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Corona-Krise Experten warnen vor Schnelltests

Wer in Stendal mal schnell für den Urlaub einen Corona-Test benötigt, muss zum Hausarzt. Das Fieberzentrum ist zu.

Von Regina Urbat 06.07.2020, 01:01

Stendal l Wer auf Nummer sicher geht, hält im Urlaub die Schutz- und Hygienebedingungen ein. Und hat einen aktuellen negativen Corona-Test dabei. Das heißt, der Abstrich soll nicht älter als 48 Stunden sein.

Das wird von einigen Bundesländern verlangt und gilt vorrangig für Risikogebiete, wo innerhalb einer Woche 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner registriert wurden. Der Landkreis Stendal gehört nicht dazu, Magdeburg ist da schon gefährdeter. Dennoch wollen viele Altmärker auf Nummer sicher gehen und sich vor Reiseantritt testen lassen. So die Erfahrung im Gesundheitsamt des Landkreises. „Doch wir sind dafür nicht zuständig“, sagt Stendals Amtsärztin Iris Schubert.

Ein Abstrich für den Urlaub „ist Freizeitvergnügen und somit kostenpflichtig. Er ist nur beim Hausarzt zu bekommen“, so die Amtsärztin. Sie weist zudem darauf hin, dass ein negativer Testnachweis „kein Freifahrtschein“ ist, denn wer Kontakt zu einem bestätigten Infizierten hatte, „muss die Quarantäne einhalten und darf in dieser Zeit nicht reisen“.

Im Landkreis Stendal betrifft es gegenwärtig sieben Personen. „Es sind allesamt Leute, die unterwegs waren und als Kontaktpersonen zu einem Infizierten ermittelt wurden“, sagt Iris Schubert. Die Informationen haben die Betroffenen selbst oder von der Kreisverwaltung Stendal bekommen, zumal sich die Gesundheitsämter landes- und bundesweit untereinander informieren.

Die Ermittlung und Betreuung der Kontaktpersonen „erfolgt auch in der gelockerten Phase weiter konsequent“, betont die Ärztin. „Das hat uns in der Anfangsphase gerettet.“ Und überhaupt könne keine Rede davon sein, dass die Arbeit im Amt mit Abschwächung der Fallzahlen weniger geworden ist. „Wir haben unseren Service sogar erweitert.“ Dazu gehört, dass ältere Bürger vom mobilen Testteam der Kreisverwaltung auf das Coronavirus untersucht werden, wenn sie in ein Pflegeheim müssen oder sich einer geplanten Operation im Krankenhaus unterziehen wollen.

Auch Reiserückkehrer aus einem Nicht-EU-Land können über das Amt getestet werden, um so auf die vorgeschriebene 14-tägige Quarantäne verzichten zu können. „Doch bis das Ergebnis vorliegt, müssen sie sich isolieren.“

Zum Service gehört auch das systematische Testen. Beispielsweise wird allen Abc-Schützen samt den Eltern ein Abstrich auf freiwilliger Basis angeboten. Geplant sei, das Screening auf weiterführenden Schulen und Altenheime auszuweiten. „Wir wollen keine Ängste schüren, sondern sie nehmen“, sagt Iris Schubert und weist eindringlich darauf hin, dass Personen, die Symptome wie Fieber und Atemwegsbeschwerden haben, vom Gesundheitsamt nicht getestet werden. Zuständig sei nur noch der Hausarzt, da das Fieberzentrum in Stendal Ende Juni geschlossen wurde.

Das bestätigt der Allgemeinmediziner Jörg Böhme. Er ist Kreissprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Stendal und hat die Spezialambulanz geleitet. Die Schließung sei anhand der Lage richtig, zumal nun alle Hausärzte mit entsprechendem Schutzmaterial ausgestattet sind und die Kostenübernahme für die Corona-Tests mit der KV geklärt ist. Da das Risiko, sich zu infizieren, immer noch groß ist, appelliert Böhme an Urlaubsreisende, „nicht in Party-Szenen einzutauchen“.

Was den Corona-Testnachweis betrifft, macht der Stendaler Arzt den Urlaubsreisenden keine Hoffnung, ihn gratis zu bekommen. Er fällt nicht unter der Kassenleistung und muss aus eigener Tasche bezahlt werden. Die Kosten belaufen sich auf bis zu 150 Euro. Sie hängen davon ab, mit welchem Labor der Hausarzt zusammenarbeitet, erläutert Böhme. Preiswerter sei zwar der Antikörper-Schnelltest, etwa 20 Euro. Dieser sei kostenpflichtig und auch beim Hausarzt zu bekommen, „doch ist die Aussagekraft laut bisheriger Untersuchungen sehr gering.“

Hilfreich sei aus seiner Sicht die Corona-Warn-App. Schlägt diese auf dem Smatphone Alarm, „sollte man sofort zum Hausarzt und sich testen lassen“. Gleiches gilt beim Auftreten der typischen Symptome. „Jeder ist in der Pflicht, sich zu schützen“, betont Jörg Böhme. Und tritt ein positiver Fall auf, wie zuletzt in einer Grundschule in Salzwedel, „ist es richtig, mit Hochdruck im Umfeld zu testen“. In solch einem Fall könnte die Fieberambulanz wieder aktiviert werden. „Sie hat sich absolut bewährt “, sagt Böhme. Er und rund 20 Arztkollegen und Schwestern waren auf freiwilliger Basis dort tätig.

Maßgeblichen Anteil am Aufbau der Spezialambulanz Anfang März hatte der Apotheker Christoph Schaefer. Er stellte eine Ladenfiliale im Roland-Ärztehaus zur Verfügung, half bei der Ausstattung und unterstützte mit Desinfektionsmaterial. „Eine tolle Leistung meiner Mitarbeiter und des gesamten Ärzte-Teams“, erinnert Schaefer an den dreimonatigen Betrieb des Fieberzentrums. Das habe Ruhe in die Struktur der Hausärzte und des Gesundheitssystems gebracht.

Niemand weiß, ob und wann das neuartige Virus Covid-19 wieder ausbricht. Deshalb hält der Stendaler Apotheker die Option offen, das Fieberzentrum umgehend reaktivieren zu können.

„Der Laden wird erst dann vermietet, wenn der Impfstoff gegen Corona da ist.“ Übrigens keine Option besteht, in der Roland-Apotheke einen Corona-Schnelltest zu bekommen. „Jetzt im Urlaub häufen sich die Anfragen“, sagt Christoph Schaefer. Die Apothekenkammer habe vom Verkauf dieser Schnelltest abgeraten. „Ich empfehle, sich mit dem Hausarzt in Verbindung zu setzen.“