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Autobahn-Neubau A14 bahnt sich Richtung Stendal

Die Nordverlängerung der A 14 geht stetig voran. Wie zwischen Dolle und Lüderitz eine Autobahn entsteht.

Von Kaya Krahn Aktualisiert: 7.4.2021, 18:32

Stendal. Es ist kühl an diesem Dezembermorgen. Nebel hängt in der Luft. Der Boden ist aufgeweicht. Für Steffen Kauert, Bauleiter der A-14-Nordverlängerung, spielt das keine Rolle: Es geht auf die Baustelle zwischen Dolle und Lüderitz, um der Volksstimme zu zeigen, wie weit der Bau schon ist.

Mit seinem Dienstwagen fährt er den 15 Kilometer langen Abschnitt ab. Doch zuvor macht er einen Abstecher zur geplanten Raststätte an der Abfahrt Tangerhütte. „Was wir jetzt machen – auf keinen Fall nachmachen“, sagt der 38-Jährige mit Nachdruck. Er fährt in den Kreisel an der Anschlussstelle Tangerhütte und umsteuert behänd eine Absperrung – Durchfahrt verboten. Wenige Meter später endet der Fahrbahnausbau und der Wagen bremst vor einer großen Freifläche. „Auf dieser Seite kommt eine Tank- und Raststätte hin.“ Die Umrisse sind deutlich zu erkennen. Archäologen hatten das Gebiet bereits untersucht, deswegen zeichnet es sich so deutlich auf der Rasenfläche ab. Im nächsten Jahr beginnen die Vorbereitungen für den Bau der Raststätte, 2023 soll sie fertig sein.

Weiter geht es auf den A-14-Baustellenbereich selbst. Wieder vorbei an der Absperrung und erneut – Durchfahrt verboten. „Der Weg, den wir jetzt fahren, soll später von Landwirten genutzt werden. Hier werden mehrere Zufahrten zusammengeführt und dann gesammelt an einer Stelle über die Autobahn geleitet.“ Man könne schließlich nicht alle zehn Meter eine Brücke bauen.

Während wir über den frisch asphaltierten Weg parallel zur Bundesstraße 189 fahren, stellt sich die Frage, warum die Abfahrt bei Dolle eigentlich Tangerhütte heißt? „Das liegt daran, dass sich das Landesverwaltungsamt das nächste relevante Oberzentrum sucht. Ursprünglich hieß sie Burgstall. Da kann man geteilter Meinung sein, aber so ist es eben.“ Während der 38-Jährige mit Vollbart und kariertem Hemd die Vorgehensweise erklärt, rauschen auf der Bundesstraße unablässig die Autos vorbei.

Kauert fährt mit seinem Geländewagen rechts von der Autobahn, nach nur wenigen Minuten taucht die erste Brücke zwischen Dolle und Lüderitz auf: „Sie ist bereits so gut wie fertig.“ Gerade seien die Bauarbeiter dabei, die Holzummantelung vom Beton abzuschlagen. „Aber bitte kein Foto davon, das sieht so chaotisch aus.“ Die Brücke soll die A 14 über einen Landwirtschafts- und Forstweg leiten.

Wenige Zeit später hält Kauert neben dem ersten fertiggestellten Bauwerk auf dem sogenannten Abschnitt 1.4: einer Wildunterführung. „Der Weg darunter bleibt unbefestigt.“

Neben dieser Unterführung gibt es drei weitere Wildquerungshilfen auf der Strecke. Prompt geht es weiter zu der nächsten Querung: einer Grünbrücke über die A 14 und die B 189. Besonders auffällig: die geschwungenen Doppelbögen. „Der kleinere ist für die Bundesstraße gedacht, der größere für die Autobahn.“ Grün ist die Brücke noch nicht. „Die Arbeiten sind noch in vollem Gang.“

Die anderen beiden Wildbrücken sind sogenannte Fledermausquerungshilfen. Die Tiere nutzen diese Brücken als Flugkorridore, an denen sie sich mittels Ultraschall beim Überflug orientieren, so der Plan.

Die Aufgabe von Steffen Kauert ist es, dafür zu sorgen, dass die Baupläne des Landes korrekt umgesetzt werden. „Wenn ich viel koordinieren muss und eine Menge Anrufe bekomme, dann läuft irgendetwas auf der Baustelle nicht rund. Ist es ruhig, dann kann ich entspannt sein, weil alles nach Plan geht.“ Er vertritt das Land Sachsen-Anhalt als Bauherren der Nordverlängerung der A 14.

