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Kommunalwahl Mit dem Anspruch von Wahrheit

Die Wählergruppe Pro Altmark will den Wahlskandal in Stendal politisch aufklären und „mit Menschenverstand“ agieren.

Von Bernd-Volker Brahms 20.03.2019, 00:01

Warnau l Die Gruppe „Pro Altmark“ möchte mit einer starken Fraktion in den kommenden Kreistag einziehen. Die Wählergemeinschaft, die sich Ende des vergangenen Jahres um die Noch-CDU-Mitglieder und Bürgermeister Nico Schulz und Rüdiger Kloth gebildet hat, präsentierte nun ihr Wahlprogramm. In drei Sitzungen sei dies abgestimmt worden, sagte Schulz.

Die Klammer, die die Gruppe zusammengeführt habe, sei das „nicht aufgeklärte Wahlverbrechen“ der Kommunalwahl von 2014, betonte Schulz. Man wolle darauf hinwirken, dass es neben der juristischen Aufarbeitung, die immer noch laufe, auch eine politische Aufklärung gibt. Die Stendaler CDU stelle keine Partei dar, mit der man zusammenarbeiten könne. Die Frage nach dem eigenen Ausschluss aus der CDU wollen Schulz und Kolth möglichst aus den Aktivitäten der Pro Altmark rauslassen. Die Konsequenz fürchten sie aber nicht: „Wir wussten, was wir tun, als wir im November die Gruppe gegründet haben“, so Kloth. „Ich mache das, was ich für richtig halte“, sagte Schulz. Irgendwelche Schreiben seien bisher ohnehin noch nicht eingegangen, sagte er.

Bei einem Pressegespräch in Warnau waren fast alle 22 Kandidaten anwesend, die am 26. Mai für „Pro Altmark“ antreten werden. Von der Liste streichen musste die Gruppe Frank Döbbelin, der aus privaten Gründen doch nicht antritt. Man habe viele Persönlichkeiten für die Liste zusammen bekommen und trete in allen drei Wahlbereichen an. Man wolle Politik „mit Menschenverstand“ machen.

Die Gruppierung hat sich neben der Aufklärung der Wahlfälschung zwölf weitere Ziele ins Wahlprogramm geschrieben. Ganz oben auf der Agenda steht dabei der unverzügliche und flächendeckende Ausbau des Breitbandnetzes in der Altmark mit Glasfaserkabeln bis hin an jedes Haus.

„Bisher ist lediglich vorgesehen, dass ausschließlich ,weiße Flecken’ ausgebaut werden“, sagte Schulz. Dies sehen die Förderrichtlinien des Landes so vor. Mit weiße Flecken sind Bereiche gemeint, die bis zum 31. März 2017 nicht mit einer Datenleitung von mehr als 30 MBit versorgt waren. „Wir werden darauf hinwirken, dass alle Haushalte angeschlossen werden können“, so Schulz.

Beim Thema Schulen stellte Edith Braun aus Lüderitz die Vorstellungen der Gruppe vor. Die langjährige Vorsitzende im Kreisschulausschuss möchte wieder mehr die „Verwaltung vor uns her schieben“. Es gehe um den Erhalt von allen Schulstandorten und auch die Versorgung der Kinder mit gutem Essen. „Wir wollen Haltefaktoren für die Menschen in der Region schaffen“, sagte Braun. Dazu gehöre nicht nur eine gute Bildungslandschaft, sondern auch eine flächendeckende und erreichbare medizinische Versorgung. Nico Schulz habe es in Osterburg vorgemacht, wie man mit Innovation und Ideenreichtum Vorbildliches leisten könne. Die Stadt Osterburg war in der vergangenen Woche in Berlin für sein Medizin-Konzept ausgezeichnet worden, das unter anderem ein Stipendium einer Medizinstudenten beinhaltet, die sich dazu verpflichtet, sich nach dem Studium in Osterburg niederzulassen. Mit weiterem Standortmarketing und Pilotprojekten wolle man die Situation im gesamten Landkreis verbessern, sagte Schulz.

Als weitere Ziele nannte er die Verbesserung des Öffentlichen Personennahverkehrs sowie ein vollständig befahrbares Radwegenetz. „Derzeit werden jährlich 35 000 Euro für den Erhalt der Radwege ausgegeben, das ist zu wenig.“ Außerdem gebe es große Lücken im Netz. Der Elbradweg sei seit kurzem nicht mehr beliebtester Radweg der Republik.

Der Seehäuser Bürgermeister Rüdiger Kloth betonte, dass bei der Förderpolitik die Dörfer nicht noch weiter aus dem Blickfeld geraten dürfen. „Regionen können nur weiterentwickelt werden, wenn Städte und Dörfer gemeinsam an einem Strang ziehen“, sagte er. Gerade im Fall von Natura 2000 sei „über die Köpfe der Menschen“ hinweg Politik gemacht worden. Landwirte, Jäger und Angler hätten die Region erst zu dem gemacht, was sie ist.

Bei aller Naturverbundenheit sei Pro Altmark offen der Wirtschaft gegenüber, sagte Hennig von Katte von Lucke, der im Bereich Stendal kandidiert. Der Ausbau der A14 und auch der Bahnstrecke bei Stendal werden befürwortet. Eine florierende Wirtschaft bringe eben Steuereinnahmen.

Der ehemalige Tangermünder Bürgermeister Rudolf Opitz drückte seine Motivation, für die Gruppe ins Rennen zu gehen noch anders aus. „Wahlfälschung ist nur die Spitze des Eisbergs“, sagte er. Wahlbetrug fange schon dort an, wo man nicht ehrlich mit den Wählern umgehe. Er habe dies während seiner Zeit bei der CDU erlebt. „Man muss den Leute die Wahrheit sagen, das halten die aus“, so Opitz.

Mit Flyern und im persönlichen Gespräche möchte die Gruppe in den kommenden Wochen für ihre Wahlziele kämpfen, sagte Schulz. Auf Plakate wolle man verzichten. „Wir sind keine Partei mit entsprechenden Mitteln im Hintergrund.“