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Flüchtlinge Ein Stück Heimat gefilzt und gestickt

In Stendal haben Flüchtlinge das Ende des Ramadan gefeiert und sich mit einem Filzprojekt in die Sommerpause verabschiedet.

Von Volker Langner 29.06.2017, 01:01

Stendal l Ein Fluss schlängelt sich durch die sonnenbeschienene Landschaft mit Feldern und Gehöften, einer Eisdiele, Seil springenden Kindern, einer Moschee – für die Flüchtlinge aus Afghanistan, die in einem Projekt der Kaschade-Stiftung Deutsch lernen und sich mit weiteren Aktivitäten um ihre Integration bemühen, ist dieses Bild ein Stück Heimat. Heimat, die Tausende Kilometer entfernt ist, aber die sie tief im Herzen tragen.

Nilufa Sadiki, die vor 20 Monaten aus dem vom Krieg und Krisen geschüttelten Land nach Stendal kam, hat ihre Erinnerungen in einer Zeichnung festgehalten. Die mündete nun in eine Gemeinschaftsarbeit, bei der sechs Frauen unter der Anleitung von Henning Sander das Bild auf Stoff brachten. „Wir haben etwa 300 Stunden gefilzt, genäht, gestickt und gehäkelt“, berichtet Sander. Dabei, erzählt er weiter, sei viel deutsch geredet worden. Schließlich sei es ein Hauptanliegen des Projektes.

Deutschunterricht ist dann auch ein fester Bestandteil. In der Regel findet er dreimal pro Woche statt. Zwar nutzt die Kaschade-Stiftung Unterrichtsmaterialien von Bildungsministerium und Bildungsträgern, aber nicht selten greifen die Projektmitarbeiter – das sind Eleonore und Detlef Loof sowie Monika Mrotzek und Henning Sander – Erlebnisse ihrer Schützlinge auf. „Da hat jemand Probleme damit gehabt, einen Brief aufzugeben. Da haben wir Begriffe aus der Post durchgenommen, auch versucht, den Ablauf zu vermitteln“, nennt Sander ein Beispiel.

Die Teilnehmer hätten fleißig gelernt, attestiert Eleonore Loof. Für Nilufa Sadiki eine Selbstverständlichkeit. „Wir leben hier in Deutschland, wollen Kontakt haben“, begründet sie. Neben Afghanen nehmen Eritreer und Syrer am Unterricht teil.

„Mit dem Unterricht und den anderen Angeboten erreichen wir 25 bis 30 Familien“, sagt Christian Müller. Der Geschäftsführer der Kaschade-Stiftung in Stendal macht klar, es sei wichtig, den Flüchtlingen über den Deutschunterricht hinaus „Dinge mit auf den Weg ins Morgen zu geben“. Er nennt die Schülerhilfe sowie die Vermittlung in Praktika und in Arbeit. „Wir leisten Hilfe beim Bewerbungsmanagement, beispielsweise bei Lebensläufen, organisieren Termine, gehen mit zu Behörden wie dem Arbeitsamt“, erklärt Detlef Loof und sagt: „Es ist relativ schwer, Leute in Arbeit zu bringen, aber es gibt erste Erfolge.“

Es gebe also gute Gründe zum Abschluss der Projekthalbzeit zu feiern, stellt Eleonore Loof fest. Die afghanischen Frauen tischten dann auch tüchtig mit Spezialitäten aus ihrer Heimat auf, bevor es in die Sommerpause ging. Am 30. Juli gibt es ein Wiedersehen.