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Benefiz Auktion verläuft schleppend

Große Neugier führte an die 80 Gäste zur Benefiz-Auktion ins Stendaler Rathaus. Beim Mitsteigern war man etwas zögerlich.

Von Nora Knappe 15.08.2018, 01:01

Stendal l "Gerne wieder!" Das war nicht nur das kurzgefasste Fazit von Musik- und Kunstschulleiter Benjamin Ulrich nach der Auktion am Sonntag. Auch der Auktionator selbst hatte am Abend, als alle nichtverkauften Bilder wieder im Auto verstaut waren, versichert: "Wir kommen wieder. Auf jeden Fall."
Ungefähr die Hälfte der rund 70 angebotenen Bilder habe einen Abnehmer gefunden, resümiert Michael Ulbricht und hat auch schon die Spendensumme parat: "Rund 800 Euro, nicht schlecht!" Benjamin Ulrich zählt da gleich noch den Inhalt des aufgestellten Spendenschweins dazu und kommt auf "eine fast vierstellige Summe".
Der Spendenerlös kommt allein durch den 15-prozentigen Aufschlag zustande, der für jedes Endgebot berechnet wurde. Wer mitsteigerte, wusste um den guten Zweck, der damit einherging - schließlich fand das Ganze, in Stendal überhaupt zum ersten Mal, zugunsten des Förderkreises der Musik- und Kunstschule Stendal statt.
Und doch schien die Mehrzahl der rund 80 Gäste mehr aus Neugier und Lust am Dabeisein im Saal gewesen zu sein: Viele Bilder gingen ohne Gebot wieder zurück, einige brauchten nur ein einziges Aufzeigen der Bieternummer und waren damit schon verkauft. Die Dynamik einer Versteigerung, wie man sie sich vorgestellt hat, mit all dem Jagdfieber und Unbedingt-haben-Wollen, einem angestachelten Ehrgeiz, der dem Mitbieter die Trophäe nicht gönnt - blieb aus.
Ob die Zurückhaltung aus Nicht-auffallen-Wollen oder finanziellen Engpässen resultierte, bleibt Spekulation. Oder gefiel die Auswahl nicht? Doch beileibe nicht nur die günstigere Kunst mit Startgeboten von 50 Euro fand Abnehmer - gerade auch die höherpreisigen Werke mit bis zu 820 Euro wurden ersteigert.
Am Auktionator selbst jedenfalls kann es nicht gelegen haben. Mit seiner herzlich unprätentiösen, natürlichen Art samt unverstelltem sächsischen Dialekt schuf Michael Ulbricht von Beginn an eine sympathisch-ungezwungene Atmosphäre im Rathausfestsaal und machte eigentlich von vornherein klar: Wer hier ist, muss weder Kenner noch Mäzen sein. So hatte er denn auch erschwingliche Kunst im Gepäck, vorwiegend Grafiken, "jenseits der spektakulären Höhenflüge des internationalen Kunstmarktes". Und doch waren da einige Hochkaräter dabei: Marc Chagall, Max Klinger, Wolfgang Mattheuer, Neo Rauch, Joseph Beuys.
Zu beinahe jedem Bild hatte Ulbricht etwas Wissenswertes oder doch mindestens Amüsantes zu erzählen, machte auf Details aufmerksam, betonte typische Merkmale des jeweiligen Künstlers und gab, wenn die Gäste doch gar zu zögerlich waren, sogar Tipps zur Hängung, scheute sich also nicht, einen Picasso fürs Wartezimmer beim Zahnarzt zu empfehlen - weil der Clown-König oder König-Clown nun mal aussah, als ob er eine dicke Backe hat. Oder angesichts zweier sehr farbenfroher und mit heiteren Details gespickter Lithografien: "Wenn Sie einen schlechten Tag hatten - ein Rizzi hilft immer."
Benjamin Ulrich, der schon bei den ersten aufgerufenen Bildern eifrig seine Nummer nach oben streckte und letztlich drei kleinere Aquarelle ersteigerte, gefiel insgesamt vor allem "die Unterschiedlichkeit der Bilder. Und ich fand die Veranstaltung sehr anregend." Wenngleich er sich gewünscht hätte, dass man unter den Gästen gerade zur Besichtigungszeit noch mehr miteinander ins Gespräch gekommen wäre. "Das ist doch eigentlich das Tolle an solchen Veranstaltungen: Dass Kunst und Kultur die Möglichkeit bieten, gemeinsam in einen neuen Raum einzutreten, offen zu sein für Neues und zu genießen." Naja, da hat er wohl nicht mit den zurückhaltend enthusiastischen Altmärkern gerechnet. Aber wie schon erwähnt: Es soll ja ein zweites Mal geben.
Dann wird sich sicher herumgesprochen haben, dass eine Kunstauktion nichts Andächtiges und Verstaubtes haben muss. Und man kann bis dahin ja noch ein bisschen sparen.
Ach so, warum man überhaupt Kunst kaufen sollte? Die einfache Antwort hatte der Auktionator parat: "Um sich selbst, der Frau, der Freundin, dem Mann, dem Freund eine Freude zu machen. Dort, wo man lebt, umgibt man sich mit Kunst." Und wem das zu romantisch war, dem hätte er auch erlaubt, durch Kunstkauf eine "Sachwert-Investition" zu tätigen. "Das Bild können Sie in die Schublade legen und zugucken, wie sich der Wert reziprok zu den VW-Aktien entwickelt."
Kunstkursleiterin Dagmar Stolzenhain hatte der Volksstimme am Rande ihr diesbezügliches Credo verraten: "Am besten sollte man nur Kunst kaufen, die einem gefällt. Nicht nach Wert oder Berühmtheit."
Das hatte Kunstbereichsleiterin Franziska Peker für sich ohnehin schon beherzigt und reckte ihre Bieternummer höher als hoch, um den Pinguin von H. Schmidt zu ergattern. Den Zuschlag bekam sie. Ihr gefiel nicht nur dieses zarte, humorvolle Aquarell, sondern auch die Veranstaltung insgesamt: "Es war spannend, das so mal mitzuerleben, die Stimmung war sehr schön, das Ambiente toll." Stolz ist sie auch, dass drei der fünf angebotenen Grafiken aus Schülerkursen ersteigert wurden. "Für bis zu 30 Euro, wenn ich mich nicht irre."
Die Freude aufseiten der Kunstpädagogin dürfte sich noch steigern, wenn dann die über 800 Euro investiert werden. Denn der Schulleiter möchte sie auf jeden Fall dem Kunstbereich zukommen lassen - da wird zum Beispiel ein großer Schrank zur Aufbewahrung der aktuellen Arbeiten der Kunstkurse gebraucht: "Und so was ist teuer."