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Bei einer Verkehrskontrolle am Stendaler Galgenberg an der Seite der Polizei vor Ort Mit dem Laser im roten Bereich

Von Fabian Böker 27.07.2011, 04:28

Anpeilen, Laserpunkt setzen, messen - und dann rauswinken, ermahnen, verwarnen, Geld kassieren. So die Theorie. Alltag der Polizisten, die Geschwindkeitskontrollen vornehmen. Doch wie läuft so eine Kontrolle ab? Welche Geräte kommen zum Einsatz? Wie sicher sind diese? Wie viele Fahrer werden erwischt? Wie reagieren sie?

Stendal. Dienstagmorgen, 9Uhr, dort, wo die Mannsstraße die Bergstraße kreuzt; in der Nähe eine Grundschule und eine Kita. Es ist sonnig. Momentan sind Ferien. Dennoch gilt weiterhin Tempo 30. Am Straßenrand bauen Polizeiobermeisterin Silke Ptak und Polizeihauptmeister Manfred Ruhbaum ihr mobiles Lasergerät auf. Sie warten auf den ersten "Raser".

"Abzocker", die das schöne Wetter nutzen

Es vergehen keine zehn Minuten, da erwischt es einen Autofahrer aus Tangermünde. Er ist mit 45 Stundenkilometern unterwegs, was nach Abzug der drei Toleranzkilometer zwölf zu viel sind. Ruhbaum hält die Kelle nach oben, der Fahrer biegt in die Friesenstraße ein und erhält die obligatorische Belehrung. 25 Euro werden fällig. Da er sie nicht dabei hat, folgt demnächst das Schreiben. Glücklich ist der Autofahrer nicht, es fallen Worte wie "Abzocker" und Sätze wie "Da nutzt mal wieder jemand das schöne Wetter". Oder hier ist jemand im roten Bereich.

Solche und ähnliche Aussagen sind Ptak und Ruhbaum gewohnt. Richtig brenzlig wurde es bislang noch nicht, verbale Ausfälligkeiten kommen jedoch von Zeit zu Zeit mal vor. Für die beiden Polizeibeamten sind es meist Ausreden der Autofahrer, um einen Fehler nicht zugeben zu müssen. Ein Beispiel dafür bietet eine Frau, die etwas später mit 53 statt der erlaubten 30 Stundenkilometern erwischt wird. Sie habe es eilig, da sie eine Kollegin zum Arzt bringen müsse. Ob Ausrede oder wirklicher Grund - es müssen 35 Euro Verwarnungsgeld gezahlt werden. Ein Stundenkilometer mehr, und aus dem Verwarnungs- wäre ein Bußgeld von 80 Euro geworden, inklusive Punkt in Flensburg. "Die Dame hatte noch Glück", sagt Ruhbaum. "Wer bei der Kontrolle permanent darauf beharrt, er sei zu schnell gefahren, weil er es eilig habe, gerät eventuell in den Verdacht, vorsätzlich gehandelt zu haben. Dann verdoppelt sich das Bußgeld."

Andere Fahrer gehen lockerer mit der Situation um. Ein Mann, der zehn Kilometer pro Stunde zu schnell unterwegs war, gibt unumwunden zu, dass er von 50 als Höchstgeschwindigkeit ausgegangen war. Die ihm vorgeworfene Tempoüberschreitung bestreitet er somit nicht, er will noch nicht einmal auf das Gerät schauen. Dieses Angebot - das fällt auf - nehmen die wenigsten Fahrer an. Liegt das Tempo mindestens 21 Stundenkilometer über dem Erlaubten, zeigt Silke Ptak den Wert von sich aus. In allen anderen Fällen wird die Frage danach meistens verneint.

Und genau da liegt der Knackpunkt: Wie eindeutig kann der Tatvorwurf belegt werden? Bei Blitzanlagen ist die Beweisführung relativ eindeutig, es liegt ein Foto samt Kennzeichen, Datum, Uhrzeit und gemessener Geschwindigkeit vor. Die Lasergeräte - Ptak und Ruhbaum nutzen das Modell "TraffiPatrol" - bieten dagegen nur zwei Zahlen auf dem Display: die Entfernung vom Gerät zum Fahrzeug und die vermeintliche Geschwindigkeit. Ein unzweifelhafter Nachweis, dass die angezeigte Geschwindigkeit eindeutig zu dem entsprechenden Auto gehört, existiert nicht. Benutzt werden die Geräte dennoch, höhere Mobilität und Flexibilität sind die Gründe.

Wenn ein Autofahrer Einspruch gegen den Bußbescheid einlegt und es im äußersten Fall vor Gericht geht, muss der messende Beamte per Aussage versichern, dass bei der Kontrolle alles rechtens war. Silke Ptak kann da aus eigener Erfahrung berichten. Die Aussage des zweiten Polizisten wird nicht benötigt, durch das Lasergerät kann immer nur ein Beamter schauen. Am Ende liegt es in den Händen des Richters, über die Glaubwürdigkeit zu entscheiden. Ptak hat bislang immer Recht behalten.

76 Fahrer kontrolliert, 22 waren zu schnell

Sie weiß auch von Fällen, wo die Genauigkeit der Geräte an sich in Frage gestellt wurde. Die sei aber durch mehrere Gutachten garantiert.

Ausschließlich Freunde machen sich die Polizisten mit ihren Kontrollen aber naturgemäß nicht. Eine vorbeikommende Passantin ruft: "Ihr steht immer an der falschen Stelle." Ptak und Ruhbaum nehmen es mit Humor. Nicht so lustig findet ein Radfahrer die Kontrolle. Da er freihändig über die Straße radelt, winkt Manfred Ruhbaum auch ihn raus. Um fünf Euro ärmer fährt der junge Mann kurze Zeit später weiter. Man hört ihn noch feixen: "Die fünf Euro waren es mir wert."

Am Ende der dreieinhalbstündigen Kontrolle waren 22 von 76 kontrollierten Fahrzeugen zu schnell. Der Spitzenwert waren 55 Stundenkilometer.