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Kriminalität Auch Altmärker vom Datenklau betroffen

Auch altmärkische Landtagsabgeordnete sind vom Datenklau betroffen. Welche Konsequenzen ziehen die Parlamentarier?

Von Thomas Pusch 13.01.2019, 04:00

Stendal l Mutmaßlich ein 20-jähriger Hacker aus Hessen hat mit der illegalen Veröffentlichung privater Telefonnummern und Chat-Verläufe für große Unruhe bei Politikern und anderen Prominenten gesorgt. Auch unter den altmärkischen Landtagsabgeordneten gibt es Betroffene. Welche Konsequenzen haben die Altmärker in Magdeburg aus den Vorfällen gezogen?

„Ich bin von der kriminellen Veröffentlichung privater Daten betroffen“, erklärt Wulf Gallert (Die Linke). Allerdings handele es sich bei ihm „nur“ um seine private Telefonnummer. Er überblicke nicht wirklich, wer alles Zugriff auf seine Daten bei Messengerdiensten oder sozialen Netzwerken hat und wer diese missbrauchen könnte.

„Viele haben sich in den letzten Wochen zu Recht oder Unrecht über die EU-Datenschutzverordnung aufgeregt. In solchen Situationen wird wieder klar, wie wichtig solche Regeln trotzdem sind“, fasste Gallert zusammen.

Sein Fraktionskollege Andreas Höppner war vom Datenklau nicht betroffen. „Trotzdem habe ich sicherheitshalber einige Passwörter geändert bzw. Zugriffe weiter eingeschränkt“, nannte er Maßnahmen. Bereits in der Vergangenheit seien seine wichtigsten Accounts, E-Mail und Social-Media-Zugänge, mit starken Passwörtern gesichert worden.

„Das heißt, alle waren mindestens acht Zeichen lang und beinhalteten Zahlen, Buchstaben und auch Sonderzeichen“, gibt er einen Tipp weiter. Trotz aller möglichen Sicherheitsmaßnahmen müsse sich aber jeder bewusst sein, dass es keine 100-prozentige Sicherheit geben kann und wird. Datensicherheit und Datenschutz würden und müssten somit in Zukunft in der Politik einen höheren Stellenwert einnehmen.

Jürgen Barth (SPD) ist von dem Datendiebstahl ebenfalls nicht betroffen und geht davon aus, dass seine Passwörter sicher sind. „Wir alle sollten mit diesem Thema noch sensibler umgehen und gut überlegen, was wir veröffentlichen“, rät er. Er erwartet von der Bundesregierung im Interesse der größtmöglichen Sicherheit für alle, dass die kontrollierenden Behörden noch weiter gestärkt werden.

„Ich war von der Datenklau-Affäre betroffen. Bei mir wurde die Handynummer veröffentlicht, mehr gottseidank nicht“, erklärte Barths Fraktionskollege Falko Grube. Er geht daher davon aus, dass er nicht direkt gehackt wurde, sondern dass sich seine Kontaktdaten auf einem anderen Rechner befunden haben. Ansonsten habe er seine Passwörter für Mail-, Cloud- und Social-Media-Dienst geändert.

„Ich bin diesmal nicht aktuell betroffen durch Datenklau. Aber 2016 kamen durch eine vermutliche Straftat Ermittlungsakten der Polizei zur Presse“, erinnert Hardy Peter Güssau (CDU) an die Berichterstattung über den Stendaler Wahlbetrug.

Twitter, Facebook, Instagram nutze er nicht. Das sei von Beginn an eine bewusste Entscheidung dagegen gewesen, denn Soziale Medien hätten auch ihre Schattenseiten. Er habe als Politiker schon alles erlebt in Medien und im Netz und das mit voller Wucht – die gesamte Palette von Hetze, Hass, Missgunst, Neid, Diffamierungen, Beleidigungen in übelster Art und Weise, Bedrohungen, Drohungen, Unterstellungen von Straftaten. Aber auch Journalisten hätten unwahre und ehrverletzende Tatsachenbehauptungen über ihn verbreitet.

Alle diese Vorgänge würden aufzeigen, dass die Digitalisierung politische Parteien vor neue Herausforderungen stellt. Das sei besonders mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen wichtig. Demokratische Wahlen müssten durch einen fairen Wettbewerb politischer Angebote und nicht durch Straftaten und verzerrten Darstellungen entschieden und beeinflusst werden.

„Nach derzeitigem Stand bin ich von dem Datenklau nicht betroffen“, meinte Güssaus Fraktionskollege Chris Schulenburg. Er erhalte täglich E-Mails mit verdächtigen Datenanhängen. Dubiose Freundschaftsanfragen auf Facebook würden schon zum Alltag gehören. Beleidigungen und Anfeindungen in den sozialen Medien ignoriere er. Jede Anfrage und E-Mail müsse aber vor Bestätigung umfangreich geprüft werden, das nehme viel Zeit in Anspruch. Er habe verschiedene Sicherheitsvorkehrungen getroffen, aber es gebe keine 100-prozentige Sicherheit. Hacker würden immer einfallsreicher, und selbst in Betriebssystemen sowie E-Mail-Programmen fänden sie neue Sicherheitslücken.

„Vom aktuellen Datendiebstahl bin ich nicht betroffen, wobei es auch mich hätte treffen können“, ist Dorothea Frederking (Bündnis 90/Die Grünen) überzeugt. Sie war vor ihrer Zeit als Abgeordnete System-Administratorin und damit für die Datensicherheit im Unternehmen verantwortlich. Von daher befolge sie allein schon deshalb seit jeher einfache Regeln wie die, für verschiedene Dienste auch verschiedene Passwörter zu verwenden. Sie sei auch generell eher zurückhaltend, was die Verwendung von Online-Diensten für private Zwecke angeht.

Wie bei „analoger“ Kriminalität gelte auch bei der Cyberkriminalität, dass technische Methoden und das eigene Verhalten den Schutz vor Verbrechen zwar erhöhen, aber nicht komplett eindämmen können. Darüber hinaus sollten die rechtlichen Grundlagen verbessert werden, forderte die Bündnisgrüne.

Ulrich Siegmund (AfD) sieht eine Doppelmoral bei Medien und Gesellschaft. Seit 2016 seien mehrfach Adresslisten von AfD-Mitgliedern gehackt und sensible Daten von der linken Szene ins Netz gestellt und veröffentlicht worden. Viele hätten dies damals begrüßt und sogar von einer Kunst-Aktion gesprochen. „Wenn es gegen die AfD geht, scheinen derartige Aktivitäten ja legitim zu sein“, behauptete er. Nun halte ein 20-Jähriger, völlig unpolitisch veranlagt, diesen Leuten den Spiegel vor und auf einmal sei es ein Angriff auf die Demokratie.

Diese Doppelmoral verurteile er genauso wie die Straftaten an sich. Datenklau und die Veröffentlichung sensibler privater Inhalte, Fotos und Chatverläufe gingen auf keinen Fall. Er selbst werde sich auch zukünftig durch den Wechsel von sicheren Passwörtern und einem vorsichtigen Umgang mit der Technik zu schützen versuchen.