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Hitze in Stendal Mit Sandalen ins Büro

Auch Stendal stöhnt unter der anhaltenden Hitze. Gibt es deshalb mehr Rettungseinsätze? Wird das Wasser langsam knapp?

Von Donald Lyko 28.07.2018, 03:00

Stendal l Hätten sie nicht gerade Ferien, die Schulkinder könnten sich wohl jeden Tag über verkürzten Unterricht oder sogar hitzefrei freuen. Aber bei den Erwachsenen geht das nicht so einfach. Oder wie handhabt das die Stendaler Stadtverwaltung?

Nein, sagt Stadtsprecher Philipp Krüger, verkürzte Arbeitszeiten für die Mitarbeiter gibt es nicht. Ihnen stehe es aber frei, an besonders heißen Tagen die Überstunden abzubummeln, wenn es der Dienstbetrieb hergibt. Hitzefrei gebe es nicht, weil der Gesetzgeber keine Regelungen vorsehe, ab welcher Temperatur im Büro ein Mitarbeiter das Recht hat, von der Arbeit freigestellt zu werden, sagt Krüger. (A.d.Red: Es gibt aber die Technischen Regeln für Arbeitsstätten, die die Anforderungen der Arbeitsstättenverordnung konkretisieren. Danach sollte die Temperatur in Arbeitsräumen grundsätzlich nicht über 26 Grad Celsius liegen. Aktiv werden muss der Arbeitgeber, wenn die Raumtemperatur die 30-Grad-Marke überschreitet. Ab 35 Grad Celsius ist der Raum nicht mehr als Arbeitsraum geeignet.)

Einschränkungen, zum Beispiel bei den Sprechzeiten, gibt es in der Stadtverwaltung nicht, „da die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben im Vordergrund steht“. Und wie sieht es mit kostenlosen Getränken aus? Die gibt es nicht, sagt Krüger, „aber fast allen Bereichen der Verwaltung steht ein Kühlschrank zur Kühlung von Getränken zur Verfügung“. Wäre noch die Kleidungsfrage: Dürfen die Herren in kurzer Hose und mit Sandalen kommen? Krüger: „Grundsätzlich wird dies nicht so gern gesehen, bei Temperaturen über 30 Grad wird jedoch eine Anzugserleichterung geduldet.“

Die Johanniter-Unfall-Hilfe hat im Vergleich zum Vorjahressommer bisher keine signifikante Steigerung der Einsätze im Zusammenhang mit der Hitze verzeichnet. Darum bestehe für eine Änderung der Besetzung der Johanniter-Rettungswachen und Einsatzfahrzeuge derzeit kein Handlungsbedarf. Die Dienstzeiten für die Mitarbeiter bleiben unverändert, erklärt Peter Ruppert, Fachbereichsleiter Einsatzdienste beim Regionalverband Altmark der Johanniter-Unfall-Hilfe. „Den Mitarbeitern stehen Aufenthalts- und Ruheräume zur Erholung in den einsatzfreien Zeiten zur Verfügung, den Rettungsdienstmitarbeitern werden kostenfreie Getränke angeboten“, so Ruppert weiter.

Nach Einschätzung der Inte­grierten Leitstelle Altmark liegt die Zahl der Alarmierungen des Notarztes beziehungsweise der Rettungswagen in diesem Jahr nicht signifikant höher als in vergleichbaren Zeiträumen der Vorjahre. „Jahreszeitbedingt steigt die Zahl in den Sommermonaten immer an. Dieser Anstieg ist auch in diesem Jahr zu verzeichnen, er fällt jedoch trotz der anhaltenden Hitze bisher nicht erkennbar höher aus als in den Vorjahren“, sagt Kreis-Sprecher Edgar Kraul. Weil der Grund für die Alarmierung des Notarztes nicht statistisch erfasst wird, gebe es aber keine konkreten Zahlen darüber, wie oft der Notarzt ausrücken musste, weil beispielsweise ein hitzebedingtes Kreislaufversagen vorlag.

