Autokino-Plan Radio an, Film ab!

Auf Stendals Flugplatz soll es ab Mai Autokino geben - aber nur solange richtige Kinos zu sind. Eine Idee zur Kulturbelebung.

Von Nora Knappe 24.04.2020, 11:00

Stendal/Borstel l Man sitzt schön für sich, niemand stört mit unsinniger Reinquatscherei, keiner nervt mit Popcorngeknusper (außer die Person neben einem). Und man kann den Ton so laut stellen, wie man möchte. Und man kann ohne schlechtes Gewissen krümeln und kleckern. So kann es gehen, wenn man einen Kinofilm guckt – nämlich im Autokino.

Was es in Stendal seit 1996 unter Regie von Wolfgang Liebisch bis ums Jahr 2005 herum schon mal gab, soll jetzt wieder etabliert werden. Zusammen mit dem „Studio D4“ aus Wernigerode und diversen weiteren Partnern hat sich das Stendaler Veranstaltungsmanagement in Person von Matthias Neumann Gedanken gemacht, wie man angesichts derzeit komplett nicht stattfindender öffentlicher Kultur den Menschen wieder etwas bieten könnte, was an ein kulturelles Gemeinschaftserlebnis so gut es geht herankommt. „Einfach mal wieder abends gemütlich woanders hin und etwas Kulturelles machen“, formuliert es Neumann.

Also: Autokino! Man ist dabei höchstens zu zweit (oder mit zum Haushalt gehörenden Kindern dazu), ist in seiner eigenen kleinen Raumkapsel und hat automatisch genug Abstand zu den anderen Filmguckern. „Das Gelände hier bietet sich super dafür an", ist Christian Legler vom Flugplatz Stendal-Borstel begeistert. Er setzt das Projekt mit seiner Firma Studio D4 um, hat kürzlich bereits in Goslar ein Autokino initiiert. Die erste Resonanz, noch bevor es dort überhaupt losging, sei überwältigend gewesen.

Und auch für hier sieht zum Beispiel Stendals Kino-Chef Günther Tyllack gute Chancen, dass die Menschen sich darauf freuen und das Angebot wahrnehmen: „Egal welche Filme gezeigt werden, die Leute wollen einfach mal wieder raus.“ Die Filmauswahl richte sich nach den Verleihern: „Aktuelle Blockbuster werden da nicht dabei sein“, sagt Christian Legler, „eher so Klassiker wie ‚Dirty Dancing‘ oder auch ‚Die Eiskönigin‘.“ Gezeigt werden sie dann auf einer 60 Quadratmeter großen LED-Wand, so dass Sonneneinstrahlung nicht stört und auch nachmittags schon Filme gezeigt werden können.

Maximal 200 Autos würden Platz haben – aber nur bis zur Größe eines VW-Busses, keine Wohnmobile und keine Reisebusse –, es soll auch einen Drive-in-Imbiss geben, bei dem vor allem Stendaler Anbieter zum Zuge kommen sollen. Und für das Filmerlebnis braucht man lediglich ein UKW-Radio im Auto, denn es wird eine bestimmte Frequenz beantragt, über die man dann den Ton übertragen bekommt.

Eines sei klar: Eine Konkurrenz zum eigentlichen Kino soll es nicht werden, sondern wirklich nur eine Überbrückung in kinolosen Corona-Zeiten. „Wenn der richtige Kinobetrieb wieder läuft, sind wir hier wieder weg“, bekräftigt Christian Legler.

Wann das allerdings sein wird, steht im Moment noch in den Sternen, auch wenn es Günther Tyllack als Leiter der Stendaler Uppstall-Kinos natürlich lieber wäre, er könnte schon gleich wieder öffnen – mitsamt allen Abstandsregeln, die sich mit der Kinobestuhlung ja flugs gut umsetzen ließen. „Es ist für die Kinos in Deutschland jetzt schon eine Durststrecke, die viele Kinos auch hart trifft und von der keiner weiß, wie lange sie noch dauert“, sagt Tyllack, der über die Kinokette Cinemotion angestellt und derzeit selbst in Kurzarbeit ist.

Für Matthias Jahn, Geschäftsführer der Flugplatzgesellschaft Stendal-Borstel mbH und somit Gastgeber für das Geschehen, wäre das Autokino eine Premiere im eigenen Leben: „Ich war noch nie im Autokino und werde mir auf jeden Fall den ein oder anderen Film anschauen.“ Der Vorteil für die Anwohner ringsum: „Da jeder den Ton im Auto hat, gibt es auch keinen Lärm.“

Die LED-Leinwand soll auf dem Flugplatz übrigens gleich vorn am Parkplatz und gen Osten ausgerichtet, also in Blickrichtung Osterburger Straße aufgestellt werden, was Matthias Neumann die Bemerkung entlockt: „Und im Rückspiegel haben Sie dann den Sonnenuntergang!“ Na, romantischer geht‘s ja kaum.