1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Stendal
  6. >
  7. Wofür im Corona-Jahr Geld ausgegeben wurde

Bezahlt Wofür im Corona-Jahr Geld ausgegeben wurde

Statt Urlaubsreise lieber den Garten verschönert? Die Volksstimme hat im Landkreis Stendal nachgefragt, wo das "Urlaubsgeld" hinfloss.

Von Leonie Dreier 31.12.2020, 06:00

Stendal l Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 viele Urlaubspläne zerstört. Das könnte bedeuten, dass Bürger im Landkreis Stendal mehr Geld im Portmonee haben. Anfragen bei Banken und Baumärkten ergeben, dass 2020 mehr gespart wurde und die Kunden häufiger bargeldlos bezahlten. Zudem wurden Gärten und die Wohnräume auf Vordermann gebracht.

Eine Umfrage bei der Kreissparkasse Stendal, der Commerzbank und der Sparda-Bank bestätigt, dass die Kunden in den vergangenen Monaten mehr gespart haben. So sei die Geldmenge auf Spar-, Tages- und Girokonten der Commerzbank-Kunden in Stendal deutlich gestiegen. Die Geldmenge habe sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bis Ende Oktober 2020 um 19 Prozent erhöht, teilt Michael Pohl, Marktbereichsleiter der Commerzbank, mit. Lediglich die Deutsche Bank konnte keinen Anstieg des Sparens bei den Kunden bestätigen.

Beim Thema Sparen gehen die Antworten einiger Passanten in Stendals Innenstadt auseinander. Weil Geld ein sensibles Thema ist, wollen die Befragten anonym bleiben. Zwei geben an, dass sie seit Beginn der Krise nicht mehr gespart haben. Eine andere Fußgängerin sagt, dass sie automatisch mehr Geld im Portmonee habe, weil sie nicht mehr essen gehen oder Aktivitäten in der Gemeinschaft erleben kann.

Obwohl mehr Geld gespart wurde, haben Kunden nicht automatisch mehr Geld abgehoben. Aus den Antworten geht hervor, dass nur die Sparda-Bank eine erhöhte Abhebung verzeichnet hat.

Haben die Kunden stattdessen mehr Kredite aufgenommen, um sich Wünsche zu erfüllen? Nur die Commerzbank in Stendal bestätigt eine sehr positive Entwicklung des Kreditgeschäftes. Insbesondere im Bereich der Hausfinanzierung sei 30 Prozent mehr Geld aufgenommen worden, antwortet Michael Pohl. Diesen Anstieg führt er nicht nur auf die Corona-Krise zurück, sondern auch auf die stark gestiegenen Grundstücks- und Immobilienpreise.

Dadurch, dass weniger Geld abgehoben wurde, bestätigen die vier Banken ein vermehrtes bargeldloses Bezahlen. Laut einer Umfrage der Commerzbank hätten 34 Prozent der Befragten in Sachsen-Anhalt angegeben, häufiger zu Girocard oder Kreditkarte zu greifen als vor der Pandemie, teilt Michael Pohl mit. „Viele Kunden, die vorher skeptisch waren, erkennen jetzt auch die Vorteile von Online- und Mobile-Banking“, erklärt Pohl. Der Sprecher der Deutschen Bank für Sachsen-Anhalt sieht zudem den Hygiene-Aspekt als Grund, um bargeldlos zu bezahlen. „Gerade in der Corona-Pandemie zeigt es sich, dass mobiles/kontaktloses Bezahlen die neue Normalität werden wird.“

Die Mehrheit der befragten Stendaler bestätigen hingegen, dass sie 2020 noch immer vieles bar bezahlt haben. Nur größere Beträge wie zum Beispiel das Tanken oder die neuen Schuhe zahlen sie mit der Karte. „Sonst verliere ich die Übersicht“, begründet eine Passantin.

Zwar haben die Bürger im Landkreis ihr Geld mehr zusammengehalten, doch ließen sie ihr Erspartes nicht ewig auf ihren Konten liegen. Viele verschönerten mit dem Geld ihren Garten und das Haus. Dem stimmt eine Passantin zu: „Wir haben unser Gartenhaus neu hergerichtet.“ Ihr Mann habe dafür extra Regale gebaut, und eine Outdoor-Küche werde bald eingeweiht.

