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Urteil Dreijährigen geschlagen und verbrüht

Der Stiefvater und die Mutter eines Dreijährigen aus Stendal wurden nach Kindesmisshandlung zu Bewährung verurteilt.

Von Wolfgang Biermann 11.01.2018, 16:38

Stendal l Unerwartet hat das Landgericht schon gestern, am zweiten von fünf geplanten Prozesstagen das Urteil in einem Fall von elterlicher Gewalt gegen einen zur Tatzeit drei- bis vierjährigen Jungen gesprochen. Die Jugendschutzkammer unter Vorsitz von Richter Ulrich Galler verurteilte den Stiefvater (34) und die leibliche Mutter (35), beide aus Stendal, wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu jeweils 16 Monaten Gefängnis.

Die Richter setzten die Haftstrafe zur Bewährung aus. Das Urteil basiert laut Richter Galler auf dem Geständnis der beiden Angeklagten sowie den „untermauernden Aussagen“ von Kita-Erzieherinnen, des behandelnden Arztes, eines Rechtsmediziners und des leiblichen Vaters des heute Sechsjährigen.

Demnach wurde dem Jungen am 18. September 2015 mit heißem Wasser eine „thermische Verletzung“ zugefügt. An einem anderen Tag erhielt er einen Schlag gegen das Gesäß. Und an einem weiteren Tag erlitt er durch einen Duschkopf eine Verletzung am Oberschenkel. Die laut Urteil „schwersten und erheblichsten Verletzungen“ – Abschürfungen, Hämatome, Haarausreißungen – wurden am 27. März 2016 vom leiblichen Vater festgestellt. Der brachte seinen Sohn in die Kinderklinik. Chefarzt Dr. Hans-Peter Sperling, der auch als Zeuge aussagte, verständigte Rechtsmediziner Knut Brandstädter, der schon beim Prozessauftakt sein Gutachten zum Verletzungsbild erstattete. Nach Auskunft von Dr. Sperling ist der Junge wohl physisch, aber nicht psychisch vollends genesen.

Die seelischen Schäden, die der Junge davontrug, könne kein Strafgericht wiedergutmachen, sagte Richter Galler in der Urteilsbegründung. Das Geständnis der Angeklagten habe dem Jungen aber zumindest die Belastung der gerichtlichen Aussage erspart. „Ohne Geständnis wären Sie mit Sicherheit ins Gefängnis gegangen“, so Galler. Immerhin hätten die Angeklagten ihr Unrecht eingesehen, „auch wenn sie sich nicht unbedingt reuig gezeigt haben“.

Die Mutter hatte mehrfach gesagt, dass ihr das Geschehene „sehr leid“ tue. Sie hätte sich mit dem Mitangeklagten in einer Ausnahmesituation befunden. Für den Jungen und ein weiteres Kind hatte sie mit dem leiblichen Vater wechselndes Sorgerecht. Selbiges galt für den Angeklagten, der ebenfalls zwei Kinder mit anderen Frauen hat. Der einst als fröhlich und aufgeweckt geltende Junge hätte zunehmende Probleme bereitet. Er sei zum Bettnässer geworden. „Im Eifer des Gefechts“ sei es dann bei den Säuberungen zu den Übergriffen gekommen, hatten die Angeklagten als Motiv für die Misshandlungen angegeben.