 Uhr ein Flashmob im größten Sitzungssaal des Amtsgerichts stattfindet, handelt es sich bei dem roten, ungelenk gesprayten Schriftzug allerdings nicht.

Ohnehin wäre dieser künstlerische Aufruf nicht von Erfolg gekrönt. Coronabedingt passen nicht einmal zehn Besucher in den Saal.

Wer könnte aber daran Interesse haben, die zwei Verhandlungen am 24. September publik zu machen? Diese Frage vermag der Gerichtssprecher nicht zu beantworten.

Was feststeht, ist das immense Risiko, das der neue und noch anonyme „Marketing-Chef“ des Amtsgerichts mit der Plakatwerbung auf sich nimmt. Wie Steenbuck verrät, handele es sich bei dem Graffito rechtlich gesehen um Sachbeschädigung. Zwei Jahre Gefängnis oder eine Geldstrafe sieht der Gesetzgeber für die Schmiererei vor. Bleibt abzuwarten, ob sich der Sprayer am angepriesenen Tag zu erkennen gibt. Ein Honorar wird er oder sie für diese kreative Ankündigung wohl nicht erhalten.

Die WBGA hat sich übrigens ebenfalls beim Gericht über den Termin erkundigt. Vielleicht, um ein Dankeschön auszusprechen? Schließlich hat der Sprayer indirekt auch WBGA-Werbung gemacht.