Folgt der Blick von der Grünbrücke dem Trassenverlauf, fällt auf, dass für den Bau eine große Schneise in den Wald geschlagen werden musste. „Hier nehmen wir trassenbegleitende Pflanzungen vor“, so der Projektleiter; sogenannte Waldrandunterpflanzungen. Das heißt, dass Pflanzen, die sich normalerweise von selbst an Waldrändern ausbilden, nachträglich angepflanzt werden. Schließlich wurde der „neue“ Waldsaum künstlich geschaffen. „So schützen wir die Bäume, die es nicht gewohnt sind, am Rand zu stehen.“ Auch wenn sich die Pflanzen nach einiger Zeit natürlich aus- bilden, würde das zu lange dauern.

Bei solchen baulichen Großprojekten ist es die Regel, dass Ausgleichspflanzungen, Gestaltungspflanzungen und Ersatzpflanzungen vorgenommen werden. „Es soll umweltrechtlich ja alles auf sicheren Beinen stehen“, betont der 38-Jährige.

Während Kauert die Baustelle entlangfährt, fallen zahlreiche Baustellen-Auf- und -Abfahrten ins Auge. „Etwa 50 Stück.“ Sie seien der Grund, warum auf der Bundesstraße 189 so viele Tempo-50-Schilder stehen. „Seien wir ehrlich, würde da 80 stehen, würden die Leute trotzdem 100 Sachen fahren. Das Problem ist aber, dass unsere Lkw und Traktoren, die von der Baustelle abfahren oder die Bundesstraße überqueren müssen, nicht so schnell beschleunigen können.“

Die Verkehrssituation ließe eine höhere Geschwindigkeit als 50 km/h nicht zu, ohne die Sicherheit aller zu gefährden. „Außerdem schauen die Fahrer häufig interessiert auf die Baustelle und verziehen das Lenkrad. Da ist es besser, wenn sie nur 50 fahren.“ Auf dem bereits fertiggestellten Autobahnabschnitt bis zur künftigen Autobahnauffahrt Tangerhütte ist hingegen gar keine Geschwindigkeitsbegrenzung vorgegeben – und das wird vermutlich so bleiben. „Bei neuen Autobahnen gibt es keinen Grund, warum man die Geschwindigkeit dort begrenzen sollte.“

Kauert geht davon aus, dass es in den nächsten Jahren eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen geben wird. „Dementsprechend ist alles, was ich dazu sage, nur der jetzige Stand.“

Wer auf der B 189 unterwegs ist, dem fallen besonders die großen Sandhügel entlang der Baustelle auf. „Das alles wurde bei dem Bau aus dem Boden geholt. Nichts von dem Sand wurde zusätzlich angeliefert“, erklärt Kauert. Ein Hügel springt besonders ins Auge: kurz hinter Dolle in Richtung Stendal, ganz in der Nähe der zweiten Wildquerungsbrücke. „Das, was Sie dort sehen können, ist nur noch die Hälfte von der Menge, die wir ursprünglich ausgehoben haben“, so Kauert. Von den Stellen, wo der Sand ausgehoben wird, transportieren ihn Baufahrzeuger dorthin, wo er benötigt wird. Meist sind es Traktoren. Etwa 25 bis 30 Stück seien auf der Baustelle unterwegs. „Ein Lkw würde vielleicht noch auf die Baustelle kommen, jedoch nicht mehr von ihr herunter", sagt Kauert mit Verweis auf das arg unwegsame Gelände.

Dies wird deutlich, als Kauert zielstrebig auf den „großen Kuhgrund" zusteuert. Steil geht der kleine Weg neben
dem mächtigen Brückenbauwerk in die Tiefe. Auf der anderen Seite der Brücke stoppt der Projektleiter seinen Wagen. Freundlich grüßt der große Mann die Arbeiter auf der Baustelle. „Hier sieht man eindrucksvoll, wie die Brücke entsteht. Die Teilstücke werden betoniert und dann auf den Pfeilern weiter geschoben, bis die Brücke vollständig über den Grund reicht."

Die Brücken entstehen demnach Stück für Stück, bis sie irgendwann die Bereiche überspannen, über die die Autobahn geführt werden soll. „18 Brücken bauen wir auf der Strecke." Sie sind auf dem Bauplan in elf Brückenbereichen verzeichnet. Neben den kleineren Brücken entstehen vier große: drei für die Autobahn und eine für die Landesstraße 30, die über die A 14 geführt werden soll. Neben den Brücken entstehen auch weitere Bauwerke, etwa Lärmschutzwälle. „Insgesamt haben wir rund 36 Bauwerke auf den knapp 15 Kilometern zu errichten." Steffen Kauert betreut die Planung und Umsetzung davon bereits von Beginn an. Insgesamt seien mit dem Bau der Trasse zwischen Dolle und Lüderitz 150 bis 200 Arbeiter beschäftigt.

