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Amtsgericht Stendal Erst geklaut und dann geschlagen

31-Jähriger hatte Waren im Wert von 10 Euro gestohlen.

Von Wolfgang Biermann 06.08.2015, 14:59

Stendal l Das Amtsgericht hat am Mittwoch einen 31-Jährigen Perleberger (Brandenburg) wegen Räuberischen Diebstahls im minderschweren Fall zu einer für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzten sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Außerdem muss er 80 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Angeklagte am Nachmittag des 22. März vorigen Jahres in einem Einkaufsmarkt in der Stendaler Bahnhofstraße Zigaretten und einen Snack (Gesamtwert unter 10 Euro) eingesteckt, aber nicht bezahlt hat. Als sich ihm nach Verlassen des Kassenbereichs zwei Verkäuferinnen in den Weg stellten, hat er laut Urteil „plötzlich und unerwartet um sich geschlagen“ und ist mit der Beute im Rucksack geflüchtet.

Von zwei seiner nicht gezielt ausgeführten Schläge wurde eine Verkäuferin getroffen. Sie trug laut ärztlichem Attest ein Hämatom am Arm davon. „Dein Gesicht merke ich mir“, hat der Angeklagte laut Aussage einer der Verkäuferinnen ihr bei der Flucht aus dem Geschäft zugerufen.

Die Polizei konnte aufgrund der Täterbeschreibung den Angeklagten kurz nach der Tat in der Karlstraße festnehmen.

Mit seinem Urteil ging das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Petra Ludwig über das von der Staatsanwaltschaft geforderte Strafmaß hinaus. Die hatte lediglich eine 1000 Euro-Geldstrafe gefordert und in der Tat nur Ladendiebstahl und einfache Körperverletzung gesehen.

Wie der Verteidiger auch. Doch das sah das Gericht anders. „Der Angeklagte hat Gewalt angewandt, um im Besitz des gestohlenen Gutes zu bleiben“, begründete Richterin Ludwig die Freiheitsstrafe. Die Tat sei „natürlich minderschwer“, weil der Angeklagte keine grobe Gewalt angewandt habe und der Wert des Diebesgutes geringfügig war. Darum sei auch nur die sechsmonatige Mindeststrafe infrage gekommen.

Der Angeklagte hatte sich zur Tat selbst nicht geäußert, sie aber auch nicht bestritten. Er könne sich überhaupt nicht daran erinnern, jemals vor dem jetzigen Prozess in Stendal gewesen zu sein, gab der 31-Jährige an. Er sei psychisch krank und deshalb in Behandlung. Zum damaligen Zeitpunkt habe er Drogen (Amphetamine und Cannabis) konsumiert. Von „paranoider Schizophrenie“ war in einem Attest die Rede, das vom Gericht verlesen worden war.

Wie Staatsanwalt Thomas Kramer sagte, hat die Staatsanwaltschaft Neuruppin bislang 35 Ermittlungsverfahren wegen Diebstahls gegen den 31-Jährigen eingestellt. In Wolfsburg (Niedersachsen) und in Perleberg war der Angeklagte, der seit kurzem eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht, im Vorjahr zu Geldstrafen verurteilt worden. „Ihm fehlte ein Dämpfer“, so Kramer.