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Landgericht Junge wurde über Jahre missbraucht

In Stendal ist ein Mann angeklagt, der sich über mehrere Jahre hinweg insgesamt sieben Mal an einem Jungen vergangen haben soll.

Von Wolfgang Biermann 30.01.2019, 23:01

Stendal l Seit Donnerstag steht ein Mann aus dem Altmarkkreis Salzwedel wegen des Vorwurfs des mehrfachen sexuellen Kindesmissbrauchs vor dem Landgericht in Stendal. Der Anfang 50-Jährige soll sich an einem im Dezember 2003 geborenen Jungen vergangen haben. Die Taten soll der Angeklagte als Freund des Stiefvaters bei gelegentlichen Besuchen der Eltern des Jungen in einem Ort an der Elbe im Landkreis Stendal begangen haben.

Angeklagt waren sieben Taten, darunter auch eine, als der Junge fünf oder sechs Jahre alt war. Das diesbezügliche Verfahren und ein weiteres, bei dem es um eine zeitlich ebenfalls nicht genau einzuordnende Tat geht, wurden im Hinblick auf die zu erwartende Strafe für die verbleibenden Taten im Jahr 2017 eingestellt. Da war der Junge noch 13, also noch Kind, was strafverschärfend wirkt.

Der Angeklagte gab die Taten wohl allesamt zu und stellte auch die beiden fraglichen nicht in Abrede. Dazu gab er aber an, sich nicht genau erinnern zu können. Und auch der heute 15-jährige Junge, dessen richterliche Befragung in einer gut einstündigen Videosequenz per Monitor im Landgericht gezeigt wurde, erinnerte sich nicht konkret an die Tatzeiten. Durch sein Geständnis ersparte der Angeklagte dem Jungen immerhin die Aussage im Landgericht.

Er habe zu ihm ein Verhältnis wie zu einem Neffen gehabt, gab er an. Der Junge sei zuwendungsbedürftig gewesen, er selbst aber weder homosexuell noch pädophil. An Kindern hätte er kein sexuelles Interesse. Er hätte mehrere Beziehungen zu Frauen gehabt, daraus sei auch eine inzwischen erwachsene Tochter hervorgegangen. Warum dann der Missbrauch?, wollte das Gericht wissen. Keine Antwort.

Zwischenzeitlich hätte er sich sowohl bei den Eltern als auch beim Jungen entschuldigt. Zum Prozessauftakt gab es wenig erfreuliche Einblicke in ein offenbar nicht intaktes Elternhaus des Opfers. Die Mutter eines Schulfreundes sagte als Zeugin aus. Sie gab dem Jungen Kleidung und zudem das Gefühl eines Zuhauses, was er daheim wohl nicht hatte. Die 35-Jährige belauschte im Vorjahr zufällig ein Gespräch zwischen den beiden Jungen, bei dem sich das Opfer ihrem Sohn teilweise offenbarte. Sie bohrte nach und erfuhr, dass der Junge Angst hatte nach Hause zu gehen, weil der Angeklagte zu Besuch war. Die couragierte Frau rief sofort die Polizei und erstattete Strafanzeige. Zudem informierte sie die Schulpsychologin.

Die leibliche Mutter glaubte dem Jungen scheinbar nicht, sie soll noch als Zeugin gehört werden. Es offenbarte sich im Prozess, dass sich an den misslichen Verhältnissen im Elternhaus bislang wohl nichts geändert hat und der Junge dort weiter stiefmütterlich behandelt wird. Am 6. Februar wird das Urteil erwartet.