Dass mehr im Garten und Haus verschönert wurde, bekräftigt die Aussage der Marktleitung des Baumarktes Hellwig in Stendal: Im Frühjahr hätten sich Zäune, Rasenkantensteine, Gehwegplatten und Gartenmöbeln gut verkauft. Die Leitung begründet dies damit, dass die Kunden schon zuvor geplante Projekte vorgezogen hätten.

Im Herbst pendelten sich die Käufe für Garten-Produkte wieder auf ein normales Level ein. Aktuell seien Teppichböden, Farben und Tapeten nachgefragt, um die Wohnräume zu verschönern. Den Trend, die eigenen vier Wände auf Vordermann zu bringen, bestätigt auch die Pressesprecherin Daria Ezazi von der Rewe Group, zu der der toom Baumarkt gehört.

Holger Wetzel, Pressesprecher der Porta Unternehmensgruppe macht aktuell keine konkreten Angaben darüber, ob bestimmte Produkte seit der Krise besonders nachgefragt sind. Das Unternehmen möchte zunächst das Jahresende abwarten, bevor es sich mit Auswertungen und Analysen beschäftigt, teilt Wetzel mit. Das Möbelgeschäft Roller hat auf die Volksstimme-Anfrage nicht geantwortet.

Aber nicht nur die vier Wände wurden auf Vordermann gebracht, sondern auch die technische Ausstattung, um im Homeoffice arbeitsfähig zu sein. „Gerade zu Beginn der Pandemie sind unserer Verkaufszahlen im Bereich PC und Laptops stark gestiegen“, sagt Holger Balkau, stellvertretender Filialleiter von Medimax in Stendal. Bei Druckern hätte es sogar zwischenzeitig Lieferschwierigkeiten gegeben. Wenn aber Geräte im Geschäft verfügbar gewesen seien, hätten sich diese schnell wieder verkauft, berichtet Balkau weiter.

Nach dem viele Bürger ihr Büro technisch modernisiert und erweitert haben, „war die Nachfrage im Segment Haushaltselektronik groß.“ Die Bürger aus Stendal und Umgebung kauften verstärkt Kühlgeräte, Trockner und Waschmaschinen. Bei den Kleingeräten sind Kaffeevollautomaten und Akku-Staubsauger beliebt. Nicht zuletzt zählen Fernseher zu den viel gekauften Produkten dieser Zeit. „Außerdem beobachten wir, dass die Menschen bei der Anschaffung neuer Haushaltsgeräte immer mehr auf Qualität achten und hochwertiger einkaufen“, gibt Holger Balkau weiter an.

Trotz der Modernisierung der Haushaltsgeräte schlug die Kauflaune nicht bei Autos zu. Die Menschen im Kreis kauften nicht mehr Autos als vor der Covid-19-Pandemie. „Das Niveau ist in etwa so geblieben und es lassen sich dadurch keine außergewöhnlichen Entwicklungen oder Tendenzen nach oben oder unten feststellen“, sagt Tanja Scherf, Pressesprecherin des Autohauses Heinrich Rosier. Das bestätigen auch auf Anfrage bei anderen Autohäusern in Stendal.

Im Schmuck-Segment haben die Bürger ebenso nicht mehr Geld ausgegeben. Diesen Eindruck hat ein Juweliergeschäft in Stendal. Es gebe keinen großen Ansturm auf Gold, sagt Goldschmiedemeister Detlef Roever. „Schmuck wird immer gekauft, weil es ein klassisches Geschenk ist.“ Er verzeichne keinen größeren Umsatz als vor der Corona-Krise.

Wie lange diese Krise noch anhält, ist ungewiss. Fakt ist laut Volksstimme-Umfrage: Im Pandemie-Jahr 2020 haben die Bürger des Landkreises Stendal einen Weg für sich gefunden, ihr „Urlaubsgeld“ sinnvoll auszugeben.