Nach dem „Großen Kuhgrund" geht es mit dem Auto zügig weiter. Zwischen der Tanger-Überquerung und der nachfolgenden Brücke kommt „der große Sandkasten", wie Kauert es nennt. Während er Gas gibt, stellt er den Offroad-Modus seines Wagens an. „Hier hätten Lkw große Probleme mit dem Gelände", sagt der vollbärtige Mann mit einem Augenzwinkern. Neben den Brücken gibt es im „Sandkasten" nämlich noch einen weiteren Grund, weswegen so viel Baustoff aus dem Boden geholt wird: Die Autobahn muss 13 Meter herabgesetzt werden. „Damit es nicht so viele Höhenunterschiede gibt." Kauert stoppt den Wagen am Rand der Stelle, an der die Trasse Stück für Stück tiefer gegraben wird. Von dort sieht man deutlich, dass die Bundesstraße nicht mehr auf gleicher Höhe mit der Autobahn liegt, sondern deutlich darunter. „Da müssen wir auch hin."

Obwohl das Tieferlegen viel Arbeit bedeutet, hat es etwas Gutes: Der Sand, der dabei zutage gefördert wird, kann auf der Baustelle weiter verwendet werden. Genau wie der Sand, der beim Brückenbau abfällt. Sozusagen Sand-Recycling. An einigen Stellen muss die Autobahn auch aufgeschüttet werden. Dort, wo sich die A 14 sonst unter dem Höhenniveau der B 189 befinden würden. Einer dieser Bereiche liegt bei Brunkau, wo eine Umgehungsstraße für die Zufahrt zum Ort gebaut wurde und die Autobahn die Seite der Bundesstraße wechselt. „Hier war eine Vorschüttung notwendig", erklärt Kauert.

Als er an der Ausfahrt der Baustelle steht, um die B189 zu kreuzen, wird klar, warum hier Tempo 50 vorgeschrieben ist. Er muss einige Zeit warten, bis er über die Straße kommt. „Gerade für Ortsunkundige ist es gefährlich, hier so zu rasen", sagt er verärgert.

Auf der linken, der Westseite der B 189 herrscht reges Traktoren-Treiben. In regelmäßigen Abständen muss Kauert den Wagen an die Seite steuern, um Trecker vorbeizulassen. Er möchte noch den letzten Abschnitt bis Lüderitz befahren. „Mal sehen, wie weit wir kommen." In dem Bereich wird bereits sehr deutlich, wie die Fahrbahn verlaufen wird. „Vierstreifig und zweibahnig auf Fachchinesisch", sagt Kauert mit einem Lachen. Was er meint: Die Autobahn wird insgesamt vier Fahrbahnen haben, jeweils zwei in eine Richtung.

Zwischen dem schweren Baugerät und den Sandmassen wirkt die Autobahntrasse erstaunlich breit und eindrucksvoll. Am Ende der Spur türmt sich erneut ein Sandberg auf. Hier geht es augenscheinlich nicht weiter – auch nicht für den Bauleiter. Steffen Kauert muss umdrehen und zurück auf einen schmalen Weg neben der Baustelle fahren. „Ich dachte, sie wären hier schon etwas weiter." Trotzdem findet er einen Weg, der an die L30 bei Lüderitz führt. „Hier müssen wir noch eine Umfahrung für die Landesstraße bauen." Genauer: Die L 30 muss bei Lüderitz über die Autobahn geführt werden.

Als Steffen Kauert nach der Baustellenrundfahrt bei Lüderitz auf die Bundesstraße abbiegen will, um zurück nach Dolle zu gelangen, muss er erst einmal warten: Die Ampel ist rot. Sie wurde im Zuge des Autobahnausbaus an der Kreuzung B 189 und L30 errichtet. „Das waren Sicherungsarbeiten", so der 38-Jährige. Etwa eine Stunde hat der Familienvater mit dem Wagen für die 15 Kilometer lange Baustelle gebraucht. „Und das, obwohl wir nirgendwo lange stehen geblieben sind", sagt er erstaunt. Der Rückweg über die Bundesstraße geht deutlich schneller – nach etwa 15 Minuten parkt der Bauleiter seinen Dienstwagen in der Kirchstraße in Dolle.

Vor ihm liegen heute noch einige Stunden auf den Straßen Sachsen-Anhalts: Sein Büro ist in Halle und er wohnt in Dessau. „Man gewöhnt sich irgendwann an die Fahrerei", sagt er. Und irgendwann, wenn die A14 fertig ist, dann gehtʼs auch flotter nach Hause und zur Arbeitsstätte.