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Geldstrafe Bestohlener Autofahrer stellt Täter

Der Angeklagte wurde vom Stendaler Amtsgericht zu einer Geldstrafe verurteilt, aber nach dem Prozess klickten dennoch die Handschellen.

Von Wolfgang Biermann 31.12.2017, 01:00

Stendal l Stellen Sie sich vor, Ihnen kommt ein fremder Pkw mit Ihren Auto-Kennzeichen, die Ihnen tags zuvor gestohlen worden waren, entgegen? Das passierte einem 25-jährigen Krankenpfleger im Juli in Tangermünde. Er fuhr dem fremden Auto, einem Renault Twingo, hinterher, stellte ihn auf einem Parkplatz, montierte seine Kennzeichen wieder ab und rief die Polizei. Dabei stellte sich heraus, dass der polizeibekannte Twingo-Fahrer zudem keine Fahrerlaubnis besitzt.

Wegen Kennzeichenmissbrauch, Urkundenfälschung und Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem nicht pflichtversicherten Auto musste sich der 43-Jährige noch im alten Jahr im Amtsgericht einfinden. Letztlich wurde er dafür zwar „nur“ zu 1000 Euro Geldstrafe verurteilt. Doch zu seiner Überraschung und der seiner Verteidigerin wurde der Angeklagte mit bis dato 29 Strafregistereinträgen wegen neuer Straftaten verhaftet und kam in U-Haft.

Zu den Verkehrsdelikten. Die beiden Kennzeichen will er gefunden haben. „Die lagen am Hafen“, behauptete der Angeklagte. Den Twingo hätte er verkaufen wollen und deshalb die „gefundenen“ Kennzeichen daran angebracht. Das nahmen ihm aber weder Staatsanwältin noch Richter Thomas Schulz ab. Der folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Anklagebehörde.

Besonders negativ ins Gewicht fiel, dass der 43-Jährige, erst einen Monat vor der Tat aus dem Gefängnis entlassen worden war und bereits auf ein „stattliches Register“ verweisen kann. Bis auf den Diebstahl der Kennzeichen hatte der nach eigenen Angaben drogenabhängige Wiederholungstäter, der sich zurzeit in einem Drogenersatzprogramm befindet, die übrigen Anklagepunkte eingeräumt: „Es tut mir leid, ich habe Scheiße gebaut.“ Die 1000-Euro-Geldstrafe nahm er noch im Gerichtssaal an.

Doch dann betraten zwei Polizeibeamte den Saal und legten dem verdutzten Angeklagten Handschellen an. Richter Schulz verkündete den Haftbefehl. Demnach werden dem 43-Jährigen gefährliche Körperverletzung und Drohung zur Last gelegt.

Von einem herausgerissenen Ohrring und „auf einem Foto deutlich erkennbaren Hämatomen“ war die Rede. „Wenn das stimmt, kommen wohl ein paar Jahre zusammen“, sagte Richter Schulz zu dem aufgebracht wirkenden 43-Jährigen, der nur mit Mühe von den beiden Polizisten und seiner Verteidigerin beruhigt werden konnte.

Er sei unschuldig und hätte nur seine Ruhe haben wollen, brachte er hervor. Er würde sich doch „nicht allein mit sechs Mann anlegen“. Er wolle umgehend einen Haftprüfungstermin.

Den werde er bekommen, sagte Richter Schulz zu dem Verhafteten, bevor dieser in die Justizvollzugsanstalt gebracht wurde.