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Landgericht Stendal Müllstreit in Stendal: ALS fordert vom Tangerhütter Abfallentsorger Cont-Trans 330.000 Euro

Von Günther Tyllack 04.05.2021, 11:58
Die Abfallentsorgungsgesellschaft ALS fordert von Con-Trans im Zivilprozess am Landgericht Stendal 330.000 Euro Schadensersatz. Das Tangerhütter Entsorgungsunternehmen soll  die Ausschreibung zur Müllentsorgung im Jahr 2017 manipuliert haben. Foto: Mike Kahnert
Die Abfallentsorgungsgesellschaft ALS fordert von Con-Trans im Zivilprozess am Landgericht Stendal 330.000 Euro Schadensersatz. Das Tangerhütter Entsorgungsunternehmen soll die Ausschreibung zur Müllentsorgung im Jahr 2017 manipuliert haben. Foto: Mike Kahnert Foto: Mike Kahnert

Stendal

In der Auseinandersetzung zwischen der Abfallentsorgungsgesellschaft des Landkreises Stendal (ALS) und der Entsorgungsfirma Cont-Trans hat am Montag vor dem Landgericht Stendal ein weiteres Kapitel begonnen. Es geht um Geld, viel Geld. Die ALS möchte in einem Zivilprozess nach geradezu abenteuerlichen Vorkommnissen bei einer Ausschreibung von Cont-Trans rund 330.000 Euro Schadensersatz haben.

Ausgangspunkt ist eine EU-weite Ausschreibung zur Müllentsorgung im Jahr 2017. Hier stellte sich heraus, dass das Angebot der Firma Cont-Trans in verblüffender Weise dem Angebot der Firma Alba ähnelte, es aber unterbot. Bei späterer Betrachtung der sogenannten Urkalkulationen traten reihenweise Ähnlichkeiten bis hin zu gleichen Fehlern auf. Anlass, Cont-Trans vom Verfahren auszuschließen. Dagegen wurde vor der Vergabekammer erfolglos geklagt, eine Beschwerde gegen die Entscheidung wurde später auf Anraten des Oberlandesgerichts von Cont-Trans zurückgezogen.

Mehrkosten bei Müllentsorgung für ALS

Die ALS listete nun penibel auf, was im Zuge der Unregelmäßigkeiten an Kosten entstanden sei. Auf Ingenieur- und Beratungskosten entfallen rund 97.000 Euro, auf Mehrkosten bei der Müllentsorgung 236.000 Euro, insgesamt also mehr als 330.000 Euro.

Der Richter ließ wie zuvor die Vergabekammer und das Oberlandesgericht Naumburg keinen Zweifel daran, dass die Beweislage in hohem Maße für die Klägerin und deren Ansprüche spreche und es am Beklagten liege, dies zu erschüttern. Vielleicht mit Hilfe von Zeugen?Einigung ohnelangwieriges VerfahrenDoch zu Beginn wollte das Gericht zunächst klären, ob auch eine gütliche Einigung möglich sei, um ein langwieriges Verfahren zu vermeiden. Die Firma Cont-Trans als Beklagte, so der Hinweis des Richters, müsse aber bereit sein, einen „nennenswerten“ Teil der Schadensersatzforderungen zu begleichen. Der Vertreter der Beklagten bekundete, er könne bis maximal 50 Prozent der Forderungssumme gehen, einen entsprechenden späteren Beschluss der Cont-Trans-Gesellschafterversammlung vorausgesetzt. Erste Schwierigkeit: Auf Nachfrage, was denn „nennenswert“ sei, antwortete der Richter kurzerhand „mehr als 50 Prozent der Klageforderung“.

Außergerichtliche Einigung bei Müllstreit in Stendal nicht ausgeschlossen

Zu einer gütlichen Einigung gehören aber immer zwei Seiten. Und die Vertreterin der Klägerin ließ nur bei den Ingenieur- und Beratungskosten Verhandlungsbereitschaft erkennen. Den Mehraufwand für die Müllentsorgung durch die Verzögerungen der Ausschreibung in Höhe von 236.000 Euro wolle man schon komplett ersetzt haben. Der deutliche Hinweis des Richters, er sehe die Bezifferung der Schadensansprüche „ein gutes Stück entfernt von 100 Prozent“, änderte daran nichts. Immerhin schlossen beide Parteien nicht aus, sich doch noch außergerichtlich zu einigen. Zunächst muss aber verhandelt werden.Zeugen und Beweise fehlenDoch die erhofften zwei Zeugen waren beide nicht da.

Im Zuge der Ausschreibungsaffäre hatte Cont-Trans nämlich erklärt, der mit der Ausarbeitung des Angebots beauftragte Herr W., damals aus Sachsen-Anhalt, habe in seinem Briefkasten einen Umschlag mit einem USB-Stick mit Unterlagen zur Kalkulation gefunden und angenommen, dieser Stick stamme von Cont-Trans. Der Vertreter von Cont-Trans, Norman Mattke, hatte daraufhin später erklärt, vom USB-Stick nichts gewusst zu haben. Die Rede war sogar davon, der Mitbewerber könne den Stick „untergejubelt“ haben, um Cont-Trans zu schaden...

Aufklärung dazu gab es am Montag nicht. Zeuge Mattke war nicht erschienen und wurde, weil er sich nicht bei Gericht gemeldet hat, zunächst mit einem Ordnungsgeld belegt. Sein Anwalt erklärte, der Zeuge stecke mit einem defekten Auto auf einem Parkplatz an der A 14 fest. Und der andere Zeuge, Herr W., lebt mittlerweile in der Schweiz. Er hat sich immerhin bei Gericht gemeldet, wie der Richter eingangs schilderte. Mit Blick auf Corona sei eine Vernehmung absehbar nicht möglich. Übrigens: USB-Stick und Umschlag sind laut Gericht nach wie vor nicht auffindbar.

Die nächste Verhandlung soll voraussichtlich am 31. August stattfinden.