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Förderverein Für Sankt Marien schlägt ihr Herz

Der Glockenförderverein Stendal feiert 20-jähriges Bestehen. Er setzt sich für Sanierung und Erhalt der Ratskirche St. Marien ein.

Von Nora Knappe 13.05.2016, 01:01

Stendal l „Das Geläut von St. Marien zählt zu den bedeutendsten mittelalterlichen Großgeläuten Norddeutschlands.“ Was heute selbstbewusst auf der Internetseite des Fördervereins Glocken St. Marien steht und womit die Mitglieder und Kenner der Kirche gern Werbung machen, war vor über 20 Jahren so gut wie unbeachtet. Da war es 1994 der Glockensachverständige Claus Peter aus Hamm, der den Stendalern die Augen öffnete. „Was Sie hier für einen Schatz haben“, habe er damals bei einer Turmbesteigung zu Bärbel Hornemann gesagt und sich an eine Begutachtung und Inventarisierung gemacht.

Da war auch der Ehrgeiz bei Hornemann und einigen Mitstreitern geweckt, die die Großglocken wieder zum Klingen bringen sowie Schutt und Dreck in Türmen und Kirchenschiffdach nicht mehr hinnehmen wollten. Pfarrerin Iris Gottschling stand dem sehr wohlwollend gegenüber und öffnete den Glockenrettern, die sich am 22. Mai 1996 im Förderverein Glocken St. Marien zusammenschlossen, alle Türen – vor allem sprichwörtlich.

Mit der Instandsetzung der Hauptglocke Maria fing alles an – zu Ende wird es wohl nie sein. Bärbel Hornemann bezeichnet St. Marien als Dauerbaustelle, „aber eine schöne, und man bleibt neugierig in dieser Kirche, lernt auch immer wieder dazu“. Rund eine Million Euro hat der Verein bislang aufgebracht, zum Teil rein aus Privatspenden – für die Glocken ebenso wie für Bausubstanz und Inventar. Mal ging es um die Sanierung der Zifferblätter, mal um die Elektrik der Orgel, mal um eine Dachrinne. Und die Aufgaben werden nicht weniger: Die Mauer rund ums Löwenportal ist beschädigt, Bäume wachsen auf dem Gesims, die Chorschranke ist sanierungsbedürftig, der Dachreiter fehlt, der Gildeschrank muss dringend konserviert werden...

Im Rückblick auf die 20 Jahre seit Vereinsgründung mischen sich bei Bärbel Hornemann der Stolz auf Erreichtes und der Unmut über vermehrte Kirchenverwaltungshürden – schließlich ist der Verein nicht Eigentümer der Kirche und St. Marien keine eigenständige Gemeinde mehr. „Im Kopf sind wir immer schneller, als es die Bürokratie hergibt“, deutet Hornemann an. Michael Hentschel, Vereinsmitglied und Stadtmusikdirektor, beschreibt das so: „Die Kirche wird älter, aber immer weniger genutzt. Das, was zu machen ist, wird immer mehr, aber die Geldtöpfe nicht voller.“

Beide aber nehmen sehr zufrieden zur Kenntnis, dass die Arbeit des Vereins, der anfangs ja noch belächelt worden sei, inzwischen auf großes Interesse und Wertschätzung stoße. Was sich nicht zuletzt an der großen Resonanz auf Turmführungen, Turmveranstaltungen und Orgelandachten zeige. Auch die Fachwelt schaut mit Anerkennung auf die Glocken von St. Marien. „2000 schon hatten wir das große Geläut fertig“, sagt Hornemann, und zum Kolloqium für Glockenkunde, das im selben Jahr in Stendal stattfand, kamen die Experten aus dem deutschsprachigen Raum alle hierher. „Die waren baff!“

Für Hornemann ist die Marienkirche ein Stück Heimat. „Da ist so viel Geschichte und Substanz drin, ich fühle mich St. Marien sehr verbunden.“ Auch Michael Hentschel hat ein emotionales Verhältnis zu Marien: Am schönsten ist für ihn der Moment, wenn die Sonne abends ganz kurz aufs Kruzifix scheint. „Wunderschön. Das haben die früher gewusst.“

Die Musik zum Geburtstagsfest übrigens ist bestellt: Am Sonntag, 22. Mai, gibt das renommierte Leipziger A-cappella-Ensemble Calmus um 17 Uhr ein Konzert in St. Marien. Gesungen werden geistliche Stücke wie auch Jazz- und Pop-Arrangements. Eintrittskarten gibt es in der Stendal-Infor­mation (Tel. 03931/65 11 90) und an der Abendkasse.