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Gericht Polizist schwänzt Prozess in Stendal

Warum das Amtsgericht Stendal einem Polizeibeamten ein Ordnungsgeld aussprechen musste.

Von Wolfgang Biermann 11.01.2021, 23:01

Stendal l 200 Euro Ordnungsgeld kostete es einen Polizisten, der unentschuldigt einem Prozess am Amtsgericht ferngeblieben war. Kollegen mussten ihn am zweiten Verhandlungstag aus einem Ort bei Magdeburg vorführen. Dass Angeklagte unentschuldigt fehlen, ist nicht unüblich, wie die Volksstimme als Berichterstatter schon oft feststellen musste. Und auch, dass Zeugen ihrer Ladung nicht nachkommen, ist beileibe keine Ausnahme.

Bislang einmalig, auch für Staatsanwaltschaft und Gericht, war das unentschuldigte Ausbleiben eines als Zeugen geladenen Polizeibeamten. So geschehen in einem Prozess, bei dem es um Randale in Stendals Innenstadt im Februar 2020 ging. Wie berichtet sind am Ende zwei Stendaler, 30 und 31 Jahre alt, zu hohen Geldstrafen verurteilt worden, weil sie Schäden von etwa 10.000 Euro angerichtet hatten. Die Schäden müssen sie den Hauseigentümern und Gastronomen sowie der Stadt Stendal zudem ersetzen. Bei der Randale war unter anderem ein Parkautomat durch Steinwürfe zerstört worden.

Der aussageunwillige Polizeibeamte versieht seinen Dienst nicht im hiesigen Revier und auch nicht in der Polizeiinspektion am Uchtewall. Er wohnte nur zur Tatzeit in der City der Rolandstadt. Das war beim Prozessauftakt bekannt geworden. Als Anwohner hatte er in der Nacht zum 4. Februar die Randale beobachtet, die Stendaler Kollegen alarmiert und vor Ort auch eine Aussage gemacht. Zwei weiteren Ladungen, seine Aussage im Stendaler Revier zu konkretisieren, hatte er indes laut Gericht nicht Folge geleistet.

„So etwas sind wir sonst von den Angeklagten gewohnt“, wunderte sich die Vorsitzende Richterin Petra Ludwig am zweiten Prozesstag gegenüber dem sich wortkarg gebenden Polizisten. Er hätte Dienst gehabt, und der ginge nun mal vor, lautete die knappe Erklärung des 26-Jährigen für sein Ausbleiben, sowohl bei den Kollegen im Revier als auch bei Gericht. „Wenigstens eine Entschuldigung wäre doch wohl drin gewesen“, kam es von der Richterbank in Richtung des im Freizeitdress (kurze Hose im Winter) vorgeführten Beamten.

Obendrauf zum richterlichen Rüffel gab es für das Fehlen noch ein Ordnungsgeld von 200 Euro.

Rüffel und 200 Euro Ordnungsgeld bekam auch ein zweiter Zeuge, ein 55-jähriger Stendaler, der gleichfalls beim Prozessauftakt unentschuldigt gefehlt hatte. Auch er hatte in der Tatnacht die Randale beobachtet und die Polizei gerufen, wie er ebenfalls am zweiten Prozesstag zu Protokoll gab. Ein weiterer Zeuge war auch der Ladung zum zweiten Termin nicht gefolgt. Ob er der Hundehalter war, der die Angeklagten zur Ordnung rief und dafür von ihnen Prügel einstecken musste, blieb somit ungeklärt.