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Kaffee In zwei Stunden zum Hobby-Röster

In der Corona-Krise geht Marianne Kraßort aus Stendal mit ihrer Kaffeekult-Rösterei neue Wege.

Von Donald Lyko 08.12.2020, 02:00

Stendal l Marianne Kraßort gehört zu denen, die gern etwas ausprobieren. Eine Eigenschaft, von der sie als Kaffeerösterin seit Jahren profitiert. Und so hat sie jetzt einige neue Sorten kreiert, die sie im Werksverkauf ihrer Rösterei Kaffeekult in der Tangermünder Straße 4 anbietet – auch, weil geschlossene Cafés und Lokale derzeit keinen oder kaum Kaffee abnehmen. Diese Einnahmen sind ebenso weggebrochen wie die aus den regelmäßigen Seminaren, der Schwerpunkt ihrer Arbeit. „Also musste ich mir etwas überlegen, um das Geschäft zu beleben“, sagt Marianne Kraßort. Auch für ihren jungen Angestellten möchte sie das Unternehmen durch die Krise bringen.

Ein Weg ist, das Angebot zu erweitern. Und so gibt es nun einen Advents-, einen Winter- und einen Weihnachtskaffee. Befürchtungen, dass die irgendwie nach Zimt, Bratapfel oder Lebkuchen schmecken, muss niemand haben. „Es gibt aber Kaffeesorten, die eine nussig-schokoladige Note haben, andere eher eine fruchtige“, erklärt die Fachfrau. Für das Trio ihrer Winter-Edition habe sie eine Mischung geröstet, „die möglichst viele Geschmacksnoten trifft“ – wenn zum Beispiel zum Weihnachtsfest die Familie beisammensitzt.

Für den Adventskaffee hat sie sich noch etwas Besonderes ausgedacht: Sie hat drei Projektkaffees aus Kenia, Guatemala und Äthiopien (siehe Infokasten) „in einer ausgeklügelten Mischung“ vereint. „In dem Fall kann der Kaffeegenuss mit etwas Gutem verbunden werden, denn es werden Projekte für die dortigen Kaffeebauern unterstützt. Die Kaffeebauern sollen von ihrer Arbeit leben können“, sagt die Rösterin, die im Bismarker Ortsteil Klinke zuhause ist.

Beim Blick in die Geschäftsräume fällt ein Stapel Kartons auf. „Die werden noch an Steuerberater-Büros und Kanzleien verschickt“, sagt Marianne Kraßort und öffnet eines der Pakete – darin zwei Päckchen Kaffee und eine Tasse mit der Aufschrift des Produktes: Paragrafen-Kaffee. Die Idee dazu war ihr schon vor Jahren gekommen. Denn ihr verstorbener Mann, von Beruf Steuerberater, hatte sich regelmäßig beschwert, „dass er immer so schlechten Kaffee in den Kanzleien bekommen hat“.

Mit ihrem neuen Produkt wollte die Stendaler Unternehmerin in diesem Jahr zwei Fachmessen für Steuerberater besuchen und die Werbetrommel rühren – wegen Corona ist daraus nichts geworden. Darum nun diese Paket-Werbeaktion. Und was macht den Paragrafen-Kaffee aus, hält er besonders wach für den Arbeitsalltag? „Kaffee gilt ja als gemütsaufhellend, und er macht kreativ“, sagt die Rösterin und fasst es so zusammen: „Kaffee ist anregend, nicht aufregend.“

Auch in Sachen Röstseminare geht Marianne Kraßort neue Wege. Bisher waren aus dem gesamten deutschsprachigen Raum Teilnehmer angereist, um an mehreren Tagen aus erster Hand das professionelle Rösthandwerk zu erlernen. Aktuell geht das nicht, „dieser Bereich ist komplett zusammengebrochen“. Darum bietet sie Seminare online an – und das neu auch für jeden, der daheim gern selbst rösten möchte. Dafür hat sie einen zweistündigen Online-Kompaktkurs für Hobby-Röster entwickelt.

Wer sich angemeldet hat, bekommt einige Kaffeesorten zugeschickt. Während des Seminars zeigt und erklärt Marianne Kraßort, wie dieser Kaffee geröstet wird, stellt dabei auch einen Tischröster für daheim vor. Die Teilnehmer, die zuvor den Kaffee aufgebrüht haben, können ihn während der Erläuterungen vor dem Bildschirm trinken und so schmecken, worüber gerade gesprochen wird. „Es ist wie eine Weinverkostung.“ Die Termine sind auf der Internetseite www.kaffeekult.de zu finden, geplant sind derzeit der erste Mittwoch und der erste Sonnabend im Monat.

Wer ihr beim Rösten direkt in ihrer Rösterei zuschauen möchte – mit Abstand und in corona-konformer Mindestpersonenzahl –, kann dies immer montags und freitags ab 14 Uhr während der Öffnungszeiten des Werksverkaufs. Den hat Marianne Kraßort von früher zwei Tagen auf jetzt Montag bis Freitag von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr erweitert. Zudem bietet sie nun kleinere Verpackungen ab 250 Gramm an – auch das, um in Corona-Zeiten als mittelständischer Betrieb seine Existenz zu sichern.

Stichwort Mittelstand: Dem hat die Inhaberin der Unikat GmbH Kaffeekult jüngst ebenfalls via Internet unter dem Titel „Ey! Wie schmeckt der Coffee süße“ ihr Unternehmen, den Kaffeeanbau und das Rösthandwerk vorgestellt. Als Gast hielt sie den Vortrag beim Unternehmer-Frühstück für den Kreisverband Magdeburg des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft. Etwas, was sie immer gern macht – für Kaffee werben.