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Marienkirche Glockenspiel zum Anfassen

Bevor das Glockenspiel im Dachreiter der Marienkirche installiert wird, konnten sich Stendaler die 24 Glocken aus nächster Nähe anschauen.

Von Donald Lyko 25.08.2020, 07:00

Stendal l Das gibt’s nur einmal, das kommt nie wieder... Lilian Harveys Lied aus „Der Kongreß tanzt“ wurde gestern Nachmittag in der Marienkirche zwar nicht auf den Glocken angestimmt, aber gepasst hätte der Filmmusik-Klassiker auf jeden Fall und die Mitglieder des Fördervereins Glocken St. Marien haben auch allen Grund zum Freudentanz. Das, was an diesem 24. August 2020, dem Kirchweihtag der Stendaler Stadt- und Ratskirche, geschah, war einmalig: Die 24 Glocken des Glockenspiels wurden öffentlich ausgestellt, bevor sie in den nächsten Tagen ihren Platz im Dachreiter bekommen – und dann für sehr, sehr lange Zeit nicht mehr so aus der Nähe betrachtet werden können.

Vier Stunden lang haben die Stendaler und Gäste von außerhalb darum die Chance genutzt. Zur Begrüßung schlug Glockenbaumeister Simon Laudy die Glocken an, um ihren Klang zu demonstrieren. Nachdem er einige Fragen beantwortet hatte, verschwand er auch schon wieder hoch hinauf in den Dachreiter. Auf zwei Gummimatten wird dort in den nächsten Tagen ein Stahlgerüst installiert. Auf zwei Ebenen bekommen anschließend die Glocken ihren Platz. Gerüst, Glocke und die Magnethämmer, die die Melodien anschlagen, bringen zusammen 680 Kilogramm auf die Waage, die Glocken allein 450 Kilogramm. Die Kleinste von ihnen wiegt zwölf Kilogramm, die größte 48 – alle hergestellt in der bewährten Bronzemischung: 80 Prozent Kupfer, 20 Prozent Zinn. Während die Glocken von außen matt sind, glänzen einige innen – um die richtige Tonhöhe zu bekommen, wurden sie dort gedrechselt. Was beim Projekt die größte Herausforderung war? „Alles rechtzeitig fertig zu bekommen“, antwortete Simon Laudy.

Wenn in einigen Tagen das Glockenspiel fertig ist, soll es viermal am Tag zu hören sein, erklärte Bärbel Hornemann, Vorsitzende des Fördervereins Glocken St. Marien Stendal. Erklingen sollen die Glocken jeweils kurz nach 9 Uhr, 12 Uhr, 15 Uhr und 18 Uhr, direkt nach dem Schlag der Kirchturmuhr. Zum Start wurden 99 Melodien einprogrammiert, von kirchlichen Stücken über Volkslieder und Kinderlieder bis zu den Beatles. Paul Gerhardts „Geh‘ aus mein Herz und suche Freud“ und Jochen Riegers „Großer Gott, wir loben dich“ sind zwei Lieder, über die sich Simon Laudy besonders freut. „Und die Flöten-Stücke von Haydn“, sagt der Glockengießer. Mit den 24 Glocken könne aber fast jede Melodie gespielt werden. Zwischen 30 Sekunden und etwa einer Minute sind die Stücke lang, die vom Dach der Marienkirche hinaus in die Stadt getragen werden sollen. Vermutlich im Internet soll es für Interessierte eine Übersicht geben, wann welches Lied gespielt wird, kündigte Bärbel Hornemann an.

Der Förderverein hatte vor zwei Jahren die Spendenaktion für das Glockenspiel angeschoben und die notwendigen 34 900 Euro eingeworben. Die Einzelpreise für die Glocken lagen zwischen 1000 und 2900 Euro. Einige Glocken gingen an Einzelpersonen und Paare, aber auch Gruppen finanzierten gemeinsam eine. Sie waren für den Abend zu einer geschlossenen Veranstaltung eingeladen, bei der viel Musik auf dem Programm stand – unter anderem vom Ehepaar Schymalla, das auf den Glocken spielte.