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Ganztagsschule Verstehen lernen, wie Kinder lernen

Eines der Angebote der Comenius-Ganztagsschule in Stendal ist die Projektarbeit. Eltern unterstützen diese Arbeit.

Von Egmar Gebert 29.12.2017, 00:01

Stendal l Die Tochter von Verena Specht-Artar geht seit Mitte August in die Stendaler Comeniusschule. Fünfte Klasse, die erste an der Sekundarschule. Da stürmt viel Neues auf die Kinder ein, und nicht nur auf sie. Eines Tages kam Aliya nach Hause und erzählte ihrer Mutter von Schulprojekten und, dass Eltern da mitmachen können. Verena Specht-Artar fand die Idee zumindest schon mal so gut, dass sie sich anhören wollte, was genau dahinter steckt. Ihr Vater Wilfried Specht sah das genauso, denn auch ihn hatte Enkelin Aliya per Telefon gefragt: „Opa, machst Du mit?“

Seit November machen beide mit. Mutter und Großvater Specht wurden Projekt-Unterstützer. Ansprechpartner für die Jungen und Mädchen der fünften Klassen – drei Fünfte gibt es in der Stendaler Ganztagsschule „Comenius“ – immer dann, wenn Projektarbeit auf dem Stundenplan steht.

Sie, die 42-jährige Betriebswirtin, hatte „gerade ein bisschen Zeit“, wie es Mutti Verena auf den Punkt bringt. Außerdem war da auch die Neugier, zu sehen, wie Schule in einer fünften Klasse heute so funktioniert. „Selbstbestimmtes Lernen, das gab des bei uns damals nicht“, nennt sie ein Beispiel.

Er, der 68-jährige Tischler und Hobbymaler, mag nicht von Zeit sprechen, die er übrig gehabt hätte, sondern lieber davon, dass „ich gern mit Kindern zusammen bin. Für mich ist das wichtig“, sagt Specht, der auch in der Arbeitsgemeinschaft „Holzwürmer“ der Schule dafür sorgt, dass junge Leute mit diesem tollen Werkstoff umzugehen lernen, handwerkliche Fähigkeiten trainieren können. Doch das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Die von der Projektarbeit erzählt sich am besten an einem Beispiel. „Die Milch macht‘s“ heißt das aktuelle Projekt, an dem die Kinder an drei Tagen in der Woche jeweils in der sechsten und siebten Stunde arbeiten. Los geht es immer mit dem Stuhlkreis, in dem sie sich mit ihren Projektbetreuern und unterstützenden Eltern versammeln. Wo stehen wir? Was liegt heute an? Dann geht es in Zweiergruppen weiter. Partnerarbeit nennt sich das, was zum Beispiel bedeuten kann, gemeinsam Milchprodukte in Zeitschriften zu suchen, herauszuschneiden, nach Alphabet zu sortieren. Oder es wird das Internet nach Rezepten mit Milch durchforstet. Es gibt aber auch Einzelarbeiten innerhalb des Projektes und Zeitvorgaben, in denen sie zu erfüllen sind. Klappt das mal nicht, sei es kein Beinbruch. Diejenigen, die etwas mehr Hilfe brauchen, bekommen sie – unter anderem von den beiden Spechts, von zwei der projektunterstützenden Eltern der Comeniusschule. Sie gehen von Gruppe zu Gruppe, von Klassenraum zu Klassenraum, sehen, wo sie helfen können, manchmal auch Kinder motivieren müssen, bis zum Ende der zwei Projektstunden durchzuarbeiten. Auch das will erst einmal gelernt werden.

Wilfried Specht und Elvira Specht-Artar helfen allerdings nicht nur. Mehr noch ziehen sie selbst auch Nektar aus dieser Arbeit. „Verstehen lernen, wie Kinder lernen“, nennt es Verena Specht-Artar und ist dankbar, dass ihr diese Möglichkeit gegeben ist.

Was sie nicht extra betont, dieser Form des Einbeziehens aber ebenfalls innewohnt: Die Eltern lernen die Arbeit der Pädagogen aus einer anderen, sehr nahen Sicht betrachten. Auch nicht verkehrt.