Nach den Todesschüssen in Dachau hat sich an den Sicherheitsvorkehrungen wenig geändert Fast ohne Kontrollen in die Amtsgerichte
Wie sicher sind die Gerichtssäle im Landkreis Stendal? Nach dem Attentat vom Januar im Amtsgericht Dachau erkundigte sich die Volksstimme bei der hiesigen Justiz nach Personenkontrollen.
Stendal l Am 11. Januar erschoss ein Angeklagter in einem Strafprozess vor dem Amtsgericht im bayerischen Dachau einen Staatsanwalt und verfehlte einen Richter nur knapp. Der Todesschütze war wegen des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Ein Strafprozess, wie er täglich an den Gerichten in Deutschland vorkommt - nichts Außergewöhnliches also. Der Täter hatte, so berichten es die Medien, eine Pistole kleineren Kalibers in den Gerichtssaal geschmuggelt.
Da wurden sofort Erinnerungen an einen ähnlichen Fall am damaligen Amtsgericht Osterburg wach. Ein 51-jähriger Landwirt hatte am 12. August 1997 bei einer Verhandlung wegen Unterhaltszahlungen nach seiner Scheidung einen Revolver gezogen und geschossen. Dabei waren ein Richter und ein Justizwachtmeister lebensgefährlich verletzt worden. Wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen ist der Täter zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Wie ist es denn nun heute um die Sicherheit an den Gerichten im Landgerichtsbezirk Stendal bestellt? "Das Betreten des Landgerichts mit Waffen ist verboten - Der Präsident des Landgerichts" - das steht in Computerschrift im Eingangsbereich im Haus Am Dom 19 auf einem DIN-A4-Blatt. Ein ähnliches Stück Papier hängt auch im Amtsgericht im Justizzentrum "Albrecht der Bär" in der Scharnhorststraße.
Das allein wird potenzielle Täter aber wohl kaum abschrecken?, fragte die Volksstimme Gerichtssprecherin Julia Rogalski. "Zumindest am Landgericht finden regelmäßig Personenkontrollen statt", so die Antwort. Wobei regelmäßig ein relativer Begriff sei. Die Justizwachtmeister würden sporadisch und zu wechselnden Tageszeiten Einlasskontrollen per Tür- und Handdetektoren vornehmen. Verstärkt worden sei die Kontrolltätigkeit aber nach den Dachauer Todesschüssen nicht.
"Eine absolute Sicherheit kann es nun mal nicht geben", räumte die Gerichtssprecherin ein. Und selbst wenn die Kontrollen durchgängig wären, die Gefahr wäre damit nicht gebannt, sagt Staatsanwalt Eduard Zimmermann. "Wenn jemand beispielsweise ein Keramikmesser dabei hat, kommt er ohne weiteres durch die Kontrolle", begründet er seine Bedenken. Denn die Detektoren sprechen nur auf Metall an.
Rechtsanwalt Jens Glaser aus Halberstadt findet die Stichprobenkontrollen ganz und gar unsinnig: "Da wird bis 10 Uhr kontrolliert. Und danach kann jeder mit einer Waffe ungehindert hereinspazieren", empört er sich. Während am Landgericht noch regelmäßig durch Justizwachtmeister kontrolliert wird, gibt es an den zugehörigen Amtsgerichten in Burg, Gardelegen, Salzwedel und Stendal so gut wie keine Kontrollen. Lediglich der Türrahmendetektor sei dort installiert, so die Gerichtssprecherin.
Kontrollen mit Handdetektor fänden indes nur sehr selten statt, meist zu besonderen Verhandlungen. So beispielsweise beim Prozess um die sogenannte Schulhof-CD mit rechtsextremistischem Inhalt vor dem Amtsgericht Stendal im Februar 2010. Und auch beim Zwangsversteigerungstermin von Wohnblöcken in Stendal-Süd gab es im September vorigen Jahres besondere Sicherheitsvorkehrungen. Da leistete die Polizei Amtshilfe und nahm im Flur des Amtsgerichtes Personenkontrollen vor.