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Gewässerpflege Mähen im Akkord entlang der Uchte

Mehr als 950 Kilometer Flussstrecke werden vom Unterhaltungsverband Uchte in Stendal bewirtschaftet. Im Sommer wird im Akkord gemäht.

Von Regina Urbat 13.08.2019, 01:01

Stendal l Von Tangermünde bis Uchtspringe, von Buchholz bis Osterburg reicht der Verantwortungsbereich von Norbert Wernike. Und wenn die Ernte von den Feldern ist, steht für den Geschäftsführer des Unterhaltungsverbandes Uchte die Hochsaison an. Dann werden die Gewässer 2. Ordnung von Gestrüpp befreit. Auf einer Gesamtlänge von 950 Kilometern. „Wir sind für den ordnungsgemäßen Abfluss verantwortlich“, sagt der 61-Jährige.

Akribisch aufgelistet hat er all die Arbeiten, die von der Wasser-Boden-Bau GmbH ausgeführt werden. Der Draht ist kurz, zumal der Unterhaltungsverband wie auch der Spezialist für Gewässerpflege den Sitz in der Johannisstraße 3 in Stendal haben. Quasi Wand an Wand, „das erleichtert die Absprachen enorm“, sagt Norbert Wernike und lädt die Volksstimme zu einer kleinen Expedition ein.

„Wir fahren zum Graben A 024“, sagt der Geschäftsführer und erklärt anhand einer großen Karte, dass alle Gewässer mit Buchstaben und Zahlen gekennzeichnet sind. Die landwirtschaftlichen Zufluter zur Uchte beginnen mit A, der Speckgraben mit seinen Nebenzuflüssen trägt den Buchstaben B, der Kuhgraben das C, Flottgraben das D, Golle ein G, Schaugraben das S, Bültgraben das T. Dann gibt es noch ganz wenige Gräben, die in die Elbe münden und mit dem Buchstaben J ausgewiesen sind, sowie die FFH-Gebiete an der Elbe und im Stendaler Stadtforst. Zu den besonders schützenswerten Flächen, für die exakte Zeitfenster für die Pflege vorgegeben sind, gehören auch die Rohrwiesen bei Stendal und der Schießplatz in Bindfelde.

Am A 024 angekommen, wird gerade die Böschung mit einem Schlegelmulcher gemäht. Anschließend übernimmt ein anderer Mitarbeiter die Sohlmahd. Stück für Stück arbeitet sich ein Traktor vorwärts, der Fahrer setzt das Messerschneidwerk passgenau an, das hochgewachsene Gras wird vom tiefsten Punkt des Grabens entfernt und am Ufer abgelegt. Norbert Wernike schaut zufrieden und sagt: „Die Leute verstehen ihr Handwerk.“

Seit der Gründung des Unterhaltungsverbandes 1992 erfolgt alle fünf Jahre eine Ausschreibung für die Hege und Pflege, die stets die Wasser-Boden-Bau GmbH gewonnen hat. Der Betrieb, erklärt Wernike weiter, habe sich nach der Wende aus der Meliorationsgenossenschaft heraus gegründet. Die zu DDR-Zeiten staatlich organisierte Wasserwirtschaft „wurde mit dem Mauerfall komplett zerschlagen“, sagt Wernike. Dann klingelt sein Handy, ihm wird signalisiert, das Getreide sei eingefahren. „Wenn das Feld frei ist, können wir ran“, sagt der Verbandschef und fügt hinzu: „Wir pflegen einen engen und guten Kontakt mit den Landwirten.“

Anders ist die Unterhaltung des weit verzweigten Gewässernetzes auch nicht zu bewältigen. In ganz wenigen Fällen, helfen Anlieger freiwillig mit. Ein Beispiel zeigt Wernike in Nahrstedt am Oberlauf der Uchte. Wenige Kilometer weiter, in Deetz, präsentiert der Ingenieur etwas Besonderes: die Uchteschleife bei Deetz. Dabei handelt es sich um eine naturnahe Nachbildung des Flüsschen, „so wie es unsere Vorfahren noch kennen“, sagt Wernike. Der Uchtelauf sei zu DDR-Zeiten nämlich begradigt und ausgebaut worden. Im Kleinod schlängelt es sich seinen Weg über Steine und einem Kiesbett, am Ufer sind Erlen gepflanzt.

Entstanden sei die Naturschleife vor gut fünf Jahren als Ausgleichmaßnahme während des Ausbaus der denkmalgeschützten Wassermühle Staats. Etwa 40.000 Euro seien investiert worden. Gern hätte der naturverbundene Geschäftsführer mehr solcher Projekte am Oberlauf der Uchte, doch dafür fehle dem Unterhaltungsverband das Geld.

Rund 770.000 Euro stehen dem Verband im Jahr für die Gewässerunterhaltung plus Personalkosten für den Geschäftsführer und die Sekretärin sowie für Büromiete und Sonstiges zur Verfügung. Finanziert wird der Verband aus den Beiträgen, die Kommunen und Anlieger bezahlen müssen. „Das geht nach einem Solidarprinzip“, sagt Wernike. Die Kosten pro Hektar Unterhaltung werden umgerechnet, zurzeit liege der Flächenbeitrag bei 1,33 Euro je Hektar. Hinzu komme ein Erschwernisbeitrag von 1,58 Euro pro Einwohner. Den größten Anteil unter den sieben Mitgliedskommunen bezahlt die Stadt Stendal mit knapp 400.000 Euro.

Neben den Ausgaben für die Unterhaltung, die bei etwa 560.000 Euro liegen, und den Personalkosten ist der Verband auch angehalten, Rücklagen zu bilden. In der Regel seien es 20.000 bis 25.000 Euro pro Jahr. „Das Geld wird bei Havarien und Schäden durch Unwetter eingesetzt“, sagt Wernike, der seit 2014 die Geschicke des Verbandes leitet. Für ihn seien die Aufgaben hoch interessant, rechtlich, organisatorisch und auch fachlich.

Zur Seite stehen ihm ehrenamtliche Beauftragten, die bei Gewässerschauen in den neun Schaubezirken jedes Frühjahr Schwerpunkte und Maßnahmen festlegen. „Es sind gut eingespielte Teams“, sagt Wernike, der sich in knapp eineinhalb Jahren zur Ruhe setzen möchte, verbunden mit einem Wunsch: „Ich habe viel Mühe und Kraft in die Verbandsarbeit gesteckt und möchte sie in gute Hände geben.“