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Kirchen-Angebot Ruhepol beim Mittagsläuten

Wenn dienstags um 12 die Glocken des Stendaler Doms läuten, ist Zeit für die Mittagsandacht. Für viele ein Moment der Ruhe.

Von Nora Knappe 16.11.2016, 00:01

Stendal l Das Mittagsläuten des Doms St. Nikolaus ist für Christoph Hackbeil ein Moment der Stille. Er geht dann in den Hohen Chor, denn „dieser wunderbare Kirchenraum tut einem gut“. Den Tag für wenige Minuten unterbrechen und stille sein, ein paar Gedanken vorbeiziehen oder zur Geltung kommen lassen – solch einen Moment zu haben, findet der Regionalbischof wichtig.

Darum hat er sich auch darin bestärken lassen, eine Idee aus der englischen Partnerdiözese Worcester aufzugreifen: den Gebetskalender. Angeregt von Landesbischöfin Ilse Junkermann, werden dabei jede Woche drei Anliegen, die eine Gemeinde oder einen Kirchenkreis besonders beschäftigen, für die Fürbitte empfohlen. Die Kirchenkreise der Landeskirche tauschen sich aus, nicht jede Gemeinde muss also jede Woche selbst einen Text entwerfen.

Diesen Gebetskalender gibt es seit einem Jahr in der gesamten Landeskirche, also auch in den sieben Kirchenkreisen des Propstsprengels Stendal-Magdeburg von der Altmark bis zum Harz.

In Stendal hat er sich in Form einer Mittagsandacht etabliert. Immer dienstags um 12 Uhr heißt das Glockenläuten des Doms dann, dass sich im Hohen Chor Christen zum kurzen gemeinsamen Gebet treffen. „Das Gefühl, dass jemand anders, den ich gar nicht kenne, an mich, an uns denkt, das bewegt und bestärkt mich“, sagt Christoph Hackbeil, der am gestrigen Dienstag das Mittagsgebet sprach. Und es sei zudem von gewissem Informationswert, in diesen zehn, fünfzehn Minuten etwas aus anderen Gemeinden zu erfahren.

So ging es in der Andacht dieses Dienstags um den zentralen Gottesdienst zur Friedensdekade in Jena, Hackbeil gab den Wunsch nach Versöhnung und Frieden wieder, sprach weiterhin das unschätzbare Engagement der Landessynodalen an, die ab heute wieder tagen, und nahm den Ewigkeitssonntag in den Blick, an dem der Verstorbenen gedacht wird, und er bat dabei um „Hoffnung und Mut in der Zeit der Trauer“.

Selbst jetzt, da es im Dom schon merklich kälter geworden ist, kommen Menschen zu der Mittagsandacht. Vor allem Mitarbeiter der Propstei und der Stadtgemeinde, die im Domstift ihre Büros haben. Aber es lassen sich, vornehmlich im Sommer natürlich, auch Touristen einladen, oder wer immer zufällig gerade in der Nähe ist. „Jeder ist zur Mittagsandacht willkommen“, sagt Propst Hackbeil. Es gibt keine Predigt, sondern es ist ein gemeinsames kurzes Innehalten und An-andere-Denken.

„Ich finde so eine Unterbrechung im Alltag wichtig und sehr hilfreich“, bekräftigt Hackbeil, „durch diese Viertelstunde geht einem ja nichts verloren.“ Die fünf Minuten Geläut zu Beginn empfindet er als besonders – als besonderen Moment der Stille. „Fünf Minuten Stille, das hält nicht jeder aus, aber viele suchen sie auch und nehmen sie dankbar an.“