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Fälschungen Perfide Zettel an Kirchtüren getackert

Am Reformationstag wurden in der Region Stendal an zahlreichen Kirchentüren angebliche Bekanntmachungen befestigt.

Von Bernd-Volker Brahms 02.11.2017, 13:08

Stendal l Einen Thesenanschlag der besonderen Art leistete sich ein unbekannter Täter am Reformationstag in der Region Stendal. An zahlreichen Kirchen wurde ein Zettel an die Kirchentür getackert, der darauf hinwies, dass das Gotteshaus aus Rücksicht auf muslimische Mitbürger bis auf Weiteres geschlossen bleibe.

„Das ist mehr als grober Unfug“, sagte Superintendent Michael Kleemann am Mitwoch bei einem Pressegespräch. Von zahlreichen Pfarrern hatte er die Rückmeldung erhalten, das tags zuvor ein jeweils gleichlautender Text an der Kirchentür vorgefunden worden ist. „Wir müssen davon ausgehen, dass es ein und dieselbe Person oder eine Gruppe gemacht hat“, sagte Kleemann.

Er empfahl allen Gemeinden, die einen solchen Zettel finden, dass sie Anzeige erstatten sollten.

Der Text setzt ein mit „Wichtige Mitteilung an die Gemeinde und Besucher!“ und endet mit „Der Vorstand“. Es wird mitgeteilt, dass die Türen der Kirche „bis auf weiteres geschlossen“ bleiben und die Gottesdienste ausgesetzt sind. Dies solle Konflikte vermeiden, da Gottesdienste in jüngster Zeit als „rassistischer Akt“ gegenüber muslimischen Mitbürgern bezeichnet worden seien.

Pastorin Dorit Lau-Stöber, die als Pressesprecherin im Kirchenkreis fungiert, gibt zu, dass intern überlegt wurde, überhaupt mit dem Vorfall an die Öffentlichkeit zu gehen. „Man gibt den Leuten eine gewisse Plattform“, sagt sie. Aber da derart viele Kirchen betroffen gewesen seien, müsse man ohnehin damit rechnen, dass über den Vorfall gesprochen werde. Von daher habe man sich entschlossen, in die Offensive zu gehen. Möglicherweise würden auch noch mehr Zettel gefunden. Die Öffentlichkeit solle wissen, dass dies keine authentischen Hinweise seien, sagte Lau-Stöber. „Wir distanzieren uns davon.“

Insbesondere im Elb-Havel-Winkel waren die Zettel gefunden worden, so in Havelberg, Sandau und Schönhausen, aber auch in Jerichow, Stendal, Bismark und auch in Gardelegen. „Das war eine ganz gezielte Sache“, sagt Superintendent Kleemann. Dem Text könne man eine rechtsgesinnte Autorenschaft entnehmen. Man wolle versuchen, die Täterschaft aufzuklären.

Einzelne Gemeinden und auch der Kirchenkreis hatten sich immer wieder mit Redebeiträgen, Veranstaltungen und Aktionen für die Integration von Flüchtlingen starkgemacht. In größerer Form hatte sich die Kirche Ende März an der Aktion „Buntes Fest am Domplatz“ der Initiative „Herz statt Hetze“ beteiligt und damit ein deutliches Zeichen gegen einen Aufmarsch rechtsgerichteter Gruppen gesetzt. Der jetzt aufgefundene Zettel sei „pure Angstmacherei“ vor einer Überfremdung durch die muslimische Kultur, sagt Superintendent Kleemann.

Im juristischen Sinne hat der Täter gegen Paragraf 134 des Strafgesetzbuches gehandelt, bei dem es um „Verletzung amtlicher Bekanntmachungen“ geht.