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Integration Geht Ehrenamtlichen die Puste aus?

Bei der vierten Integrationskonferenz des Landkreises Stendal wurde vor allem das Ehrenamt thematisiert.

Von Thomas Pusch 25.02.2016, 02:00

Stendal l „Das Engagement der Ehrenamtlichen wird auf Dauer nicht auf dem bisherigen Maß zu halten sein“, sagte Katrin Reimer-Gordinskaya bei der Integrationskonferenz des Landkreises, die sich am Mittwoch um das Thema Ehrenamt drehte. Die FH-Professorin hatte zum Auftakt ein Referat über das Ehrenamt aus wissenschaftlicher Sicht gehalten. Üblicherweise seien Ehrenamtliche Männer mit gutem Bildungsstand und in einer gesicherten Position in der Gesellschaft. In der Flüchtlingshilfe hingegen seien in der Mehrzahl jüngere Frauen engagiert, oftmals selbst mit Migrantenhintergrund. „Das Ehrenamt ist allerdings unverzichtbar“, stellte sie fest. Das hatte Landrat Carsten Wulfänger (CDU) auch schon bei der Begrüßung betont. „Wir haben einen Schlüssel von 1:100“, sagte er. Das bedeutet, dass sich ein Sozialarbeiter um 100 Flüchtlinge kümmert. „Der kann natürlich nicht überall sein, das lässt sich leicht einsehen“, fasste Wulfänger zusammen.

Enrico Schmitt vom DRK-Kreisverband umriss das Engagement des Roten Kreuzes in der Landesaufnahmeeinrichtung in Klietz. Über 3787 Asylbewerber hätten diese Einrichtung bereits durchlaufen und seien vom DRK betreut worden. Der Einsatz der Ehrenamtlichen reicht vom Reparieren eines Wasserhahns bis zum Erweitern einer Spielfläche für Kinder.

Susanne Figueiredo von der Initiative Geflüchtete Menschen in Seehausen hatte sich schon um die Menschen aus anderen Ländenr gekümmert, „als noch gar nicht damit zu rechnen war, dass auch mal Flüchtlinge bei uns ein Zuhause haben werden“, sagte sie. Bereits im Januar vergangenen Jahres nahm sie an einer Veranstaltung der Gemeinschaftsunterkunft teil, rief dann in Seehausen Begegnungstage ins Leben. Erst im November kamen dann die ersten Flüchtlinge nach Seehausen. „Mit dem Rückblick auf 2015 können wir zufrieden sein, 2016 erwartet uns allerdings eine völlig neue Situation, jetzt beginnt die Integration“, sagte sie. Und das bedeute eben mehr als das Vermitteln einer Wohnung oder das Erklären, von wo der Bus fährt. Es komme eine gewaltige Bandbreite an Aufgaben auf die Ehrenamtlichen zu.

Allerdings sah sie die Entwicklung der Ehrenamtlichen nicht so pessimistisch wie Reimer-Gordinskaya. „Durch die neuen Strukturen werden sicherlich auch neue Ressourcen freigesetzt“, sagte sie. Kürzere Wege und eine bessere Struktur würden motivieren und bei den Helfern neue Kräfte freisetzen. Allerdings sei es unabdingbar, dass die Verknüpfung zwischen Haupt- und Ehrenamt verbessert wird.

Horst Blum von der Initiative „Idens neue Nachbarn“ zeichnete ein motivierendes Bild. „Die Arbeit macht Spaß, denn durch sie lernt man neue Menschen kennen, und zwar nicht nur Flüchtlinge, sondern auch Bewohner aus dem eigenen Dorf.“ Er hatte aber auch Verbesserungsvorschläge: „Konkrete Nummern für Ehrenamtliche statt langer Warteschleifen bei Jobcenter, Gesundheits- und dem Sozialamt.“