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Corona-Krise Der Landrat als Lokal-Öffner

Ernüchterung unter Gaststättenbetreibern im Landkreis Stendal. Wer vor Himmelfahrt öffnen möchte, kann dies nur unter strikten Auflagen tun.

Von Donald Lyko 13.05.2020, 01:01

Stendal l Die Stimmung ist gereizt, ein krasser Gegensatz zu dem Ambiente im Restaurant des Schloss-Hotels in Tangermünde. Dort versammelt waren einige Gastronomen und Hoteliers, die in einem Krisengespräch mit Stendals Landrat Patrick Puhlmann (SPD) auf eine klare Linie zur Öffnung von Restaurants und Hotels in der Corona-Krise hofften. Diese Hoffnung wurde enttäuscht. Nicht vom Landrat, vielmehr davon, was wenige Stunden zuvor Sachsen-Anhalts Landesregierung in Magdeburg dazu beschlossen hat.

„Die gute Nachricht ist“, so der Landrat, „wer am 22. Mai öffnen möchte, hat es einfach.“ Dafür ist lediglich eine Anzeige bei der Kreisverwaltung in Stendal nötig, zuzüglich des Hygienekonzepts. Anders und erheblich schwerer als erwartet, so der Landrat weiter, trifft es jene Gaststättenbetreiber, die vorzeitig, also schon am Montag, 18. Mai, ihren Betrieb wieder aufnehmen wollen. „Hier ist eine Einzelfallentscheidung seitens der Kreisverwaltung notwendig“, sagt Puhlmann. Das bedeute, es muss ein Antrag beim Landkreis gestellt werden; eine Prüfung erfolgt, bevor die Genehmigung erteilt werden kann.

Entrüstung machte sich breit, von „unnötiger Bürokratie“ und „herber Enttäuschung“ war die Rede. Manfred Hippeli, Kreischef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) und Initiator des Treffens, sprach von einem „faulen politischen Kompromiss“. Alexander Kreutz, der in Tangermünde das Hotel „Schwarzer Adler“ betreibt, winkte ab: Er wolle sich den Stress nicht antun. „Ich werde beim 22. Mai bleiben, zumal ich dann auch das Hotel öffnen kann.“ Ähnlich sah es gut die Hälfte der Anwesenden. Andere wie der Chef des Klosters Jerichow möchten „schon das Geschäft an Himmelfahrt mitnehmen“, gab Bernd Witt unumwunden zu.

Zwar erwartet Heiko Schmeichel im „Ratskeller“ in Osterburg am Herrentag keinen Massenauflauf, „doch habe ich mich auf den 18. Mai eingestellt“, sagt der Küchenchef gegenüber der Volksstimme. Viele Stammgäste hätten bereits angefragt, ob „ich meinen gemütlichen Biergarten am Feiertag öffne“. Der Osterburger hofft nur, dass die Zeit, den Antrag zu stellen, ihn prüfen zu lassen und dann die Genehmigung zu erhalten, überhaupt reicht.

In dieser Hinsicht machte der Landrat den Wirtsleuten Hoffnung. Schon am Mittwoch soll ein Antragsformular im Internet erhältlich sein, um so schnell wie möglich die Genehmigungen erteilen zu können, „notfalls auch am Wochenende“, sagte Puhlmann und versicherte, „alles zu tun, dass die Lokale öffnen können“. Unterstützung sagte Dehoga-Kreischef Manfred Hippeli zu und auch der Altmärkische Regionalmarketing- und Tourismusverband zu.

Unterstützung – zwar auf eine andere Art – bekommen Stendals Gastronomen aus dem Rathaus. Oberbürgermeister Klaus Schmotz (CDU) kündigte am Montag während der Stadtratssitzung an, dass die Verwaltung bei der Nutzung von Flächen für die Außengastronomie keine Sondergebühr erheben werde, wie es sonst gemäß Satzung üblich ist.

Zudem soll es „problemlos“ Genehmigungen geben, so Schmotz, für Lokale und Gaststätten, die bisher keine Außengastronomie hatten. „Es ist sicher ein geringer Beitrag, aber wenn wir ihn leisten können, dann machen wir es“, so der Oberbürgermeister. Der Oberbürgermeister von Stendal  kann sich auch vorstellen, den Marktplatz vor dem Rathaus in der Corona-Krise für die Gastronomie zur Verfügung zu stellen, zumal das Wasserspiel wegen der Corona-Hygienebestimmungen nicht in Betrieb genommen wird. Interessenten sollten sich im Rathaus melden.

Unterdessen fürchtet der Stendaler Bundestagsabgeordnete Marcus Faber (FDP) eine dramatische Entwicklung bei Hotellerie und Gastronomie. Er zitiert Prognosen des Dehoga-Landesverbands, wonach etwa ein Drittel der Unternehmen die wochenlange Schließung nicht überstehen werden. „Ich kann nur jedem Stendaler raten, schnell wieder sein Lieblingsrestaurant zu besuchen - damit es auch weiterhin bestehen kann.“

An die Stadt- und Gemeindeverwaltungen in der Region appelliert Faber, die Nutzung von Außenflächen durch die Gastronomen „großzügig zu handhaben“ - also so, wie es der Stendaler Oberbürgermeister praktizieren will. Denn weil in geschlossenen Räumen die Auflagen eine stark reduzierte Platzkapazität fordern, seien die Betreiber oft auf Außenflächen als Ausgleich angewiesen, argumentiert Faber.