Seit Donnerstag hat es im Johanniter-Krankenhaus in Stendal eine spürbare Zunahme an Patienten mit hitzebedingten Problemen gegeben. „Über den Tag verteilt kommen mehr, vor allem ältere Leute mit Kreislaufproblemen als in vorherigen Sommern. Vier zum Beispiel am Freitag schon bis 11 Uhr. Sie hatten zu wenig getrunken oder waren in größter Hitze einkaufen gegangen“, sagt Krankenhaus-Sprecherin Claudia Klupsch. Und: „Auf der Intensivstation liegen mehr Patienten als sonst mit kardiologischen Problemen.“ Auf den Krankenhaus-Alltag habe die Hitze keine Auswirkungen. Klupsch: „Der Betrieb läuft wie gewohnt weiter, aber die Belastung der Mitarbeiter ist schon enorm durch die Hitze. Großer Dank an sie.“

Die Stendaler Stadtwerke, die die Kernstadt versorgen, verzeichnen seit Wochen analog der anhaltend hohen Temperaturen eine „geringfügig erhöhte Abnahme“ beim Trinkwasser. Wie hoch sie konkret ist, lässt sich erst mit den im August vorliegenden Juli-Monatszahlen beziffern. Aus dem, was die Kunden an Wasser verbrauchen, ergeben sich die Vorgaben für die jeweiligen Brunnen und Pump­anlagen, die zur Förderung des ausschließlich genutzten Grundwassers genutzt werden, erklärt Stadtwerke-Sprecher Rolf Gille.

Die beiden Wasserwerke, eins in Uenglingen und eins an der Heerener Straße, laufen im Normalbetrieb und haben weitere Kapazitäten. „Wir sorgen dabei permanent für den jeweils erforderlichen Druck im Leitungssystem. Speichersysteme wie zum Beispiel ein Wasserturm spielen dabei kaum noch eine Rolle“, sagt Gille. Dass die Hitze sich auf die Qualität das Trinkwassers in Stendal auswirkt, sei bisher nicht festgestellt worden.

Verluste im Transportsystem führen die Stadtwerke nicht auf die Sonnenstrahlung beziehungsweise Wärme zurück. Gille: „In der Regel verlaufen die Wasserrohre unterirdisch und frostsicher, sodass wir hier einen Zusammenhang mit der sommerlichen Hitze ausschließen.“ Und der Stadtwerke-Sprecher beruhigt: „Bezüglich der Grundwasser-Ressourcen haben wir derzeit keinen Grund zur Sorge.“ Dennoch der Appell, sorgsam mit dem Trinkwassers umzugehen. „Man sollte schon prüfen, wann der Gartenregner läuft. Am besten in den frühen Morgenstunden oder nachts.“

Die Mitarbeiter der Kreisverwaltung können in den Fachbereichen, in denen es arbeitsorganisatorisch möglich ist, ihre Arbeitszeit bereits um 6 Uhr beginnen. „In den Fachbereichen wird die Besetzung zu den Sprechzeiten und zur Bearbeitung der anstehenden Aufgaben sichergestellt“, erklärt Edgar Kraul, „im Rahmen dieser Pflichterfüllung können die Mitarbeiter die Regelungen zur flexiblen Arbeitszeit eigenständig nutzen.“ Die Sprechzeiten seien nicht eingeschränkt. Kraul: „Wie in jedem Jahr zur Haupturlaubszeit müssen Bürger jedoch damit rechnen, dass die Beantwortung von Anfragen oder die Bearbeitung von Vorgängen etwas länger dauert.“

So lange die Hitzewelle anhält, wird den Mitarbeitern der Kreisverwaltung kostenlos Wasser zur Verfügung gestellt. Und auch hier die Kleidungsfrage. Kraul: „Es gibt keinen vorgeschriebenen Dresscode. Im Mittelpunkt stehen das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter. Wenn dazu das Tragen sommerlich-leichter Kleidung beiträgt, dann ist das auch zulässig. Dafür, dass die Kleidung trotzdem angemessen ist, hat jeder selbst Sorge zu tragen, vor allem in den Bereichen mit Publikumsverkehr. Sandalen und 7/8-Hosen sind bei der aktuellen Wetterlage durchaus tolerierbar. Schwimmshorts und Badelatschen gehören natürlich nicht zur akzeptierten Dienstbekleidung.“